Israel: Entsetzen über Demo in KZ-Kleidung

Zynisches Spiel mit dem jüdischen Trauma: Kinder ultraorthodoxer Juden demonstrieren in Jerusalem in der Montur von KZ-Insassen.
Im Konflikt mit der Regierung provozierten Israels Orthodoxe mit einer Demonstration in KZ-Kleidung und gelbem Stern.

Israels Politiker waren sich am Sonntag doch einmal einig: Regierung wie Opposition verurteilten den Gebrauch von Nazi-Symbolen auf Protesten ultra-orthodoxer Randgruppen in Jerusalem am Samstagabend. So viel Einmütigkeit über alle Parteigrenzen hinweg zeigt: Israels Ultra-Fromme haben ihre Rolle als bevorzugte Feindfigur in der israelischen Gesellschaft nicht verloren.

Im Parlament hingegen schafft es die absolute Mehrheit aller nicht religiösen Parteien nicht, Israels umstrittene Wahlgesetzgebung zu ändern. Dabei könnte allein das den größten Teil der Probleme im Zusammenleben zwischen Frommen und Säkularen abstellen.

Grenze überschritten

Israel: Entsetzen über Demo in KZ-Kleidung

Die Organisatoren waren auf offene Provokation aus: Ihr Erscheinen in KZ-Sträflingskleidern, das Anheften gelber Judensterne, die Verkleidung sogar von Kleinkindern – alles weckte gezielt den Zorn der weltlichen Mehrheit. Oppositionschefin Zipi Livni: „Die Ausnutzung von Kindern zu solchen Zwecken überquert eine rote Grenze.“ Es kam auch schon vor, dass linke oder rechte Randgruppen solche Symbole verwenden. Danach beschränkt sich der Protest meist auf die ideologische Gegenseite. Die strenggläubigen Außenseiter dagegen lenken mit dem Missbrauch des Holocaust nun den Zorn der aller politischen Kräfte auf sich. Sogar Innenminister Eli Yishai von der ultra-orthodoxen Schas-Partei verurteilte mit – und schwächte gleichzeitig ab: „Daran ist nur eine Randgruppe beteiligt.“

Trotzdem wagt nur eine Minderheit der wichtigen ultra-orthodoxen Rabbiner, die Radikalisierung dieser Proteste zu verurteilen. Auch die sich häufenden Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung gottgefälligen Lebenswandels stoßen nur auf schwache Abwehr durch die Geistlichen. Immer wieder kommt es zu Versuchen, Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum auch mit Gewalt durchzusetzen. „Diese Extremisten haben den Kontakt zur Torah wie zum Volk verloren“, schrieb die streng religiöse Bestseller-Autorin Neomi Regan. An Gegenprotesten gegen die Extremisten nehmen trotzdem viele Bewohner der frommen Wohngegenden teil. Sie sind ja von solchen „Taliban-Auswüchsen“ persönlich betroffen.

Laute Minderheit:Israels Orthodoxe Gegner des Staates In Israel leben 700.000 Ultraorthodoxe Juden, zehn Prozent der Bevölkerung. Sie lehnen den Staat Israel ab und sind von der Wehrpflicht befreit. 70 Prozent der Männer arbeiten nicht, sondern widmen sich dem Studium der Heiligen Schriften.

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