Wut-Beauty: Mitterlehner lädt zu Arbeitnehmerschutz-Gipfel

Mitterlehner mit Wagner: Vizekanzler initiiert nun Reformgipfel.
Streit mit Arbeitsinspektorat: Vizekanzler reagiert auf Drohung von Schönheitssalon-Besitzerin, ihre Firma dichtzumachen.

Die Posse um die Schönheits-Salons von Ex-Miss Katia Wagner in der Wiener Innenstadt entwickelt sich mehr und mehr zum schlagzeilenträchtigen Politikum.
Seitdem die selbst ernannte „Wut-Beauty“ im KURIER angekündigt hat, nach zermürbenden Kontrollen und sündteuren Auflagen (z. B. dritter Fluchtweg, Zahl der WCs, Raumhöhe, Fenster) des Arbeitsinspektorats ihre drei Lokale schließen zu wollen, ist Feuer am Dach.

Es geht schließlich um 70 Arbeitsplätze und die Frage, wo liegt die goldene Mitte zwischen der Förderung junger unkonventioneller Unternehmen und den überzogenen sowie teils veralteten Vorschriften eines Kammer- und Behördenstaates.

Die neue Qualität der Debatte ist: Mittlerweile stehen nicht mehr Wagners abfällige Facebook-Äußerungen über teils wirklich absurd anmutende Auflagen für ihre Waxing-Studios („The Beauty Bar“) im Zentrum, sondern es geht längst um die Rolle der Arbeitsinspektorate und den Arbeitnehmerschutz an sich.
ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, der Wagner seit einem Firmenbesuch zu Jahresbeginn offen unterstützt, nutzt den Anlassfall der Schönheitskönigin, um den Druck auf die SPÖ für eine Entrümpelung des Arbeitnehmerschutzes zu erhöhen.

Rasche Reform

Konkret lädt Mitterlehner den zuständigen Sozialminister Alois Stöger, aber auch Experten und betroffene Unternehmer – wie eben Katia Wagner – zu einem Reformgespräch. Sein Ziel: Eine rasche Modernisierung, sprich Entrümpelung des Arbeitnehmerschutzes und nicht erst, wie im aktualisierten Regierungsprogramm festgehalten, bis Ende 2018.

Mitterlehner sagte diesbezüglich zum KURIER: „Überbordende Vorschriften, Kontrollen und Strafen dürfen nicht zur Existenzgefährdung von Betrieben und damit zum Verlust von Arbeitsplätzen führen. Davon hat niemand etwas.“ Er ergänzt: „Arbeitnehmerschutz ist auch mir sehr wichtig. Allerdings dürfen Vorschriften kein Selbstzweck sein, sondern müssen das Schutzniveau in der Praxis erhöhen. Das wird durch Beratung und Prävention besser erreicht als durch Bürokratie und Strafen.“


Im Sozialministerium sieht man Mitterlehners Einladung „gelassen“. Ein Sprecher sagte: „Wir haben größtes Interesses daran, dass hier etwas weiter geht. Aber das Ganze darf nicht zu Lasten des Arbeitnehmerschutzes gehen. Hier geht es um die Sicherheit der Mitarbeiter und damit spielt man nicht.“

Politisches Bashing

Das sieht auch ÖGB-Präsident Erich Foglar so. Für ihn ist der Arbeitnehmerschutz eine enorm wichtige Errungenschaft. Foglar zu Mitterlehners Vorstoß: „Solch ein Gespräch ist sehr begrüßenswert, aber es geht um den Arbeitnehmerschutz, daher müssen AK und ÖGB eingebunden sein. Keinerlei Verständnis habe ich für das rein politisch motivierte Bashing des Arbeitsinspektorats.“
Immer wieder ist aber auch Katia Wagner in ihrer Rolle als Unternehmerin Thema. Das 29-Jährige Ex-Model gießt via Facebook gerne Öl ins Feuer. Ein scharfer Konter kommt nun von der AK.

Hans Trenner, Leiter der AK-Beratung in Wien, sagt zum KURIER: „Dieses Unternehmen macht einfach Probleme. Es gibt Beschwerden bei der Arbeitszeit, bei der Lohn-Auszahlung, beim Urlaub. Im Durchschnitt beschweren sich bei uns zwei bis drei Prozent einer Belegschaft, bei diesem Unternehmen sind es 20 bis 25 Prozent.“

Was die Mitarbeiter sagen

Bei einem KURIER-Lokalaugenschein am Mittwoch in der Wiener „Beauty Bar“ versucht Katia Wagner, die Vorwürfe zu entkräften, sie biete schlechte Arbeitsbedingungen. So wischt sie etwa über ihr Smartphone und zeigt WhatsApp-Nachrichten von Mitarbeiterinnen: „Sag mir bitte, wir müssen nicht zusperren ...“ heißt es da. Oder: „Ich möchte keine andere Arbeit haben.“
Mehrere Mitarbeiterinnen betonen im Gespräch mit der Zeitung, gerne in der „Beauty Bar“ zu arbeiten: „Ich bin zufrieden mit meiner Aufgabe und mit meinen Arbeitszeiten“, sagt etwa Monika Bubniakova, Wagners Assistentin. Nora Goldstein, die seit zwei Jahren als Waxerin tätig ist, sagt, sie sei „ganz zufrieden“ mit ihrem Job: „Die Vorwürfe gegen Katia sind falsch.“ Hankija Dedek, Kosmetikerin in der „Beauty Bar“, ist überhaupt voll des Lobes: „Das Geschäft ist wie mein Zuhause. Ich würde hier bis zur Pension bleiben, wenn ich könnte.“
Freilich, alle plagt die Angst um ihren Job, und sie würden der Chefin derzeit wohl kaum in den Rücken fallen. Doch Wagner betont, alle Mitarbeiter gut zu behandeln. Sie will nun Solidaritätsbekundungen und Sorgen der Mitarbeiter aufschreiben und an die Behörden schicken: „Um ihnen zu zeigen, was sie damit anrichten.“

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