Wohlfahrtsfonds: Wie es mit den Luxus-Immobilien der Wiener Ärztekammer weitergeht
Traditionell ist die Wiener Ärztekammer nicht von Kräften mit allzu großem Modernisierungseifer geprägt. Insofern kommt der Beschluss, den die Vollversammlung Dienstag Abend mit nur zwei Gegenstimmen gefasst hat, schon einer kleinen Revolution gleich: Der Höchstsatz, den die Kammer-Mitglieder von ihrem Brutto-Gehalt für den Wohlfahrtsfonds bezahlen müssen, wird von 14 auf zwölf Prozent gesenkt. Der vorläufig letzte Schritt in einem schon länger laufenden Reformprozess, um den Kritikern der kammerinternen Pensionsvorsorge den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Tatsächlich handelt es sich beim Wohlfahrtsfonds um eine seit Jahrzehnten umstrittene Institution. Seit der Nachkriegszeit gesetzlich im Ärztegesetz verankert, verfügen alle neun Länderkammern über dieses zweckgebundene Sondervermögen, das sich aus mitunter beachtlichen Pflichtbeiträgen der Kammermitglieder speist. Die Gelder dienen der Pensionsvorsorge und der Versorgung der Hinterbliebenen des Arztes.
Hochschaubahn
Vor allem der Fonds der Wiener Kammer sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen. In den 1990er-Jahren nach fragwürdigen Investment-Entscheidungen am Rande des Ruins hat sich darin mittlerweile das beachtliche Vermögen von rund 1,5 Milliarden Euro angesammelt. Veranlagt in Wertpapieren und Immobilien. Darunter etwa der Grabenhof in bester Wiener Innenstadt-Lage, der vor wenigen Jahren um mehr als 300 Millionen Euro erworben wurde. Medial für Diskussionen sorgte die Provision über 900.000 Euro, die im Rahmen des Deals an Tippgeber gegangen ist. Der Rechnungshof kritisierte das Risiko, das die Kammer bei dem Geschäft eingegangen war.
Spektakulär auch der Erwerb des benachbarten Meinl-Hauses, das davor zur Signa Gruppe gehört hatte.
Doch auch kammerintern gibt es erhebliche Unzufriedenheit über diese Form der Pensionsvorsorge: In einer internen Umfrage aus dem Herbst sahen 74 Prozent den Wohlfahrtsfonds kritisch bzw. sehr kritisch. Bemängelt werden vor allem die Pflichtmitgliedschaft (4 %), die hohen Beiträge (36 %) und der geringe Nutzen im Verhältnis zu den Einzahlungen (25 %). Zur Veranschaulichung: Die durchschnittlich ausbezahlte Summe liegt bei knapp unter 1.000 Euro im Monat.
„Das Ergebnis war für uns erwartbar“, sagt Michael Lazansky. Der Arzt aus der grünen Kammerfraktion ist seit 2021 Vorsitzender des Verwaltungsausschusses des Wiener Wohlfahrtsfonds. „Die Skepsis der Mitglieder ist historisch gewachsen. Schließlich mussten sie die harte Sanierung nach der Beinahe-Pleite finanziell mittragen.“ Mittlerweile sei der Fonds aber saniert und es sei Zeit, ihn neu aufzustellen.
Dazu gehöre Transparenz, so Lazansky: „Tatsächlich war der Fonds früher wie eine Blackbox“. Bedeutet: Selbst bei großen Immo-Geschäften bekamen die Mitglieder kaum oder gar keine schriftlichen Unterlagen, die die Entscheidungen der Anlage-Experten der Kammer nachvollziehbar machten.
Das habe sich geändert. Seit einigen Jahren gibt es Richtlinien für Immo-Geschäfte. Sie enthalten klare Regeln für das Vorgehen von der Marktanalyse bis zu den finalen Verhandlungen. Undurchschaubare, mitunter riskante Entscheidungen sollen damit der Vergangenheit angehören. Dazu gehört eine eigene Website und seit einigen Jahren auch ein Jahresbericht.
Dort sind unter anderem die 14 Immobilien aufgelistet, die dem Wohlfahrtsfonds derzeit gehören. Ihr Gesamtwert liegt derzeit bei rund 900 Millionen Euro, die Mieteinnahmen lagen 2023 bei 12,6 Millionen Euro. Weitere Objekte sollen in absehbarer Zeit nicht dazukommen, so Lazansky. Jetzt gehe es darum, die bestehenden zu entwickeln.
Gepaart mit dem Aktienvermögen hat man mittlerweile so viel Spielraum, dass sich neben der Beitragssenkung auch eine Anhebung der Pension ab 2026 um 3,6 Prozent ausgeht.
Abschaffung schwierig
Ob das die Kritiker befriedigen wird, ist offen. Zuletzt hatte ein Wiener Arzt einmal mehr angekündigt, die Pflichtmitgliedschaft beim VfGH bekämpfen zu wollen. Ein Thema, über das man sich auch an der Spitze des Wohlfahrtsfonds bereits Gedanken gemacht hat. „Laut Rechtsgutachten müsste über die Abschaffung ein Konsens unter allen Länderkammern bestehen“ so Lazansky. Sie sei auch wegen des Vertrauensschutzes heikel: „Die Jungen müssten weiter einzahlen, um die Ansprüche der Älteren zu decken, ohne selbst noch Anwartschaften zu erwerben. Das wäre ein schlechter Deal für sie.“
Wohlfahrtsfonds
Er ist eine gesetzlich festgelegte Vorsorgeeinrichtung für die Ärzte, aber auch für Zahnärzte in Wien. Diese müssen je nach Einkommenshöhe einen Beitrag von bis
zu 14 Prozent ihres Bruttogehalts leisten. Der Maximal-Beitrag liegt bei 31.000 Euro pro Jahr. Die Leistungen aus dem Fonds umfassen unter anderem Altersvorsorge, Invaliditätsversorgung, Kinderunterstützung, Witwen- und Witwerversorgung.
Vermögen
Es beläuft sich auf rund 1,5 Milliarden Euro. Davon sind 58 Prozent Immobilien, 37 Prozent Wertpapiere, fünf Prozent Geldmittel und 0,25 Prozent Golddukaten (Stand Ende 2023).
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