Keine Atempause für Hollande
Die Zeit für den Wahlsieger ist knapp bemessen: François Hollande steht unter scharfer Beobachtung der hypernervösen und misstrauischen Geldmärkte. Im Wahlkampf hatte er eingangs „die Finanz" zu seinem „Feind" erklärt. Allerdings besuchte Hollande knapp darauf die Londoner City und beschwichtigte mit seinem leicht kindlichen Lächeln und seinem französischen Akzent: „I ame note dangerouse". Dabei verwies er auf die vormalige Linksregierung unter seinem Freund Lionel Jospin, die die meisten Privatisierungen in der Geschichte Frankreichs vorgenommen und weit weniger Schulden als Sarkozy angehäuft hatte.
Offene Hintertüren
Hollande hat im Wahlkampf auch einen scharfen Anstieg der Reichensteuern in Aussicht gestellt und sich gegen eine Aufweichung arbeitsrechtlicher Vorschriften verwahrt. Aber auch da hat sich der schlaue Pragmatiker Hintertüren offen gelassen und bereits Fühler ausgestreckt, um mit den Spitzen der Privatwirtschaft zu neuen Arrangements zu gelangen – unter Einbeziehung der Gewerkschaften, die Sarkozy zuletzt nur provoziert hatte.
Beim Defizitabbau ist Hollande zwar bedächtiger als Sarkozy: das Nulldefizit verspricht er für 2017, ein Jahr später als Sarkozy. Aber genau deswegen könnte sein Zeitplan auf ängstliche Schuldner realistischer wirken. Diesen ist nämlich kaum geholfen, wenn – wie jetzt in den Krisenstaaten der Euro-Zone – verspätete, aber dafür extrem geraffte Sparauflagen jede Erholungshoffnung im Keim ersticken und eine Schuldenbegleichung erst recht verunmöglichen. Deswegen hoffen ja auch konservative Staatsmänner in der EU, der freundliche, aber bestimmte Druck des Pariser Newcomers könnte Berlin zu einer spaltbreiten zeitlichen Lockerung der Spar-Agenda in der Eurozone bewegen.
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