Hattmannsdorfer: "Müssen in einem rauen handelspolitischen Umfeld bestehen können"

Zusammenfassung
- Einigung im Zollstreit zwischen EU und USA senkt Zölle, besonders für die Automobilindustrie, und wird als Vermeidung einer Eskalation begrüßt.
- Kritik an Zugeständnissen im Energie- und Verteidigungsbereich sowie an weiterhin hohen Zöllen auf Stahl, Aluminium und Agrarprodukte.
- Wirtschaftsexperten warnen vor dämpfenden Effekten auf EU-Exporte und fordern gezielte Unterstützung für besonders betroffene Branchen.
Die Einigung im Zollstreit zwischen der EU und den USA hat für zahlreiche Reaktionen gesorgt, hier ein Auszug:
"Es ist gut, dass die Phase der täglichen neuen Zollankündigungen ein Ende hat und wir hoffentlich in eine stabilere Phase des transatlantischen Handels eintreten", schrieb Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) am in einer Aussendung. "Wir bedanken uns besonders bei Ursula von der Leyen und Handelskommissar Maroš Šefčovič mit ihren Teams für ihre Verhandlungen", so Hattmannsdorfer. Die Verhandlungen hätten gezeigt, wie wichtig die EU-Einigkeit sei.
Handelseinschränkungen als Belastung
Es bleibe aber Realität, dass jede Art von Handelseinschränkungen eine Belastung für Jobs, Wohlstand und den Sozialstaat seien.
Trotz des erreichten Deals hätten die letzten Wochen gezeigt, dass "wir einerseits unsere wirtschaftliche Souveränität durch mehr Resilienz und Unabhängigkeit in sensiblen Bereichen stärken und andererseits unsere Handelsbeziehungen gezielt diversifizieren müssen, um im aktuell rauen geo- und handelspolitischen Umfeld bestehen zu können", betonte der Wirtschaftsminister.
Hattmannsdorfer: Besonders negativ betroffene Branchen brauchen EU-Unterstützung
Die Automobilindustrie sei für Österreich von besonderer Bedeutung, so Hattmannsdorfer. Umso erfreulicher sei es, dass es gelungen sei, den Zollsatz von 27,5 auf 15 Prozent zu senken. Bei Stahl und Aluminium, "einer der Schlüsselbranchen für unseren Standort", seien Zollsenkungen und Quotenregelungen angekündigt und Gespräche zugesagt worden.
"Diese Gespräche werden wir mit Nachdruck begleiten", betonte der Minister. Unabhängig von weiteren Details des Deals stehe für ihn fest, "dass die vom Deal besonders negativ betroffene Branchen gezielte Unterstützungsmaßnahmen von Seiten der Europäischen Union brauchen, um trotz massiver Belastungen wettbewerbsfähig zu bleiben und Arbeitsplätze zu sichern", unterstrich Hattmannsdorfer.
Schieder: Einem Handelskrieg gerade noch entkommen
Der österreichische SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder betonte Sonntagabend: "Es gibt einen Deal und wir sind einem Handelskrieg gerade noch entkommen! Das Abkommen selbst scheint mir aber mit heißer Nadel gestrickt. Mehr Abhängigkeit im Bereich von Energie und der europäischen Verteidigung sind ein enormes Zugeständnis, um Trump zufriedenzustellen. Bereiche, in welchen wir uns in den letzen Monaten mit aller Kraft versucht haben zu emanzipieren. Gleichzeitig werden auch die heute festlegen Zölle langfristig ihre Spuren in der österreichischen und europäischen Industrie hinterlassen."
Wifo-Handelsexperte Harald Oberhofer wiederum hielt in der ZIB2 Sonntagabend fest, dass die Zölle in Höhe von 15 Prozent auf die meisten Produkte die Exporte der EU in die USA "sicher dämpfen werden". Des weiteren könnte es Einwendungen der Welthandelsorganisation WHO geben.
März: Unnötige Eskalation wurde vermieden
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte den Deal. So könne eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermieden werden. "Dies gilt besonders für die Automobilwirtschaft, bei der die gegenwärtigen Zölle von 27,5 Prozent auf 15 Prozent fast halbiert werden. Gerade hier ist die schnelle Zollsenkung von größter Bedeutung", meinte er. Aber er schränkte auch ein: Nun gehe es an die Verhandlungen über die Details der Einigung.
Der deutsche Industrieverband BDI äußert sich kritisch, der Deal heute in Schottland sende ein fatales Signal, in dem die EU schmerzhafte Zölle in Kauf nehme, sagtw BDI-Experte Wolfgang Niedermark. "Denn auch ein Zollsatz von 15 Prozent wird immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie haben."
Ein weiterer Tiefschlag sei, dass es keine Einigung für niedrigere Zölle auf Stahl- und Aluminiumexporte gebe. "Wer mit einem Hurrikan rechnet, ist für ein Unwetter dankbar", betonte wiederum der Hauptgeschäftsführer des deutschen Chemieverbands VCI, Wolfgang Große Entrup.
Spanische Weinbauern hoffen auf Nachverhandlungen
Zu den Zöllen für den Spirituosensektor meinte Jose Luis Benitez vom spanischen Weinverband enttäuscht: "Das sind schlechte Nachrichten, denn 15 Prozent entsprechen einem Anstieg von fast fünf Prozent." Es scheine aber, als ob es in den kommenden Tagen noch weitere Verhandlungen zu der Abschaffung von gegenseitigen Zöllen für Agrarprodukte geben könnte.
Reagiert haben auch die Devisenmärkte: Der Euro legte am Sonntag gegen 21:30 im Vergleich zum Dollar nach der Zoll-Einigung zwischen den USA und der EU zu. Er gewinnt am Abend bis zu 0,27 Prozent an Wert und kostet damit 1,177 Dollar.
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