Neue schwere Vorwürfe gegen Martin Graf

Neue schwere Vorwürfe gegen Martin Graf
Die Bilanzen und die Prüfung entsprechen dem Gesetz nicht, sagt Anwalt Zanger. Er will vom Gericht einen neuen Gutachter.

Ich hab’ niemals vorgehabt, Herrn Graf oder die anderen Vorstände zu meinen Erben zu machen", sagt Gertrud Meschar. In die Affäre um ihre Stiftung kommt wieder Schwung: Die Staatsanwaltschaft ermittelt – und am Donnerstag lud sie gemeinsam mit ihrem Anwalt Georg Zanger zur Pressekonferenz. Die 90-Jährige äußerte sich erstmals seit langem wieder selbst. Sie wiederholte ihre Vorwürfe gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) – und ihr Anwalt legte neue nach.

Er attackierte das Gutachten, das die FPÖ im Juli wie einen Freispruch für Graf feierte. Die Affäre hält Graf seit Mai auf Trab: Meschar ging an die Medien, weil sie sich vom Vorstand der Stiftung – Graf und zwei blaue Freunde – betrogen fühlte.

Getäuscht?

Neue schwere Vorwürfe gegen Martin Graf

Seither kämpft Meschar darum, die Kontrolle über ihr Vermögen wieder zu bekommen – die hat sie mit Gründung der Stiftung abgegeben. Sie sagte erneut, Graf habe ihr die Stiftung nahe gelegt, um ihre Altersversorgung zu sichern. Dass sie keinen Zugriff mehr auf ihr Vermögen von 1,3 Mio. Euro haben würde, sei ihr nie klar gewesen. Als sie mit dem Kurs des Vorstandes unzufrieden war, habe Graf den Kontakt eingefroren; kleine Schikanen hätten begonnen – sogar ihr Wohnhaus ist ja im Besitz der Stiftung.

Graf sei wohl nur an ihrem Geld interessiert gewesen, sagt Meschar heute. "Wenn ich sterbe, kann er damit machen, was er will." Sie hat im Vorjahr beim Handelsgericht Wien die Abberufung des Vorstandes beantragt und wünscht sich die Auflösung der Stiftung – das lehnt der Anwalt der Stiftung ab. Graf ist aus dem Vorstand zurückgetreten; im Juli präsentierte die FPÖ ein entlastendes Gerichtsgutachten.

Dieses nahm gestern aber Zanger in die Zange: Die Buchhaltung der Stiftung entspreche nicht den gesetzlichen Standards: Der Verdacht liege nahe, dass Belege doppelt vorgelegt und nachträglich getauscht wurden; überhaupt gebe es viele offene Fragen (siehe Kasten) . Zangers Resümee: Alle Bilanzen seien nichtig. Das hätte den Stiftungsprüfern und dem Gutachter auffallen müssen.

Mehr noch: Stiftungsprüfer und Buchhalter würden in einem Kanzleiverbund arbeiten – mit der selben Software-Lizenz. Für Zanger unvereinbar. Wegen all dieser Probleme hat er bei Gericht einen neuen Gutachter verlangt. Der jetzige sei "nicht Willens oder nicht in der Lage", den Auftrag zu erfüllen. Dass er die Ungereimtheiten nicht bekrittelt habe, zeige, "dass er befangen ist".

Vorgeschichte

Meschar war im Mai an die Öffentlichkeit gegangen: Sie hatte auf Grafs Anraten 2006 mit ihrem Vermögen von einer Million Euro eine Stiftung gegründet, die sie versorgen sollte. Graf und zwei Burschenschafter-Kollegen wurden Vorstände.

Im Lauf der Jahre fühlte sie sich zunehmend geprellt: Sie war etwa damit unzufrieden, dass die Stiftung Aktien verkaufte und Anteile an jenem Haus erwarb, in dem Grafs Bruder ein Café betreibt und beklagte, dass ihr selbst zu wenig ausgezahlt wird. Mit Gründung der Stiftung hatte sie aber das Mitspracherecht aufgegeben – Meschar klagte beim Handelsgericht.

Graf ist als Vorstand schon zurückgetreten, die Kardinalfrage wird sein, ob die Gründung der Stiftung überhaupt nötig war: Viele Experten bezweifeln, dass so eine Konstruktion für ein Vermögen von einer Million sinnvoll war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Graf wegen des Verdachts auf schweren Betrug – gegen die anderen Vorstände, den Anwalt Michael Witt und den Wiener FPÖ-Landtagsmandatar Alfred Wansch, wegen des Verdachts auf Untreue.

Grafs Anwalt Tassilo Wallentin war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme erreichbar – für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Böse Bilanz: Was Anwalt Zanger kritisiert

Meschar-Anwalt Georg Zanger hat zahlreiche Beispiele vorgelegt, die zeigen sollen, in welch desaströsem Zustand die Buchhaltung ist. Da ist die Rechnung über einen Stempel, der ihm noch nie vorgelegt wurde. Da gibt es den Ankauf eines juristischen Buches, für den Zanger nie den Originalbeleg sehen durfte. Da gibt es Honorarnoten, die im falschen Jahr verbucht wurden. Posten wechseln von Prüfbericht zu Prüfbericht plötzlich vollständig die Bezeichnung. Die Zuordnung ist schwer bis unmöglich: So liegen dem KURIER zwei idente Belege von 2007 vor, die sich allein durch das Datum unterscheiden.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare