WKStA-Leiterin Vrabl-Sanda: "Es gibt keinen Kronzeugen"

WKStA-Leiterin Vrabl-Sanda: "Es gibt keinen Kronzeugen"
WKStA-Leiterin äußerte sich nach der Inseratenaffäre erstmals öffentlich zu den Ermittlungen ihrer Behörde.

Zwei Wochen, nachdem mehrere Hausdurchsuchungen im Umfeld der ÖVP und Sebastian Kurz die Republik erschüttert haben, ging die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Ilse-Maria Vrabl-Sanda, medial in die Offensive und äußerte sich erstmals zu den Ermittlungen ihrer Behörde.

Gegenüber der APA und im Ö1-Morgenjournal wies Vrabl-Sanda Spekulation, Staatsanwälte könnten die eigenen Hausdurchsuchungen verraten, als "völlig absurd" zurück.

Den Vorwurf, der im Vorfeld der Hausdurchsuchungen von ÖVP-Mandatar Andreas Hanger ventiliert worden ist, dass es nämlich "linke Zellen" in der WKStA gebe, wollte Vrabl-Sanda bewusst nicht kommentieren. Es handle sich dabei um Aussagen von Politikern. "Ich gebe dazu keinen Kommentar ab", sagte die Behördenleiterin gegenüber der APA. Und: Einen Kronzeugen in der Inseratenaffäre gebe es - anders als zuletzt spekuliert - nicht. Dass gegen mehrere ÖVP-Politiker ermittelt werde, handle sich um eine "zufällige Häufung". 

Vrabl-Sanda nutzte ihren Auftritt auch, um mehr Personal für die WKStA zu fordern. Diese habe nicht nur aufgrund der jüngsten Ermittlungen zur Inseratenaffäre mit einem Personalmangel zu kämpfen. Zehn Planstellen mehr - was eine Aufstockung auf 54 bedeuten würde - sollen hier Abhilfe schaffen. 

Bei der Frage, ob die Spekulationen über bevorstehende Hausdurchsuchungen eventuell auf eine undichte Stelle in der WKStA selbst zurückzuführen seien, antwortete Vrabl-Sanda damit, dass derlei eine "völlig absurde Vorstellung" sei und zog einen Vergleich aus dem Sport: "Ein Formel-Eins-Fahrer, der seinen Boliden vor dem Grand Prix, bei dem er unbedingt ins Ziel möchte, manipuliert am Motor oder die Reifen aufsticht, das wäre abwegig."

Vielmehr kann sich Vrabl-Sanda zumindest vorstellen, dass Beschuldigtenvertreter durch ihre Einsichtsrechte von selbst darauf schließen konnten. So hätten derzeit sehr viele Verfahrensparteien Akteneinsichtsrechte, von denen in "sehr dichten regelmäßigen Abständen" auch Gebrauch gemacht werde.

Tatsächlich ist es Verdächtigen sogar ausdrücklich erlaubt, Akten an Dritte wie beispielsweise Journalisten weiterzugeben, um sich selbst zu verteidigen bzw. eine Verteidigung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden aufzubauen.

Im konkreten Fall von Hausdurchsuchungen ist es plausibel, dass das vorübergehende Sperren von Aktenstücken zu Spekulationen geführt hat. Wie geht das konkret? Wenn gegen Verdächtige ermittelt wird, muss die Staatsanwaltschaft auch die geheimen Ermittlungsmaßnahmen zu den Akten nehmen. Bei bevorstehenden Hausdurchsuchungen müssen die entsprechenden Aktenteile vorübergehend aber für die Betroffenen und deren Anwälte gesperrt werden - andernfalls wären die Maßnahmen ja nicht mehr geheim. Im Gegenzug können sich erfahrene Strafverteidiger aber bei gesperrten Aktenteilen ausrechnen bzw. antizipieren, dass möglicherweise Zwangsmaßnahmen bevorstehen.  Kurzum: Fehlende Aktenteile führen immer zu Spekulationen, dazu braucht es keinen Geheimnisverrat durch Staatsanwälte.

