Zu wenig Nachwuchs trotz hoher Förderungen

Österreich gibt im internationalen Vergleich relativ viel Geld für Familien aus, dennoch ist die Geburtenrate niedrig.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft oft eine Lücke – so auch bei der Familienplanung. „Im Schnitt wünschen sich Herr und Frau Österreicher zwei Kinder. Das wissen wir aus Studien“, sagt Sonja Dörfler vom Österreichischen Institut für Familienforschung. Die Geburtenrate liegt jedoch nur bei 1,4 Kindern pro Frau. Und wie die Statistik Austria am Donnerstag berichtete, sinkt die Zahl der Familien mit Kindern. Vier von zehn Paaren leben allein.

Zu wenig Nachwuchs trotz hoher Förderungen
Woran liegt das? Es gibt jedenfalls mehr Ehepaare ohne Kinder. Obwohl die Zahl der Lebensgemeinschaften mit Nachwuchs steigt(siehe Grafik)kann das den Abwärtstrend nicht kompensieren. Die höhere Zahl von Ehepaaren, in deren Haushalten keine Kinder wohnen, hängt allerdings auch mit der gestiegenen Lebenserwartung zusammen (Kinder sind ausgezogen).

Insgesamt werden heute aber weniger Kinder geboren als etwa 1985. Damals sind laut Statistik Austria 87.440 Buben und Mädchen auf die Welt gekommen, 2011 waren es 78.109. Das sind um rund 9300 Kinder weniger als Mitte der 80er-Jahre – obwohl Österreich jährlich relativ viel Geld für Familien aufwendet.

Neun Milliarden

Hierzulande fließen „jährlich rund neun Milliarden Euro (drei Prozent des BIP) in Familienförderung“, erklärt Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Damit liegt Österreich über dem EU-Schnitt und „leicht über dem OECD-Schnitt“. Drei Viertel der Ausgaben machen Geldleistungen aus (Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld etc.), nur ein Viertel wird in Sachleistungen (Kindergärten etc.) investiert.

Warum ist die Geburtenrate dennoch so niedrig? Eine Ursache: Frauen bekommen später Nachwuchs als früher (erstes Kind im Schnitt mit knapp 29 Jahren). „Die Frauen sind heute besser ausgebildet und wollen daher berufstätig sein. Das Mutterbild ist aber noch sehr traditionell. Frauen geraten dadurch in Konflikt, weil sie stärker erwerbsorientiert als früher sind. Und die Rahmenbedingungen sind in Ländern mit höheren Geburtenraten besser als in Österreich“, erklärt Dörfler. Damit meint die Soziologin mehr Kinderbetreuungseinrichtungen und eine höhere Väterbeteiligung. Auch Schratzenstaller sagt: „Der zentrale Hebel ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“ Was die Kinderbetreuung betrifft, betonen beide Expertinnen, es müsse nicht nur mehr Plätze geben, sondern auch die Qualität verbessert werden: Kleine Gruppen (weniger Kinder pro Kindergärtnerin), mehr Krippenplätze (für unter Dreijährige), Kindergärten sollten vor allem auf dem Land länger geöffnet sein.

Mehr Väterbeteiligung

Mehr Väter würden in Karenz gehen, wenn ein Teil der Karenz fix für sie reserviert wäre. Auch der Papa-Monat sei eine Möglichkeit, damit sich Väter stärker engagieren, sagt Schratzenstaller. In den Betrieben sollte man ebenso ansetzen. Die Wirtschaftsforscherin wünscht sich „eine positive Einstellung zur Väterkarenz, mehr Verständnis für Betreuungspflichten, mehr Teilzeitjobs für Führungskräfte und mehr Betriebskindergärten.“

Auch wenn Österreich viel Geld investiert, so meint Dörfler, dass etwa Kindergeld und Familienbeihilfe an die Inflation angepasst werden sollten, weil das seit Jahren nicht passiert sei.

Schratzenstaller befindet, „langfristig sollte mehr Geld in Sachleistungen“ fließen. Frankreich gibt im Verhältnis weniger Geld als Österreich für Familien aus (2,7 Prozent des BIP), investiert aber mehr in Kindergärten und -krippen. Die Geburtenrate ist höher als bei uns. Im Schnitt bekommt jede Französin zwei Kinder.

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