Niederlande: Politische Mitte ist zurück

Niederlande: Politische Mitte ist zurück
Rechtsliberale und Sozialdemokraten teilen sich den Wahlsieg. Extrem linke und rechte Europaskeptiker wurden abgestraft.

Für die Anhänger der rechtsliberalen Regierungspartei VVD war es ein Freudenschock: Niemand hatte am Mittwoch bei den vorgezogenen Parlamentswahlen ein so gutes Wahlergebnis erwartet. Schließlich hatte Premier Mark Rutte (45) eine Fortsetzung des harten Sparprogrammes verkündet, hatte sogar die Kürzung von Pensionen in Aussicht gestellt und dafür mit der Strafe durch die niederländischen Wähler gerechnet. Selbst bei der Wahlparty im Nordseebad Scheveningen war Sparen angesagt: Getränke und Snacks gab es nur gegen Bezahlung.

Doch die Niederländer entschieden anders, sprachen sich mehrheitlich für das Spar- und Konsolidierungsprogramm, für den Beibehalt von Den Haags treuem Europakurs und gegen jede Form von Euroskepsis aus. Der Zug zur politischen Mitte bescherte Ruttes VVD 41 der 150 Sitze im Parlament. Die ebenfalls gemäßigten Sozialdemokraten unter der Führung des zum politischen Shootingstar aufgestiegenen Diederik Samsom (41) kamen auf 39 Sitze.

Geknickt

Deutlich fiel hingegen die Absage an die europaskeptischen Parteien aus. "Eine sehr große Niederlage" habe er erlitten, gestand ein geknickter Geert Wilders noch am Wahlabend ein, er verlor fast die Hälfte seiner Sitze (von bisher 24 auf 15). Seinen Kampf für einen Austritt der Niederlande aus dem Euro, sogar aus der Europäischen Union, wollten die traditionell europafreundlichen Niederländer nicht mittragen.

Auch der europaskeptische Sozialist Emile Roemer, der zwischenzeitlich in den Umfragen geführt hatte, kam auf nur 15 Mandate. Eine historische Niederlage erlitten die Christdemokraten, bisher Partner in der Minderheitskoalition. Sie erhielten nun 13 Mandate, 8 weniger als bei den Wahlen 2010.

Bereits gestern wollten sich die Parteichefs zu ersten Sondierungsgesprächen in Den Haag treffen. Erstmals seit vielen Jahren bietet sich dem Land nun die Möglichkeit einer stabilen Regierung, in den vergangenen zehn Jahren haben die Niederländer wegen der wackeligen Mehrheitsverhältnisse fünf Mal gewählt. Sollten Ruttes rechtsliberale VVD und die Sozialdemokraten zu einer – für die Niederlande ungewöhnlichen – großen Koalition zusammenfinden, hätten sie gemeinsam 80 der 150 Mandate und damit eine klare Mehrheit. Ausgeschlossen haben dies weder Rutte noch Samsom. Beide Parteien, auch die Sozialdemokraten, wollen einen strikten Sparkurs, wenngleich Samsom Vermögende stärker besteuern möchte, was Rutte jedoch ablehnt.

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