Jörg Haider posthum angeklagt

Jörg Haider posthum angeklagt
Der Staatsanwalt wirft dem verstorbenen Landeshauptmann vor, Staatsbürgerschaften verkauft zu haben.

Wenn im Herbst im Wiener Landesgericht ein politisch hoch brisanter Korruptionsprozess über die Bühne geht, wird auf der Anklagebank ein Platz frei bleiben. Dort hätte Jörg Haider sitzen müssen, wäre er am 11. Oktober 2008 bei einem selbst verschuldeten Autounfall unter Alkoholeinfluss nicht gestorben.

Der Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, lastet dem damaligen Kärntner Landeshauptmann posthum Geschenkannahme durch Beamte an, ein mit mehreren Jahren Haft bedrohtes Delikt. Tatsächlich angeklagt hat Geyer Haiders ehemaligen Protokollchef Franz Koloini (wegen Geldwäscherei), einen Wiener Rechtsanwalt sowie zwei russische Geschäftsmänner wegen Bestechung. Es geht um den Kauf bzw. die pflichtwidrige Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gegen zumindest 900.000 Euro Schmiergeld. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe und verantworten sich damit, man habe nur den Rennsport gefördert.

Hypo

Jörg Haider posthum angeklagt

Im Jahr 2005 hievte Jörg Haider den Rennfahrer Patrick Friesacher ins Formel-1-Cockpit. Friesacher machte dafür mit Werbeaufschriften auf seinem Rennwagen und seiner Kleidung Reklame für Kärnten. In Haiders Auftrag richtete Franz Koloini bei der Hypo Alpe Adria Bank in Klagenfurt ein Konto für Friesacher ein.

Gleichzeitig keilte Haider die russischen Kaufleute als Sponsoren, die sich davon die österreichische Staatsbürgerschaft versprachen. Die Herren mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von fünf Millionen Euro konnten leicht eine Million locker machen und investierten diese in das Minardi-Team von Friesacher. Das Konto bei der Hypo Alpe-Adria konnte dadurch wieder ausgeglichen werden, was Jörg Haider ein dringendes Anliegen war.

2006 wurden die Russen dann ungeduldig, was ihre Einbürgerung betraf, und sie stellten Jörg Haider bei rascher Erledigung weitere 900.000 Euro in Aussicht. Dieser versprach - "durch die Zuwendung des Geldes maßgeblich motiviert" (aus der Anklageschrift) - für sie zu intervenieren. Der Staatsanwalt nennt das ein "parteiliches Amtsgeschäft" oder schlicht Bestechung.

Eilig

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Weder das Wirtschafts-, noch das Innenministerium sahen zunächst Gründe dafür, weshalb man den Russen so ohne Weiteres die Staatsbürgerschaft geben sollte. Die Zeit drängte, denn Haider wollte noch sein politisches Gewicht als Vorsitzender einer Regierungspartei (zuerst FPÖ, dann BZÖ) ausnützen, bevor am 11. Jänner 2007 die neue SPÖ-ÖVP-Regierung angelobt wurde. Er bat den seinerzeitigen Bundeskanzler und (nach Liese Prokops Tod) interimistischen Innenminister Wolfgang Schüssel, die Einbürgerung "im besonderen Interesse der Republik" zu behandeln - und so geschah es.

Wenige Tage später überwiesen die frisch gebackenen Österreicher (angeleitet von dem mitangeklagten Anwalt) die 900.000 Euro. Koloini legte einen Teil auf mehrere anonyme Sparbücher, "um die Spuren der Geldflüsse zu verwischen" (Anklageschrift) , einen Teil übergab er in bar an Jörg Haider.

Part of the game: Parteispende gegen Staatsbürgerschaft

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Die Übung läuft unter dem Titel "part of the game" und fand offenbar Nachahmer. 2009 soll der FPK-Chef und Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter Uwe Scheuch einem Russen zugesagt haben, ihm die österreichische Staatsbürgerschaft zu verschaffen, wenn dieser hier investiert. Dabei müsse auch eine Parteispende von fünf bis zehn Prozent der Investition drinnen sein, so ist auf einem Tonband-Mitschnitt des Gesprächs zu hören.

Scheuch wurde wegen versuchter "Geschenkannahme durch Amtsträger" angeklagt. Beim Prozessauftakt Anfang Juli bekannte sich der Politiker nicht schuldig und wollte sich an Details nicht mehr erinnern. Es sei nur um das Procedere für die Vergabe einer Staatsbürgerschaft "im besonderen wirtschaftlichen, kulturellen oder sportlichen Interesse" gegangen. Der Prozess wird Anfang August fortgesetzt, Scheuch drohen bis zu fünf Jahre Haft.

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