Zukunfts-Konferenz: Eine EU nach dem Motto "Wünsch Dir was"
Die Impfkampagnen laufen endlich mit voller Kraft an, doch der Frust vieler Wartender ist noch nicht verflogen. Von Portugal bis Polen, von Vilnius bis Wien ist der Unmut der europäischen Bürger zu spüren:
Viel zu langsam und zu bürokratisch habe die EU auf die Pandemie reagiert, während die USA oder Großbritannien schon längst den Impfturbo gezündet hatten. Wenn es also noch eines Beweises bedurft hätte, dass sich die EU dringend reformieren muss – die Corona-Pandemie hat ihn geliefert.
Am 9. Mai, dem Europatag, wird sie offiziell eröffnet – jene „Konferenz zur Zukunft Europas“, die die entscheidenden Schübe für dringend nötige Reformen der EU liefern sollen.
Das Besondere daran: Nicht die Politik wird die Agenda setzen, sondern die Bürger. Erneuerung von „unten nach oben“ ist gewünscht, verordnet wurde sie allerdings von ganz oben: Den ursprünglichen Anstoß hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schon vor zwei Jahren gegeben: Er wünschte sich ein handlungsfähigeres Europa; eine EU, die sich sowohl nach innen als auch nach außen besser behaupten kann. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ging auf Macrons Drängen ein. Als wichtigsten Punkt fügte sie hinzu: Mehr Bürgernähe.
Und so sind es nun die Bürger Europas, die aufgefordert sind, ihre Ideen einzubringen: Was muss sich ändern? Wie kann die EU effizienter werden, schneller handeln, wo muss sie mehr agieren und wo weniger?
Keine freie Themenwahl
Schon jetzt ist mit futureu.europa.eu ein europaweites, vielsprachiges Online-Portal freigeschaltet. Darauf kann jeder nach Registrierung Vorschläge machen oder eine Veranstaltung organisieren. Die Ideen gehen dann nach Prüfung durch Moderatoren und Algorithmen in Bürgerkonferenzen ein, die in allen 27 EU-Staaten geplant sind. Debatten dazu wird es jeweils auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene geben.
Doch freie Themenwahl wird es bei „Konferenz zur Zukunft Europas“ nicht geben, die großen Agenden sind bereits gesetzt: Über Klimaschutz soll debattiert werden, über Gesundheit, Migration und Rechtsstaatlichkeit. Worüber ausdrücklich nicht diskutiert wird: über Vereinigte Staaten von Europa oder eine Direktwahl der EU-Kommission.
Das letzte Wort
Nach einer Revolution klingt das alles nicht. Und selbst ob sich maßgebliche Reformen so durchsetzen lassen, scheint noch fraglich. Denn das letzte Wort über die letzlich ausgewählten Reformvorschläge haben nicht die Bürger, sondern die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die EU-Staaten.
Letztere haben ihre Skepsis schon jetzt durchklingen lassen: Änderungen der EU-Verträge werde es nicht geben. Ohne Vertragsänderungen aber sind neue, zielführendere Wege bei europäischen Entscheidungsprozessen kaum möglich.
Damit aber könnte die „Konferenz für die Zukunft Europas“ ihre Bürger mehr frustrieren als motivieren: Dann nämlich, wenn die gewonnenen Ergebnisse dieser Bürgerbeteiligung doch nicht in die Entscheidungen der politischen Institutionen der EU einfließen.
So wie es etwa bei der Befragung – und dem kräftigen Ja zur Abschaffung der Sommerzeit geschah. Die gibt es bekanntlich noch heute.
https://futureu.europa.eu/
www.buergerforum-europa.eu
Kommentare