"Das ist ein Frontalschaden": Druck auf Harald Mahrer wird immer größer
Harald Mahrer.
Seit neun Tagen gibt es innenpolitisch kaum ein anderes Thema als jenes, das die Wirtschaftskammer mit ihrer Gehaltserhöhung über 4,2 Prozent gleichsam losgetreten hat oder losgetreten wurde. Doch nicht nur das Gehaltsplus der 5.800 Kammer-Mitarbeiter sind im Fokus, da die Erhöhung weit über jener anderer aktueller Lohnabschlüsse liegt.
Die Entschädigungen für Funktionäre der Kammer stiegen - weil seit Jahrzehnten nicht erhöht - um bis zu 60 Prozent.
Wie der KURIER berichtete, sind auch die Bezüge des WKO-Präsidenten selbst von Interesse. Mahrer hat noch zwei Präsidentenmandate. Jenes der WKO und jenes bei der Oesterreischischen Nationalbank OeNB. Mit der Chefposition im Wirtschaftsbund kommt Mahrer laut eigenen Angaben so auf 28.500 Euro brutto pro Monat. Ob er damit gegen das Bezügebegrenzungsgesetz verstößt, das wird nun der Rechnungshof prüfen.
Vom OeNB-Posten will Mahrer allerdings bis Jahresende zurücktreten, um sich auf die Wirtschaft zu konzentrieren, wie er zu Wochenbeginn sagt. Derweil verstummt die Kritik nicht. Auch nicht aus den eigenen Reihen.
"Ich kann ihnen sagen, dass ich dazu in den letzten Tage zahllose Gespräche geführt habe. Auch mit hunderten Landsleuten, die mich im Laufe des Sonmtags beim Tag der offenen Tür in meinem Büro besucht haben, um mit mir zu reden", lässt Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wissen. Sie sieht die Situation kritisch. "Das ist ein Frontalschaden. Der Unmut ist mehr als groß - gerade auch bei unseren großteils ehrenamtlichen Funktionären. Darum ist auch die offene Diskussion innerhalb der Wirtschaftskammer mehr als verständlich.“
Über Harald Mahrer an der Spitze der Kammer sagt sie: "Das sind keine Entscheidungen, die wir in St. Pölten zu treffen habe. Ich gehe davon aus, dass in Wien die richtigen Schlüsse im Sinne der Wirtschaft gezogen werden. Das ist wichtig, denn unsere Betrieben brauchen eine starke und vor allem glaubwürdige Wirtschaftsvertretung.“
Wesentlich offener als die Landeshauptfrau sind Vertreter der Tiroler Adlerrunde, eine einflussreiche Plattform von Unternehmern. Sie fordern den "sofortigen Rücktritt" von Mahrer als WKO-Präsident. Begründet wird dies mit einem Verlust von Glaubwürdigkeit und Reformkraft.
„Die Wirtschaft braucht Vorbilder, keine politisch agierenden Funktionäre ohne Zukunftsperspektive“, betont Klaus Mark, Sprecher der Adler Runde. Die Kammer müsse wieder Anwalt und Partner der Unternehmerinnen und Unternehmer sein. „Wir fordern eine Rückbesinnung auf die Grundwerte der Wirtschaft: Leistung, Verantwortung und Glaubwürdigkeit.“
Karl Christian Handl, Präsident der Adler Runde, bezeichnet die Situation als „Wendepunkt für die Glaubwürdigkeit der Interessenvertretung“. Gefordert werden Haltung, Verantwortungsbewusstsein und Mut zur Reform. Die Kammer solle als praxisnahe Serviceplattform fungieren – besonders für kleine und mittlere Betriebe.
Rücktrittsaufforderungen aus Oberösterreich und Salzburg
Ähnlich auch die oberösterreichische WK-Präsidentin Doris Hummer: "Harald Mahrer kennt meine Position. Der Versuch, am Montag das Vertrauen zurückzugewinnen, ist gescheitert. Wir brauchen jetzt einen Neustart", sagt sie in den Oberösterreichischen Nachrichten. Hummer hatte schon am Wochenende das Chaos um die die geplante Gehaltserhöhung für WK-Mitarbeitern scharf kritisiert.
Vom Salzburger WK-Präsident und Wirtschaftsbund-Landesobmann Peter Buchmüller hieß es zur APA: „Harald Mahrer ist gescheit genug, um selber zu wissen, wann es Zeit ist, zu gehen.“ Das habe er auch bei der kürzlich stattgefundenen Besprechung mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich gesagt. Der Schaden für die Wirtschaftskammer und die ÖVP sei angerichtet. „Die Diskussion tut uns allen nicht gut. Die Stimmung sehr vieler Salzburger Mitgliedsbetriebe ist die, dass Mahrer nicht mehr tragbar ist.“
Rückendeckung erhielt Mahrer von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP). „Harald Mahrer nimmt die Kritik sehr ernst, hat darauf reagiert, Konsequenzen gezogen und Reformen angekündigt, daran sollte er gemessen werden“, sagte er dem Standard. „Ich halte es für unfair, ihn als Einzelperson dafür verantwortlich zu machen, denn die Entscheidung wurde von allen Fraktionen im erweiterten Präsidium getroffen.“ Unterstützung für seinen Präsidenten kam auch von Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger, der für die ÖVP im Parlament sitzt. Er stehe „voll und ganz“ hinter seinem Präsidenten, betonte er in einer Aussendung. Vom Kärntner Wirtschaftsbund- und Wirtschaftskammerchef Jürgen Mandl hieß es, er trage die in Wien getroffenen Entscheidungen mit und stehe hinter Mahrer.
Dürres Statement aus der Bundes-ÖVP
Aus der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse kommt neun Tage nach Bekanntwerden des 4,2 Prozent-Gehaltsplus ein knapp gehaltenes Statement von ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti: "Ja, es sind Fehler passiert. Man muss aber auch Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern zugestehen, dass sie Fehler machen und diese eingestehen. Harald Mahrer hat nun Reformen in der Wirtschaftskammer angekündigt. Wir trauen ihm zu, dass er diese auch umsetzen kann."
WK Niederösterreich setzt Anpassung der Entschädigungen aus
Die WK NÖ reagiert indes auf die massive Kritik an den Anpassungen der Funktionärsentschädigungen für das Präsidium und setzt diese aus, bis das Ergebnis der Prüfung durch den Rechnungshof vorliegt. „Die Mitglieder des WKNÖ-Präsidiums haben sich gemeinsam auf dieses Vorgehen geeinigt“, so WK-Präsident Wolfgang Ecker und betont: „Eine qualifizierte Interessenvertetung für alle Unternehmen muss etwas wert sein, und diese Bewertung wird jetzt von einer unabhängigen Institution festgelegt werden.“ Laut der geplanten Anpassung wäre das Geld für den Präsidenten um 51 Prozent gestiegen.
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