Negativrekorde an Meerestemperaturen, Hitze und Bränden
Im Sommer 2023 zeigte die Klimakrise fast weltweit ihre vielseitigen und oft tödlichen Folgen. In Europa startete im Juli eine Hitzewelle, bei der etwa in Sizilien oder Griechenland über 45 Grad Celsius gemessen wurden, von verheerenden Waldbränden in fast allen südeuropäischen Urlaubsländern begleitet. Und in Kanada verbrannte eine Fläche größer als ganz Österreich. Der August startete dann mit einem historischen Hochwasserereignis in Slowenien und im Süden Österreichs.
Der Juli, der inzwischen auch offiziell vom EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus als bisher heißester gemessener Monat ausgewiesen wurde, nimmt so einen Fixplatz in der Geschichte des vom Menschen verursachten Klimawandels ein. Der weltweit bisher heißeste Tag war den Daten zufolge der 6. Juli 2023 mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 17,08 Grad.
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So starke Hitzewellen wie im Juli in Südeuropa und dem Südwesten der USA wären ohne den vom Menschen gemachten Klimawandel so gut wie unmöglich. Zu diesem Ergebnis kam die Initiative World Weather Attribution, die den Zusammenhang von Extremereignissen und Erderhitzung intensiv untersucht. Die analysierte Hitzewelle in Südeuropa war demnach um 2,5 Grad wärmer als sie ohne den menschengemachten Klimawandel gewesen wäre, die in Nordamerika um 2 Grad und eine in China um rund 1 Grad.
Das hat auch negativen Einfluss auf die Meere. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Meere liegt in diesem Jahr schon seit Mitte März auf Rekordniveau: Nach Daten der Plattform "Climate Reanalyzer" ist jeder einzelne Tag bisher der wärmste für sein jeweiliges Datum gewesen - seit Messbeginn 1982, und zwar meist mit Abstand. Anfang August betrug die Temperatur rund 21 Grad und damit rund 0,8 Grad mehr als im Mittel der Jahre 1982 bis 2011 zu der Jahreszeit.
Schuld hat die menschengemachte Erderwärmung
"Grund ist die menschengemachte Erderwärmung", sagte Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. "Über 90 Prozent der Wärme, die durch die menschengemachten Treibhausgase entsteht, speichern die Ozeane." Derzeit komme allmählich das Klimaphänomen El Niño hinzu. Das natürliche Wetterphänomen könne die im Zuge der Klimakrise steigenden Temperaturen zusätzlich in die Höhe treiben. "Es gibt ein Miteinander von kurzfristigen natürlichen Schwankungen und langfristiger anthropogener Erwärmung", sagte er. Deswegen gehe die Temperaturkurve nicht gleichmäßig nach oben.
Meeresleben bedroht
Zahlreiche Korallen drohen nach Angaben mehrerer Forscher in diesem Jahr angesichts der Temperaturen auszubleichen. Die Lebensräume vieler Meereslebewesen verlagern sich Analysen zufolge teils mehrere Dutzend Kilometer pro Jahrzehnt Richtung Süd- oder Nordpol. Weitere Folge des wärmeren Wassers ist ein steigender Meeresspiegel, weil sich Wasser bei Erwärmung ausdehnt. Das ist laut Latif neben dem Schmelzen der kontinentalen Eismassen ein Hauptgrund für den Anstieg von bisher rund 20 Zentimetern. Warme Ozeane haben auch einen großen Einfluss auf das Wetter: "Durch die Verdunstung gelangt mehr Energie in die Atmosphäre, was zu stärkeren Wetterextremen führt", erklärte Latif.
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Warmes Wasser kann zudem weniger Sauerstoff speichern, sodass Meereslebewesen mit weniger Sauerstoff auskommen müssen. Zudem nehmen die Ozeane laut Latif etwa ein Viertel des menschengemachten CO2 auf und werden dadurch saurer - eine weitere Belastung für Korallen und andere kalkbildende Lebewesen, aber etwa auch für Dorschlarven.
Und die Erwärmung könnte sich künftig beschleunigen: "Da wärmer und saurer werdende Meere zudem einen weniger großen Anteil des menschengemachten Kohlendioxids aufnehmen können, müssen wir die Emissionen langfristig noch stärker reduzieren als ohnehin schon berechnet, um eine bestimmte globale Erwärmung nicht zu überschreiten", erklärte Latif. "Die marine CO2-Senke beginnt bereits zu schwächeln und hat in den letzten Jahren nicht mehr in dem Maße zugelegt wie die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre." Bei Landsenken wie Wäldern, die CO2 aufnehmen, sei das Problem sogar noch gravierender.
