Derzeit gilt das Redaktionsgeheimnis ohne Wenn und Aber. Journalisten müssen niemals personenbezogene Daten, die sie recherchiert haben, offenlegen. Der Verfassungsgerichtshof urteilte Ende 2022 aber, dass es eine Abwägung braucht zwischen den Interessen der Öffentlichkeit auf Information und den Interessen der Betroffenen, über die berichtet wird.
Etwas mehr als ein Jahr später hat das Justizministerium einen Entwurf vorgelegt, der seit Kurzem kursiert und in der Medienbranche sowie von juristischen Experten äußerst kritisch gesehen wird.
Möglich, aber ungut
ÖVP-Ministerin Susanne Raab, im Kanzleramt zuständig für Medien, sagt ebenfalls: „Der erste Entwurf aus dem Justizministerium würde aus medienpolitischer Sicht die Arbeit in den Redaktionen massiv erschweren.“
Das Medienministerium habe der Justiz daraufhin Anmerkungen für einen besseren Schutz des Redaktionsgeheimnisses übermittelt. Auch der Verfassungsdienst sei dabei „punktuell und informell eingebunden“ gewesen und erachte den Entwurf der Justizministerin als „verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich“.
Allerdings, so Raab am Samstag zum KURIER: „Aus medienpolitischer Sicht ist eine Regelung zu bevorzugen, die das Redaktionsgeheimnis besser schützt und einen vernünftigeren Ausgleich zum Datenschutz schafft. Deshalb laufen derzeit Abstimmungen zwischen den Ministerien.“
Beim Erstentwurf dürfte es also nicht bleiben – denn auch, wenn dieser wohl den Ansprüchen des VfGH genügen dürfte, will sich keine der beiden Regierungsparteien ausgerechnet im Wahljahr den Vorwurf machen lassen, die Medienfreiheit zu begraben. Es wird jedenfalls knapp: Am 30. Juni läuft das Medienprivileg in seiner jetzigen Form aus.
Das Justizministerium erklärte am Freitag, man habe den Entwurf dem Verfassungsdienst im Kanzleramt vorgelegt und um Rückmeldung gebeten.
Wie der KURIER erfuhr, wurde der Verfassungsdienst aber erstmalig am späten Freitagabend direkt mit konkreten Fragen kontaktiert. Vorher liefen die Gespräche nur über die politischen Kabinette.
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