IV: "Es geht um unseren Wohlstand"
Die Industriellenvereinigung pusht das Bildungsvolksbegehren von Hannes Androsch. Ihr Generalsekretär Christoph Neumayer erklärt, warum.
KURIER: Herr Generalsekretär, ein Schuljahr ist um. Was sollen die Jugendlichen im Herbst studieren oder lernen?
Christoph Neumayer: Das Spektrum reicht vom Lehrling bis zum Hochschulabsolventen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Wir stecken in einem Fachkräftemangel. In manchen Regionen ist der Arbeitsmarkt schon völlig ausgetrocknet. Das wird noch deutlich zunehmen.
Was sind die Ursachen?
Eine ist die demografische Entwicklung. 2016 wird es 11.000 weniger 15-Jährige geben als heute. Zweitens nimmt die Bildungsqualität bei jungen Menschen ab. Immer mehr Schulabgänger können nicht sinnerfassend lesen, auch bei den sozialen Fähigkeiten hapert's.
Aber die Kinder sind doch nicht dümmer geworden. Sind nicht auch die Anforderungen gestiegen, etwa, weil Billig-Jobs abwanderten?
Es wird immer einen Bereich ganz einfacher Tätigkeiten geben. Aber genau das ist das Kluft: die Anforderungen steigen, die Schulen versagen vielfach.
Deswegen pushen Sie das Bildungsvolksbegehren?
Die Industrie engagiert sich erheblich. Wir brauchen dringend eine Bildungsreform aus einem Guss, vom Kindergarten bis zum Hörsaal. Die kleinen Schritte der Regierung sind gut, aber noch nicht das, was wir erwarten. Dazu gehört auch eine Reform der Schulverwaltung, in die jetzt jeder zweite Bildungs-Euro fließt. Von dem Geld muss mehr bei den Schülern ankommen.
Unsere Zuwandererkinder sprechen zu Hause Serbokroatisch und Türkisch, Sprachen, die unsere Exportwirtschaft gut brauchen kann. Lässt man nicht Arbeitskräfte ungenutzt, wenn diese Kinder in der Schule nicht Lesen und Schreiben in der Muttersprache lernen?
Eine Alphabetisierung der Zuwandererkinder in der Muttersprache wäre sinnvoll. Erstens lernen sie dann auch besser Deutsch - und Deutsch muss der Schwerpunkt sein. Und, richtig, wir können es uns nicht leisten, diese Kinder, die oft aus bildungsfernen Schichten kommen, zu verlieren.
Was passiert, wenn man den Fachkräftemangel nicht in den Griff bekommt?
Unternehmen werden, wenn es die Fachkräfte nicht gibt, weniger in Österreich investieren. Das merkt man nicht sofort, aber in drei bis zehn Jahren. Da geht es um unseren Wohlstand, 75 Prozent des Aufschwungs, den wir erfreulicherweise gerade erleben, geht auf die Industrie und industrienahe Bereiche zurück.
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