Badelt sieht heimische Wirtschaft durch Klimakrise besonders gefordert

Badelt sieht heimische Wirtschaft durch Klimakrise besonders gefordert
Badelt begründete dies mit der österreichischen Wirtschaftsstruktur, die an zwei wesentlichen Stellen von der Klimakrise betroffen sei.

Österreichs Wirtschaft ist im Zusammenhang mit der Klimakrise besonders gefordert - und zwar "stärker, als viele andere europäische Wirtschaften und Handelspartner", sagte der Ökonom Christoph Badelt bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Badelt begründete dies mit der österreichischen Wirtschaftsstruktur, die an zwei wesentlichen Stellen vom Klimawandel betroffen sei.

So würden einerseits zentrale Industriebranchen eine relativ hohe Energieintensität und damit eine hohe Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern aufweisen. Andererseits sei die für Österreich wichtige Tourismusbranche besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. "Schon aus diesen Gründen wird die ökologische Komponente für die österreichische Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig von Bedeutung sein", so Badelt, der als Vorsitzender des Fiskal- und Produktivitätsrates so etwas wie das finanz- und wirtschaftspolitische Gewissen der österreichischen Politik ist.

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Klimaziele können nicht erreicht werden

In der Umweltpolitik gibt es laut Badelt noch viel zu tun, denn mit den bisherigen Maßnahmen und der laut Prognosen nur geringen Reduktion der Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahren können die nationalen und europäischen Klimaziele nicht erreicht werden. Daher brauche es auch eine "weise" Industriepolitik, die den Transformationsprozess der österreichischen Industrie fördert und unterstützt, so der Wirtschaftsprofessor.

Neben der Klimakrise sieht Badelt die demografische Entwicklung als große Herausforderung für die österreichische Wirtschaft. In der Vergangenheit habe vor allem die Zunahme der Arbeitsstunden zu einem höheren Wirtschaftswachstum in Österreich geführt. Dieser Faktor verliere aber an Bedeutung, da weniger zusätzliche Arbeitskräfte zur Verfügung stünden und die Bevölkerung altere. Daher sei es notwendig, das Arbeitskräftepotenzial auszubauen und zu sichern.

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Großes ungenutztes Potenzial auf

Derzeit gebe es ein viel zu großes ungenutztes Potenzial auf dem Arbeitsmarkt. Zum einen seien mit fast zehn Prozent zu viele Menschen unter 30 Jahren weder in Ausbildung noch erwerbstätig. Hier müsse die Politik frühzeitig gegensteuern. Bei der Verteilung der Ressourcen müsse alles getan werden, damit "insbesondere Kinder aus Migranten- und Migrantinnenfamilien frühzeitig auch die Sprache lernen, damit sie entsprechend ihrer Intelligenz und Begabung im Schulsystem eine Ausbildung erhalten, die sie dann in die höhere Bildung führt", so Badelt. "Das ist derzeit nicht der Fall." Zum anderen müssten etwa die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit mehr Frauen aus der Teilzeit herauskommen.

Viele europäische Länder stünden vor ähnlichen Herausforderungen wie Österreich - seien es die gestiegenen Energiepreise, die Alterung oder überbordende Bürokratie, so Wirtschafts- und Arbeitsminister Kocher. "Aus meiner Sicht braucht es daher europäische Antworten", sagte er. "Es gibt eine starke EU-Kommission, es gibt viele Pläne, aber es braucht noch mehr Kohärenz, eine klare Prioritätensetzung und einen stärkeren Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit." Bei der Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften könne Österreich selbst an einigen Stellschrauben drehen. "Eine Fachkräftestrategie auf nationaler Ebene ist die Voraussetzung dafür, dass unser Wachstumspotenzial hoch bleibt", so Kocher. "Damit der nächste Aufschwung - und er wird kommen - ein nachhaltiger ist, müssen wir uns auf diese strukturellen Herausforderungen konzentrieren."

Badelt mahnt zur Vorsicht bei Lohnverhandlungen

Mit Blick auf die am Montag beginnenden Lohnverhandlungen mahnte Badelt zur Vorsicht und sprach von einem "ökonomischen Dilemma". Zum einen sei die Inflation nach wie vor hoch, zum anderen sei klar, dass die Zweitrundeneffekte - wenn also die frühere Inflation zu höheren Preisen und Lohnforderungen führt - der stärkste Inflationstreiber seien. Zudem habe Österreich in den vergangenen Jahren höhere Lohn- und Stückkosten gehabt als etwa Deutschland, hier müsse mehr auf die Wettbewerbsfähigkeit geachtet werden. "Das alles muss man in die Lohnverhandlungen mitnehmen, das wird keine leichte Aufgabe."

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Sollte sich die wirtschaftliche Entwicklung wie erwartet abschwächen, stelle sich zudem die Frage, wie lange das der Arbeitsmarkt durchhält. Die Unternehmen dürften auch bei einer Nachfrageschwäche an ihren Beschäftigten festhalten, selbst wenn sie diese kurzfristig nicht voll auslasten können, so Badelt. "Man kann sich das natürlich aber nur bis zu einem gewissen Lohnniveau leisten."

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