ÖVP-Klubchef Wöginger: "Habe niemals unzulässig interveniert"

ÖVP-Klubchef August Wöginger sieht sich mit einer Anklage konfrontiert.
Interessieren Sie sich für einen Führungsposten in der öffentlichen Verwaltung? Dann kommen Sie doch in die Sprechstunde von ÖVP-Klubchef August Wöginger. Er leitet Ihre Bewerbungsunterlagen an den betreffenden Generalsekretär eines Ministeriums weiter. Versprechungen kann er freilich nicht machen, aber er wird sich erkundigen, wie es um Ihre Bewerbung steht und Ihnen rückmelden.
So erklärt der langjährige ÖVP-Politiker zumindest seine Rolle rund um die Besetzung des Vorstandspostens im Finanzamt Braunau-Ried-Schärding – und weist den Vorwurf der Anstiftung zum Amtsmissbrauch zurück. Ab 7. Oktober muss er sich deswegen in Linz vor Gericht verantworten.
Er habe, so betont er in seiner Gegenäußerung zur Anklageschrift, die dem KURIER vorliegt, „niemals unzulässige Interventionen intendiert“. Sondern: „Wie bei jedem anderen Anliegen eines Bürgers auch, war es mir wichtig, dass der Wunsch von Mag. L. insoweit Berücksichtigung findet, als dies im Rahmen der geltenden Gesetze möglich war.“
Wo der Schuh drückt
„Mag. L.“ – das ist ein ÖVP-Bürgermeister, der den Vorstandsjob damals, im Februar 2017, bekommen hat. Einige Monate vorher war er bei Wöginger in einer seiner Sprechstunden, die dieser regelmäßig in seinem Wahlkreis im Innviertel abhielt, um zu erfahren, wo bei der Bevölkerung „der Schuh drückt“.
L., damals als Controller in der Steuer- und Zollkoordination tätig, wollte Karriere in der Finanzverwaltung machen. Also übergab er Wöginger, damals ÖVP-Sozialsprecher im Nationalrat und Obmann des Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), seine Bewerbungsunterlagen und fragte, ob er „ein gutes Wort für ihn einlegen könne“.
Wöginger betont in seinem Schriftsatz, dass L. nur „eine von vielen Personen war, die mit einem beliebigen Anliegen an mich herangetreten sind und er diesbezüglich keine Sonderbehandlung erfahren hat“.
Am Rande einer Sitzung im Parlament habe er dann „mehr zufällig“ den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, auf das Thema angesprochen und ihm die Unterlagen von L. übergeben. Er habe an der „persönlichen Qualifikation von Mag. L. keine Zweifel“ und dies Schmid auch mitgeteilt. „Damit war die Angelegenheit für mich erledigt.“
Offenbar nicht ganz, denn Wöginger erklärt weiter: „Es kann schon sein, dass ich noch einmal bei MMag. Schmid nachgefragt habe, wie es um das Thema Mag. L. steht.“ Dass er auch an L. rückgemeldet hat, „das gebietet die Höflichkeit“.
Sichtwechsel: Schmid sagte bei seinem Kronzeugengeständnis bei der WKStA aus, dass Wöginger ihn ab Dezember 2016 mehrmals wegen der Finanzamt-Sache kontaktiert habe. Der ÖVP-Mandatar habe „klar zum Ausdruck gebracht“, dass ihm die Personalie ein wichtiges Anliegen sei, deshalb habe er, Schmid, entsprechend auf die Mitglieder der Begutachtungskommission eingewirkt.
Wöginger weist jede Verantwortung von sich: Es liege nicht in seiner Hand, wie Schmid das Gespräch aufgefasst habe. Es sei von seiner Seite weder intendiert noch absehbar gewesen, dass Schmid sich auf diese Weise für L. einsetzen würde. Schmid habe wohl „Bonuspunkte sammeln“ wollen und daher die Relevanz der Angelegenheit für sich selbst auf ihn, Wöginger, projiziert.
„Der schuldet dir was!“
Noch während des Hearings, das am 13. Februar 2017 stattfand, schrieb Kommissionsmitglied Herbert B. an Schmid: „Hi! Mit Bauchweh aber: [Daumen-hoch-Emoji]“.
Schmid antwortet: „Mein Held!“ und schreibt 35 Sekunden später an Wöginger: „Wir haben es geschafft :-))) Der Bürgermeister schuldet dir was!“ Wöginger darauf: „echt super!! Bin total happy [Lach- und Daumen-hoch-Emoji]“; und dann noch: „DANKESCHÖN“.
Wöginger erklärt in seiner Gegenäußerung zur Anklage, er habe sich tatsächlich für L. gefreut, und es sei nicht unüblich, seinen Kommunikationsstil „unterbewusst an sein Gegenüber anzupassen“. Was Schmid damit gemeint habe, dass der ÖVP-Bürgermeister ihm „etwas schulde“, könne er nur mutmaßen.
Abschließend betont der ÖVP-Klubchef noch einmal, dass er eine „unrechtmäßige Intervention niemals gutheißen oder unterstützen würde“, gesteht aber ein: Mit dem heutigen Wissen würde er „nicht mehr so agieren und ein entsprechendes Anliegen direkt auf den offiziellen Dienstweg verweisen“.
Die Angeklagten
Siegfried M. und Herbert B. wird Amtsmissbrauch vorgeworfen. Sie sollen 2017 einen ÖVP-Mann „aus sachfremden Motiven“ als Bestqualifizierten für das Finanzamt Braunau bewertet und die Republik geschädigt haben. Der ÖVP-Mann war laut Anklage Wunschkandidat von August Wöginger, damals ÖAAB-Chef und ÖVP-Sozialsprecher. Er ist wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch angeklagt.
Der Prozess
Start ist am 7. Oktober, elf Termine wurden anberaumt und 31 Zeugen geladen.
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