Wiener SPÖ kritisiert Rot-Blau im Burgenland
Wut, Fassungslosigkeit und tiefes Entsetzen. So lässt sich die Stimmung in der Wiener SPÖ zusammenfassen, nachdem Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl die Koalition mit der FPÖ verkündete. Schon vor der gemeinsamen Pressekonferenz von Niessl und FP-Chef Johann Tschürtz versammelte sich die Parteijugend vor der SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße. Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos, selbst Burgenländer, hatte Rot-Blau im Burgenland als "gelungenes Experiment" bezeichnet. Die jungen Roten sahen das anders: "Verrat" stand auf einem großen Transparent. "Die Koalition mit den Blauen ist einer SPÖ nicht würdig", sagt Laura Schoch, Vorsitzende der Bundesjugendvertretung (SJ). Sie verweist auf einen gültigen Bundesparteibeschluss, der eine Koalition mit der FPÖ ausschließt und fordert den Parteiausschluss von Niessl: "Er muss zurücktreten. Tut er das nicht, muss die Partei Konsequenzen ziehen", sagt Schoch.
Scharfe Kritik an der rotblauen Koalition kommt auch von Tanja Wehsely, stellvertretende Klubchefin der SPÖ Wien. "Es steht dem Burgenland nicht zu, so weitreichende Entscheidungen zu treffen. Für mich ist das ein parteischädigendes Verhalten", sagt Wehsely. Offenbar wolle Niessl in die Geschichte eingehen, er werde sich aber die Finger daran verbrennen.
Bröckelndes Bollwerk
Für die Wiener SPÖ brennt ein halbes Jahr vor der Wien-Wahl der Hut. Hatte man sich doch gerade in den letzten Tagen als "Bollwerk gegen Rechts" positioniert. "Für uns in Wien ist das natürlich eine Katastrophe", gibt Wehsely zu. "Die Glaubwürdigkeit der SPÖ steht auf dem Spiel." Man müsse jetzt gar überlegen, ob die Wiener SPÖ ihre Klubtagung weiter im burgenländischen Rust abhalten sollte.
Auch der SP-Bezirksvorsteher im Arbeiterbezirk Floridsdorf Georg Papai ist fassungslos. "Das Verhalten Niessls ist für mich nicht nachvollziehbar. Hier ist der Bundesparteivorsitzende Werner Faymann gefordert, klare Worte zu finden", sagt Papai. "Eines ist sicher, der Käs’ ist noch lange nicht gegessen", kündigt er weitere Proteste gegen Rot-Blau an.
Der Wiener Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler ist nun ohne eigenes Zutun in einer schwierigen Lage. Er konzipierte den Wahlkampf der SPÖ, der ganz auf dem Gegner FPÖ aufbaut. "In Wien protestieren FPÖ-Gemeinderäte vor einem Asylheim gegen Menschen, die gerade noch mit Leib und Leben davon gekommen sind. Das ist die letztklassige Politik, die die FPÖ macht", sagt Niedermühlbichler, der einen "Tabubruch" im Burgenland ortet. Er kritisiert Bundesgeschäftsführer Darabos scharf. "Er wäre dringend angehalten, darauf zu achten, dass Bundesbeschlüsse auch eingehalten werden, anstatt Experimente zu loben", sagt Niedermühlbichler. Dieses Experiment sei nichts Positives, sondern ein Akt der Hilflosigkeit.
Für Wien sei der Weg jedenfalls klar. "Wir werden der FPÖ in Wien keinen Fußbreit die Tür aufmachen", sagt Niedermühlbichler. "Mit Hetzern kann man nicht zusammen arbeiten."
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