"Kein Kronzeuge in Inseratenaffäre"

Gerüchten, dass es in der Inseratenaffäre bereits ein umfassendes Geständnis geben könnte, etwa durch die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, erteilt Vrabl-Sanda eine Absage. Nur so viel: "Es gibt keinen Kronzeugen." Hätte sich jemand gemeldet, würde die Ermittlungsbehörde dazu aber auch keine Auskunft erteilen. Bei Ex-Kanzler Sebastian Kurz müsse man bis zur möglichen Aufhebung dessen jüngst erlangter Immunität als Nationalratsabgeordneter eine "klare Trennlinie" ziehen, sollten die Ermittlungen seine Person betreffen.

"Linke Zellen"? - Kein Kommentar

Die bereits gewohnten Attacken aus der ÖVP gegen ihr Haus - etwa, dass es "linke Zellen" gebe - will Vrabl-Sanda nicht aktiv kommentieren. Es handle sich dabei um Aussagen von Politikern, "ich gebe aber dazu keinen Kommentar ab". Weshalb die Angriffe erfolgen wisse sie nicht. "Unsere Aufgabe ist die Strafverfolgung, nicht die Motivforschung", sagte sie im Ö1-Morgenjournal. 

Auch den immer wieder vorgebrachten Vorwurf, die Ermittlungen gegen Ex-Kanzler Werner Faymann in dessen Inseratenaffäre seien trotz ähnlicher Sachlage eingestellt worden, kann sie von sich weisen - sei ihre Behörde doch gar nicht involviert gewesen.

Ermittlungen gegen ÖVP-Vertreter? "Zufällige Häufung"

Dass die WKStA derzeit gegen mehrere Vertreter der ÖVP ermittelt, bezeichnet Vrabl-Sanda als "zufällige Häufung". Dass es zu Ermittlungen in eine Richtung gekommen sei, sei eine "bloße Spekulation". "Und wenn man sich die Arbeit ansieht, die die WKStA macht, wird man zur Erkenntnis kommen, dass diese Einschätzung falsch ist."

Dieser Vorwurf sei zudem in der Vergangenheit auch schon vonseiten der Freiheitlichen gekommen. Die Behörde habe den Auftrag, Verdachtslagen aufzuklären. Ziel sei nicht ein gewisser "Erfolg" bei den Ermittlungen, sondern eben das Aufklären jener Verdachtslagen. Zudem würden Beweise auch nicht gezielt nach "Zufallsfunden" durchforstet, betont Vrabl-Sanda.

Den Vorwurf, dass die WKStA private Chats an die Öffentlichkeit bringe bzw. diese auswerte, ist für die Leiterin der WKStA eine "Unterstellung". Man sei verpflichtet Verbindungen zwischen einzelnen Beteiligten zum Akt zu nehmen. "Aber es kommt nur zu den Akten was strafrechtlich relevant ist."

Wie lange es dauert, bis der "Ibiza-Komplex" abgeschlossen ist, kann Vrabl-Sanda nicht seriös beantworten, dies hänge von vielen Faktoren ab, betont sie. "Ich kann dafür garantieren, dass die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit einem ganz besonderen Engagement an ihre Arbeit gehen", sagt sie dazu. "Es ist wirklich eine große Arbeitsbelastung." Und auch andere interessante Verfahren für die Republik, wie jene zur Commerzialbank Mattersburg und zum Ibiza-Komplex bräuchten Kapazitäten, weswegen es weitere Planstellen bräuchte, denn: "Wir sind nicht ideal aufgestellt personell."

IBIZA-U-AUSSCHUSS: HANGER

Andreas Hanger wollte das so nicht stehenlassen: „Die "zufällige Häufung" von Ermittlungen der WKStA gegen die Volkspartei ist wohl mehr als Zufall“, widerspricht der Fraktionsführer der Volkspartei im abgeschlossenen Ibiza-U-Ausschuss und legte nach: „Die vergangenen Monate haben deutlich gezeigt, dass Teile der WKStA jegliche Objektivität vermissen lassen, indem sie bei ihren Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker entlastende Beweise außer Acht lassen, Formulierungen wortgleich aus politisch motivierten Anzeigen übernehmen und ihre eigenen Beweismittel nur unzureichend prüfen." Der WKStA gehe es "offensichtlich nur darum, Menschen öffentlich an den Pranger zu stellen".

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