Europa wird nicht annähernd genug Strom haben, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Eine Hoffnung der EU sind sonnenreiche Staaten in Nahost, die trotz Ölreserven Ökostrom-Anlagen bauen
Europa und somit auch Österreich sind von Energie-Importen abhängig – und werden das auch bleiben. Allerdings nicht von fossilen Energieträgern wie jetzt, Österreichs Erdöl kommt aus Kasachstan, Libyen, Irak und Russland. Der klimaneutrale Energieträger der Zukunft heißt H2 (Wasserstoff). Aber aus welchen Ländern soll er kommen?
50 Kilometer südlich von Dubai besuchte der KURIER den 127 (!) Quadratkilometer großen „Mohammed bin Rashid Al Maktoum Solar Park“. 2012 begann dort die Planung des Parks, der nach dem Herrscher des Emirats Dubai benannt wurde. Seit 2013 steigt der Anteil an Grünstrom im Emirat auf heute erstaunliche 15 Prozent, der Rest wird mit Erdgasturbinen erzeugt. Sie wollen aber komplett aussteigen: Dubai war das erste Land der arabischen Halbinsel, das einen Ausstieg aus Erdgas und Erdöl bis 2050 ankündigte.
Den Emiraten ist auch klar, dass grüner Wasserstoff einer der wichtigsten Energieträger der Zukunft sein wird – und eine sprudelnde, neue Einnahmequelle werden könnte. Doch für die Wasserstoffproduktion braucht man vor allem enorm viel (erdöl- und erdgasfreien) grünen Strom.
Dubai hat auch gezeigt: Wenn es einen politischen Willen gibt, ist die Umsetzung nur mehr ein Nebenaspekt, mangels Bürgerbeteiligung, Umweltprüfungen oder Problemen mit der Finanzierung. Geld ist vorhanden. Doch noch gibt es zahlreiche Hürden.
Ausbau Ökostrom
Dubai benötigt enorm viel Strom, speziell von Mai bis September. In dieser Zeit ist ein Leben ohne Klimaanlage kaum möglich, die Häuser, Büros, Einkaufszentren und vieles mehr müssen bei Außentemperaturen jenseits der 50 °C runtergekühlt werden. Immerhin: Der Fotovoltaikausbau im Süden Dubais geht zügig voran, doch die Stromproduktion klappt nur bis Sonnenuntergang. Da hilft:
Concentrated Solar Power
In Dubais Solarpark steht auch ein 100-Megawatt-Solarwärmekraftwerk: Da wird Sonnenlicht mit Spiegeln auf eine kleine Fläche auf einem 262 Meter hohen Turm gebündelt, in dem Salz geschmolzen wird, das Wasser erhitzt, das in Dampfturbinen Strom erzeugt. Der Vorteil solcher Systeme ist, dass die geschmolzenen Salze die Hitze lange speichern und so bis zum Sonnenaufgang weiter Strom liefern können.
Wasserstoff
Dubai hat weiters eine Kooperation mit Siemens und direkt neben dem Solarpark ein erste „Wasserstoff-Batterie“ gestartet: Mit PV-Strom wird in Elektrolysen Wasserstoff erzeugt und zwischengespeichert. Dieser wird nach Sonnenuntergang in einem großen Verbrennermotor zu Strom (und Wasserdampf) umgewandelt (später soll das mit Brennstoffzellen geschehen). Zudem forschen die Ingenieure des Emirats an Batteriespeicherlösungen, um die Stromproduktion auf 100% Grünstrom umstellen zu können. Nur auf Windkraft muss Dubai mangels Windpotenzial verzichten.
Wasserstoff für die Welt
Dubai will aber viel höher hinaus. Mit Spannung erwartet wird täglich ein neues Dekret des Herrschers Sheik Al Maktoum, wie die neue Wasserstoff-Strategie aussehen soll. Und da rechnen Experten mit einem neuen Superlativ in dem an Superlativen ohnehin nicht armen Land: Bis zu einem Drittel des weltweit benötigten Wasserstoffs, so ist zu hören, soll bis 2050 in Dubai produziert werden.
Denn auch die Araber wissen, dass Europa und vor allem Europas Industrie, importierten Wasserstoff brauchen wird, da wir niemals ausreichend Ökostrom zur Wasserstoff-Produktion haben werden. Offen ist, wie der Wasserstoff aus den sonnen - oder windreichen Regionen in die Welt und nach Europa gelangen soll. In Tankschiffen nimmt H2 zu viel Platz für zu wenig Energie ein, technisch sinnvoller wäre verflüssigter Wasserstoff, der dafür auf energiefressende – 252°C gekühlt werden müsste. Möglich wäre noch die Umwandlung von Wasserstoff in transportfähigere Flüssigkeiten wie Ammoniak (NH3), E-Fuels (aus CO2 und H2) oder Methanol (CH3OH). So wäre ein Transport in Pipelines oder Tankschiffen möglich – am Zielort müssen aber wiederum neue Industrieanlagen gebaut werden, um den Wasserstoff herauszulösen.
Zuerst muss aber klar sein, woher Europa seinen Wasserstoff beziehen kann. Deshalb ist auch Europa gespannt, was Sheik Maktoum beschließen wird.
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