Nach Mahrer-Rücktritt: IV-Präsident will Drittel weniger Kammerumlage
Am Tag nach dem Rücktritt von Harald Mahrer als Präsident der Wirtschaftskammer Österreich und als Chef des Wirtschaftsbundes tritt der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, vor die Medien, um ein Reformpaket vorzuschlagen, weil er durch die anhaltende Kritik an der Kammer ein "Momentum" gekommen sieht.
Doch ehe Knill vier Punkte darlegt, dankt er einem seiner bisherigen Vis-à-Vis in der Wirtschaft.
"Ich bedanke mich persönlich sehr herzlich bei Harald Mahrer", so Knill. Mahrer sei immer eine "starke und wichtige Stimme der Wirtschaft" gewesen, der diese "lange mitgeprägt hat". Mahrers Rücktritt markiert für den IV-Präsidenten einen Zeitpunkt, um ernsthafte Diskussionen über die Wirtschaftskammer zu führen. Zumal der "kollektive Unmut in allen Ländern enorm ist", wie Knill sagt, aber: "Wir brauchen eine starke Wirtschaftskammer, die ihre Handlungsfähigkeit behalten muss, auch um ein glaubwürdiger Partner in der Sozialpartnerschaft zu sein." Er schließe sich dezidiert nicht den Rufen an, die die Kammer abschaffen wollen. Im Gegenteil, sie sei wichtig, müsse nun nur grundlegend reformiert werden.
Notwendig sei eine starke Interessensvertretung der Wirtschaft und Industrie vorallem eingedenk der Konjunkturdaten. "Wir stehen 2025 dort, wo wir 2019 waren. Wir treten auf der Stelle." Die Wirtschaftsleistung im 4. Quartal 2025 sei dort, wo sie 2017 war.
"Acht verlorene Jahre"
"Es sind acht verlorene Jahre", attestiert der IV-Präsident. Diese "strukturelle Delle" gelte es wettzumachen, die Kritik an der Kammer als "Chance des Neubeginns" zu sehen.
Das Präsidium der Industriellenvereinigung schlägt deshalb "zentrale strukturelle finanzielle Anpassungen" der jetzigen WKO vor.
- Modernisierung: Die IV plädiert für eine modernere, effizientere, digitalere und vor allem und transparentere Kammer agieren. Die Ressourcen müssten, so Knill, zielgerichtet eingesetzt werden.
- Reduktion: "Es kann nicht sein, dass die Einnahmen und Rücklagen der Kammern steigen, wenn die Unternehmen ums Überleben kämpfen", sagt Knill. Die IV setzt sich deshalb für eine schrittweise Reduktion der Kammerumlagen bis 2029 ein. Konkret sollen die absoluten Beitragsbeträge 2025 eingefroren werden. Ab 2027 schlägt die IV eine jährliche Senkung der Kammerumlagen 1 und 2 um jeweils 10 Prozent bis 2029 vor. Insgesamt ergebe das eine Einsparung von 30 Prozent auf Basis des Beitragseinkommens von 2025.
- Bemessungsgrundlage: Geht es nach der IV, so soll die Bemessung der Kammerumlagen, die sich an Lohn‐ und Gehaltssummen orientiert und nicht mehr zeitgemäß sei, adaptiert werden. Grund: Das bestehende System belaste Unternehmen stärker, sobald sie Beschäftigung ausbauen oder höhere Löhne zahlen. Die IV ist für eine unbürokratischere, geringere wie transparenter zu erfassende Berechnung.
- Wahlrecht: Weil ein Prozent der Unternehmer/Konzerne für 28 Prozent der gesamten Kammerbeitrage sorgen, plädiert die IV für mehr Mitspracherecht je größer das Unternehmen ist. Gemeint sind damit insbesondere Industriekonzerne, Finanzinstitute, Banken und der Handel. Das derzeitige Wahlrecht entspreche nicht "mehr den Anforderungen einer modernen Interessensvertretung". Es gehe um eine "stärkere Einbindung beitragsstarker Mitglieder, um Mitbestimmung und Verantwortlichkeit zu erhöhen und das Vertrauen der Wirtschaft in die Kammerorganisation zu stärken."
Sowohl bei der Bemessung und Berechnung der Kammerumlage 1 als auch Kammerumlage 2 müsse es rasch mehr Nachvollziehbarkeit und Transparenz geben, so Georg Knill. Über die Höhe der Rücklagen der Kammer - gegenwärtig rund 2 Milliarden Euro - könne man diskutieren. Selbiges gelte für Vorschläge seitens der Oppositionsparteien und der Neos, die Anzahl der Länderkammern zu reduzieren. Doch Knill will "keine Ratschläge und keine Empfehlungen abgeben für die Wirtschaftskammer", stattdessen Reformen angehen.
Damit sei nicht nur die WKO, sondern auch die Bundesregierung gemeint, deren Industriestrategie noch ausständig ist. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer ließ jüngst in einem KURIER-Interview wissen, dass die Strategie im Jänner bekannt werden soll.
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