Antarktis: Verkleinerung erschreckend
Die möglichen Folgen für die Weltmeere könnten jedenfalls gravierend sein, da der Rückgang des Meereises zu einem Anstieg der Meeresoberflächentemperatur und Veränderungen in den Meeresströmungen führen könnte. Haas verweist auf die Eis-Albedo-Rückkopplung: Eis reflektiert Sonnenstrahlen sehr gut, das Meer dagegen nimmt sie eher auf und erwärmt sich dadurch. Durch den Rückgang des Eises wird das Meer daher wärmer, so dass noch mehr Eis schmilzt.
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Österreich hat Nachholbedarf
Die Durchschnittstemperatur in Österreich hat sich um rund zwei Grad erhöht. Das Extremwetter der vergangenen Woche in Südösterreich (Kärnten, Steiermark) zeigt, dass die Auswirkung des menschengemachten Klimawandels längst auch in Österreich angekommen sind. "Wir müssen sicherstellen, dass beim Wiederaufbau auch die Anpassung erfolgt", forderte hier Daniel Huppmann vom International Institute for Applied System Analysis (IIASA).
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Denn diverse Studien zeigen ganz deutlich: Die Kosten für Maßnahmen zum Klimaschutz und Klimawandelanpassung fallen geringer aus als die potenziellen Kosten des Nicht-Handelns, hieß es dazu von Greenpeace. Das Umweltbundesamt betont auf seiner Online-Präsenz, dass die Anpassung an den Klimawandel seit dem Pariser Abkommen 2015 als zweite zentrale Säule der internationalen Klimapolitik gilt.
Zwei Mrd. Euro zu wenig für Anpassung
In Österreich gibt es seit 2012 eine Strategie zur Anpassung an die Klimakrise, laut letzten Schätzungen stehen die Ausgaben für Klimawandelanpassungsmaßnahmen bei jährlich rund zwei Milliarden Euro, zu wenig, so die Meinung von Greenpeace: "Die Regierung ist gefordert, Österreich umfassend auf die Auswirkungen der Klimakrise vorzubereiten. Gerade bei der Anpassung der Städte und Wälder an die steigende Hitze hinkt Österreich deutlich hinterher" so Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace gegenüber der APA.
Laut Global 2000 belaufen sich die Kosten durch wetter- und klimabedingte Schäden in Österreich derzeit ebenfalls auf zwei Milliarden Euro, aber mit der Tendenz, in den nächsten Jahrzehnten auf bis zu zwölf Milliarden Euro pro Jahr anzusteigen, falls keine Maßnahmen gegen die Klimakrise ergriffen werden.
Der Rechnungshof warnte Ende 2022 in dem Bericht "Wald im Klimawandel: Strategien und Maßnahmen" davor, dass die Wälder nicht ausreichend auf die Folgen der Temperaturerhitzung vorbereitet sind, denn rund ein Drittel des Schutzwaldes in Österreich ist überaltert oder befindet sich im Zustand des Zerfalls. Dabei kommt dem Schutzwald eine wichtige Schutzfunktion zu, um Gebäude und Infrastruktur vor Muren und Steinschlag zu schützen und die Folgen von Extremwetter wie aktuell in Kärnten abzuschwächen. Somit braucht es dringend Förderungen für den Ausbau von klimafitten und resilienten Wäldern, hier hinkt Österreich hinterher, lautet auch die Meinung von Greenpeace.
Aufholbedarf
Bei der Anpassung an die steigende Hitze herrscht ebenfalls Aufholbedarf. Gerade Ballungsräumen kommt hier eine besondere Verantwortung zu, wo es auch in der Nacht nicht abkühlt, und die Hitze vor allem für kranke und ältere Menschen zur Bedrohung wird. Städte wie Linz, das zeigt auch der Rechnungshof, haben hier einiges nachzuholen.
Wasserflächen und Grünraum kommt in Städten eine besondere Bedeutung zu. Zudem kann man gerade in Städten mit einigen Maßnahmen, sowohl den Klimaschutz, als auch die Anpassung an die Klimakrise vorantreiben. So helfen Sanierungen von Häusern und Wohnungen, sowohl den Verbrauch von - in vielen Fällen noch fossiler - Energie zu senken, als auch die Räume besser gegen die Tageshitze zu isolieren, heißt es von Greenpeace dazu. Auch die Umrüstung auf innovative Heizsysteme ermöglicht mittlerweile auch die Wohnung im Sommer zu kühlen (z.B. mittels Wärmepumpe) und trägt gleichzeitig dazu bei, den Verbrauch der fossilen Energien zu reduzieren und damit die Klimaerhitzung zu dämpfen.
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