Professor ortet Mega-Schummelversuch an Universität Salzburg

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Mehr als 100 Studierende im vierten Semester des Bachelorstudiums Pädagogik haben sich im Oktober dem Test bei Günter Haider, der früher für die PISA-Tests in Österreich verantwortlich war, gestellt. Wenige Tage später informierte Haider per E-Mail die Prüfungsteilnehmer, dass er die Klausuren nicht benote und sie erneut antreten müssen.

An der Universität Salzburg herrscht Aufregung: Rund 100 Studierende haben im Oktober eine Pädagogik-Prüfung absolviert. Doch der Professor beurteilt die Arbeiten nicht, weil er erfahren hat, dass in einer Facebook-Gruppe Fragen veröffentlicht wurden. Inzwischen ist der Prüfungstermin einfach aus dem System der Universität gelöscht worden, sagte ÖH-Vorsitzende Ivana Ristic. Pädagogikprofessor Günter Haider, wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Das ist ein wilder Angriff gegen mich, und das aus völlig unerklärlichen Gründen. Fast alles, was die ÖH vorbringt, ist faktisch falsch, man kann auch von Lügen sprechen", sagte er.

Mehr als 100 Studierende im vierten Semester des Bachelorstudiums Pädagogik haben sich im Oktober dem Test bei Günter Haider, der früher für die PISA-Tests in Österreich verantwortlich war, gestellt. Wenige Tage später informierte Haider per E-Mail die Prüfungsteilnehmer, dass er die Klausuren nicht benote und sie erneut antreten müssen. In einer Facebook-Gruppe sei ein Foto mit Prüfungsfragen aufgetaucht. Da Studierende sich so vorab über die Fragen informieren könnten, seien die Voraussetzungen für eine ordentliche Prüfung nicht mehr gegeben gewesen.

Gedächtnisprotokoll veröffentlicht

"Die Prüfung bestand aus zwei Teilen, einem Multiple-Choice-Test und offenen Fragen", erläuterte Ristic. In der Facebook-Gruppe wurde ihren Angaben zufolge ein Gedächtnisprotokoll veröffentlicht, in dem Fragen vergangener Test gesammelt wurden. Auch vom Multiple-Choice-Test seien einzelne Fragen früherer Prüfungen veröffentlicht worden. Bei der Leistungs-Überprüfung im Oktober seien aber nicht dieselben Fragen gekommen, sondern ähnliche, so die ÖH-Vorsitzende. "Studierende haben sich immer schon über Prüfungsstoff und -fragen ausgetauscht. Heutzutage passiert das natürlich auch online - und ist völlig legal", so Daniel Strzecki von der ÖH-Fakultätsvertretung. "Die Prüfungsleistung von über hundert Studierenden nicht zu beurteilen und ihnen öffentlich rechtswidriges Verhalten zu unterstellen, ist völlig inakzeptabel."

Inzwischen ist der Prüfungstermin vom Oktober überhaupt aus dem System der Universität verschwunden, sagte Ristic. Wer die Löschung durchgeführt habe, wisse sie nicht. "Das ist so, als ob es ihn nie gegeben hätte." Laut Strzecki hat der Professor später jener Studentin, die das Foto auf Facebook gestellt hatte, in einer Aussendung an Hunderte Personen mit einer Klage gedroht.

ÖH will weiter hartnäckig bleiben

Laut einer Aussendung der Hochschülerschaft distanzieren sich die Rechtsabteilung der Universität Salzburg und das Rektorat von der Nicht-Benotung der Prüfungen. Der Vizerektor für Lehre, Erich Müller, hielt Ende November in einem Rundschreiben an alle Lehrenden fest, dass die Weitergabe von Prüfungsfragen völlig legal ist. "Er hat den konkreten Fall nicht wörtlich erwähnt, sich aber auf einen nicht genannten Anlassfall berufen", sagte Ristic. Müller hält sich zurzeit bei einem Kongress auf und war bisher nicht erreichbar.

Die ÖH kündigte an, weiterhin hartnäckig zu bleiben und die Beurteilung der Tests einzufordern. Und für kommenden Montag, 19. Dezember, haben die Studierendenvertreter zu einer Protestaktion um 15.00 Uhr vor dem Unipark Nonntal aufgerufen.

Haider: "Widerspricht so ziemlich allen Gesetzen"

Im vorliegenden Fall handle es sich um eine relativ große Vorlesung mit rund 250 Studierenden. Deshalb gebe es im Semester zumindest drei Prüfungstermine. Und bei der ersten Klausur hätten Teilnehmer während der Prüfung den gesamten Multiple-Choice-Fragenkatalog mit 18 Seiten Umfang systematisch abfotografiert. "Das widerspricht so ziemlich allen Gesetzen", sagt Haider.

Diese Fotos seien auf Facebook für eine geschlossene Gruppe veröffentlicht worden. Zusätzlich sei dort auch noch die Transkription der Fragen publiziert worden. Ein oder zwei Tage nach dem zweiten Termin im Oktober mit 90 Kandidaten sei er dann von einem Studenten darauf aufmerksam gemacht worden, dass hier der vorangegangene Test eins zu eins im Facebook für alle Berechtigten der Gruppe zu finden sei. Er habe Kopien davon erhalten und diese der Rechtsabteilung der Universität vorgelegt. "Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der Prüfungsteilnehmer schon alle Fragen vorher auf ihrem Handy oder auf dem Laptop hatten, die bei der Klausur verwendet werden durften. Das ist eine betrügerische Handlung in großem Ausmaß."

Haider: Persönliche Angriffe durch die ÖH

Nach Beratungen mit dem Fachbereich habe man beschlossen, die Prüfung für ungültig zu erklären und zwei Wochen später zu wiederholen, allerdings mit einem Verbot für Laptops, Tablets und Handys. Das habe inzwischen auch schon stattgefunden. Haider spricht von persönlichen Angriffen durch die ÖH, die gesetzlich und moralisch nicht vertretbar seien.

Erich Müller, Vizerektor für Lehre, teilt die Ansicht Haiders nicht unbedingt. "Fragen, die großteils bei mehreren Prüfungen wiederholt werden, wurden auch schon früher notiert oder abfotografiert. Aus meiner Sicht wird da korrekt gehandelt." Die Frage sei, ob es im vorliegenden Fall tatsächlich ein Schummelversuch sei, wie dies Haider meine. Für ihn sei das Fotografieren von Fragen keine Rechtsbruch, höchstens in der Frage des Urheberrechtes komme man hier vielleicht in den Graubereich, so Müller zur APA.

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