Messenger-Überwachung: Ab wann die Behörden mitlesen dürfen

Die erste Regierungsklausur von ÖVP, SPÖ und Neos blieb vor drei Wochen ohne konkrete Ergebnisse. Man verständigte sich darauf, eine Industriestrategie erarbeiten zu wollen. Und die zweite? Am Dienstag hat sich Türkis-Rot-Pink immerhin auf einen Gesetzesentwurf zur Überwachung von Gefährdern geeinigt.
Dieser Punkt steht auch im Regierungsprogramm. Worum es geht: Die Kommunikation von Terroristen und Gefährdern hat sich zunehmend auf Messengerdienste verlagert. Polizei und Nachrichtendienst dürfen diese in Österreich – im Gegensatz zu Telefonaten und SMS – allerdings nicht überwachen. Einen Bundestrojaner, den Türkis-Blau 2019 eingeführt hatte, kippte der Verfassungsgerichtshof.
Seitdem drängt insbesondere die ÖVP auf eine verfassungskonforme Lösung, vergleichbar mit jener in Deutschland.
Richterliche Anordnung nötig
Die neue Regelung sieht vor, dass die Behörden nur Nachrichten in Einzelfällen auslesen dürfen, „die auf terroristische und verfassungsgefährdende Aktivitäten hindeuten. Das sind zum Beispiel die Vorbereitung von terroristischen Anschlägen oder die Bildung von terroristischen Gruppierungen.“ Das gelte insbesondere für Fälle, bei denen bereits durch „Observationsmaßnahmen“ klar geworden sei, dass Gefährder über Messengerdienste kommunizierten.
Voraussetzung für jede Überwachung: richterliche Anordnung und Begleitung durch den Rechtsschutzbeauftragten. Maximaldauer der Überwachung: drei Monate. Weiters muss der Unterausschuss für Inneres im Nationalrat informiert werden, sollten mehr als 35 Überwachungen pro Kalenderjahr anfallen.
„Durch die heute präsentierte Novelle schaffen wir zeitgemäße Befugnisse, um Gefährder und Terroristen aus dem Verkehr zu ziehen“, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Staatssekretär Jörg Leichtfried (SPÖ) betont, dass es um die Verhinderung terroristischer Anschläge gehe: „Nun gilt es, mit einer robusten, zielgerichteten und verfassungskonformen Überwachung auf die Bedrohung von potenziellen Terroristen und Spionen zu reagieren.“
Der Gesetzesentwurf geht nun in Begutachtung, die Frist beträgt acht Wochen. Heißt: Es ist realistisch, dass der Nationalrat die Messenger-Überwachung noch vor dem Sommer beschließt. Fix ist ein Beschluss aber noch nicht: Die Neos haben weiterhin Bedenken, Außenministerin Beate Meinl-Reisinger sieht erst „den Beginn der Diskussion“.
Arbeitsplan für kommende Monate
In einem kurzen Statement der Regierungsspitze wurde Dienstagvormittag von Kanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) einmal mehr gemeinsamer Reformwille bekräftigt. Der Regierungschef kündigte auch an, dass man bei der Klausur einen Arbeitsplan für die kommenden Monate vorlegen will.
Rat holt sich die Regierung von Experten. Am ersten Tag sind Krisenberater Peter Vorhofer sowie der Ökonom Harald Oberhofer beigezogen. Am Mittwoch, wo Arbeitsmarkt und Wirtschaft im Mittelpunkt stehen, werden die AMS-Vorstände Petra Draxl und Johannes Kopf im Kanzleramt erwartet.
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