Zuckerl für den Bürger mit bitterem Nachgeschmack

Martina Salomon
Wie prinzipiell gut gemeinte Reformen als Schuss nach hinten losgehen können.

Gibt es für Politiker Schöneres, als „Goodie-Bags“ für Bürger zu schnüren? Theoretisch ist das super, doch im Einzelfall verwandeln sich die Millionen des Staates oft in Kleingeld, das nicht der Rede wert ist. Und manchmal wird daraus sogar Negativpropaganda für die Regierung.

Ein Lehrbeispiel dafür war die Steuerreform der Regierung Faymann/Mitterlehner (Sie erinnern sich?), wo die Steuerentlastung für die Bürger hinter einer wilden Belastungsdebatte für kleine Unternehmer verschwand. Dank der eher patschert umgesetzten Registrierkassenpflicht wandten sich viele Selbstständige erbost von der ÖVP ab. Aktuell kämpfen diese Kleinbetriebe mit der neuen „Datenschutzgrundverordnung“. Prinzipiell ist das eine sinnvolle EU-Regelung, um die Bürger vor den Geschäftsinteressen globaler Internetriesen zu schützen. Doch für „normale“ heimische Firmen ist es ein absurdes Bürokratie-Monster und kann außerdem Ihre Gesundheit gefährden: Wenn zum Beispiel die Physiotherapeutin, die Sie im Spital mobilisieren soll, aus Datenschutz(hysterie)gründen keinen Zugang mehr zu Ihrer Patientengeschichte erhält. Ein Danaergeschenk.

Apropos Geschenke: Weil die FPÖ vor allem den „kleinen Mann“ im Auge hat, gibt es nun eine Erhöhung der Mindestpensionen auf 1200 Euro für jene, die 40 Erwerbsjahre nachweisen können. Daraus ist nun, schwups, ein frauenpolitischer Rückschritt geworden. Manch feministische Empörung in den sozialen Medien wirkt auf den ersten Blick so, als würde man den Frauen sogar etwas wegnehmen – die Anrechnung der Kindererziehungszeiten nämlich. Diese Anrechnung gilt natürlich auch weiterhin, wenn auch nicht für die höhere Pension. Aber erklären Sie das mal einer aufgeregten „Crowd“, die „Rückschritt“ ruft.

Schon davor erlitt der neue Familienbonus (ein türkises Wahlversprechen) ein ähnliches Schicksal. Familien dürfen sich über eine kräftige Steuererleichterung freuen – logischerweise nur, wenn sie auch tatsächlich Steuer zahlen. Auch da wurde die Wutmaschine angeworfen: Die Regierung setze sich nur für Reiche und nicht für die Armen ein. Und wieder wurde nicht über die prinzipielle Sinnhaftigkeit geredet, sondern nur überlegt, wer bei der Steuersenkung leer ausgeht.

Eigentlich erstaunlich, dass noch niemand auf den Plan getreten ist, um die Abschaffung des Pflegeregresses zu bekämpfen. Immerhin schützt der Staat damit vornehmlich Immobilien-Erben. Wetten, dass auch bald jemand den Schutz für die Bürger vermisst, weil unnötige Gesetze (gut ein Drittel) gestrichen werden sollen?

Da selbst kleine Reformschritte kaum goutiert werden, kann man (besonders am Beginn der Regierungsperiode) gleich die richtig großen setzen. Zum Beispiel die jahrzehntelang geforderte umfassende Sozialversicherungsreform.

Selbst wenn das professioneller angegangen worden wäre: Geliebt wird eine Regierung dafür nicht. Für die „Wundertüten“ aber auch nur ganz selten.

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