"Wer nicht SPÖ wählt, riskiert unsere Stadt"
Ob es am 11. Oktober für die Wiener SPÖ zu einem 4:1 reichen wird, wagen Polit-Beobachter zu bezweifeln. Mitnaschen an der allgemeinen Fußball-Euphorie wollen die Roten jedenfalls allemal. "Ankick 2015" lautete das Motto des offiziellen Wahlkampfauftakts der Wiener SPÖ Donnerstagabend in der Messehalle A, die dafür in eine Fußball-Arena verwandelt wurde.
Gleich am Eingang begrüßten Helfer in rot-weißen Fußballer-Dressen die Genossen mit einem lauten "Freundschaft". Manche reagierten leicht irritiert: "Warum seid ihr nicht violett? Der Häupl ist ja ein Austrianer." Im "Stadion" selbst übte man dann noch schnell die Welle und das Fahnenschwenken auf den mit 2500 Gästen gefüllten Tribünen.
Dass es in diesem Wahlkampf-Match für die SPÖ nur einen Gegner gibt, war gleich mit dem Anpfiff klar: "Wir brauchen keinen Strache, der die Menschen aufhetzt. Wir brauchen einen erfahrenen Kapitän in schwierigen Zeiten, wir brauchen dich, lieber Michael, als unseren Bürgermeister", appellierte Bundeskanzler Werner Faymann in seiner kurzen Eingangsrede.
Der Angesprochene übernahm diesen Ball nur allzu gern und geißelte vor allem die freiheitliche Flüchtlingspolitik. "Am 11. Oktober kann man wählen zwischen Charakter, Haltung und Humanität oder Opportunismus und Hass", stellte der Häupl klar. Einmal mehr bekräftigte er sein Nein zu einer Koalition mit der FPÖ: "Mit Menschen, die gegen Kinder und Familien demonstrieren, die gerade von den Mörderbanden des IS davongelaufen sind, mit denen mache ich sicher keine Regierungszusammenarbeit", betonte der Bürgermeister – und erntete dafür Jubel von den vollen Tribünen.
Nichts weiter als "weinerlich" sei denn auch das Ausgrenzungsargument, das Strache dauernd ins Felde führe. "Er braucht nur einmal seine eigenen Reden anhören, dann weiß er schon, warum ihn keiner lieb haben kann."
Papst Strache
Häme gab es auch für Straches Bürgermeister-Ambitionen: "Er wollte schon Bundeskanzler und Bundespräsident werden. Ich frage mich, wann er eigentlich Papst werden will, dort hätte er vielleicht am ehesten Chancen." Zuletzt habe der FPÖ-Chef dann auch noch angekündigt, als Bürgermeister amtsführender Stadtschulratspräsident werden zu wollen. "Mein Gott, die armen Kinder", sorgt sich der Stadtchef.
Während Häupl die ÖVP nur am Rande und den grünen Koalitionspartner nicht mit einer Silbe erwähnte, appellierte er umso eindringlicher an seine Genossen, in den letzten verbleibenden Wochen das rote Klientel an die Wahlurnen zu bringen: "Wer am 11. Oktober nicht zur Wahl geht und wer nicht die SPÖ wählt, riskiert unsere Stadt."
Zweckoptimistische Basis
In den Tagen nach der Wahl wäre es ihm am liebsten, wenn er keine Koalitionsgespräche aufnehmen müsste, betonte Häupl. Derart optimistisch sind seine Zuhörer auf den Tribünen nicht. "Ich hoffe, wir kommen auf 40 bis 41 Prozent", sagt ein Mitglied der SPÖ-Parteischule zum KURIER. Dass die aktuelle Flüchtlingsproblematik nur noch weiter der FPÖ in die Hände spielen wird, glaubt er nicht. Vielmehr ortet er durch die Ereignisse der vergangenen Tage einen Stimmungswandel in der Bevölkerung. Geht es nach dem roten Funktionär, sollte es Häupl nach der Wahl wieder mit den Grünen versuchen. "Die sind das kleinere Übel, während die ÖVP in Wien einfach keinen guten Stand hat."
Genau gegenteilig argumentiert ein Genosse ein paar Sitzreihen weiter: "Ich fürchte schon, dass Strache von der Flüchtlingsproblematik profitieren wird. Aber gerade in dieser Krise bin ich für eine rot-schwarze Koalition. Sie funktioniert ja auch auf Bundesebene ganz gut", sagt Joachim Kühn, gebürtiger Deutscher und erst seit kurzer Zeit SPÖ-Mitglied. "Ich wollte einfach Flagge gegen den Rechtsruck zeigen." Zumindest in dieser Frage scheint an diesem Abend Einigkeit in der Wiener SPÖ zu herrschen.
Ein historischer Saal mit teils goldener Fassade, eine Arena-Inszenierung Marke "maximal gute Stimmung" und ein Spitzenkandidat, der sich für seinen Auftritt ins stärkste Wiener Oppositions-Outfit geworfen hat. In blauem Anzug, weißem Hemd und blauer Krawatte trat ÖVP-Stadtrat Manfred Juraczka vor rund 700 Parteigänger, um seinen "Kurswechsel jetzt" in der Stadt heraufzubeschwören. Es war die erwartet klare Ansage für eine Regierungsbeteiligung in Wien.
Auf dem Weg dort hin, machte sich die Wiener ÖVP in den Sofiensälen Mut. Denn in einem Monat steht für die Partei eine Schicksalswahl an. Umfragen signalisierten der in Prozentpunkten (2010: 14 %) kleinsten VP-Landesorganisation bisher keinen Höhenflug. Gegen diesen Trend versucht sich jetzt die ÖVP aufzubäumen. Also trat Reinhold Mitterlehner ans Rednerpult. Der ÖVP-Bundesparteiobmann ging mit dem Häupl-Slogan "Für Wien brauchst a G’spür" hart ins Gericht. "Wer das verloren hat, das ist die SPÖ."
Im Fokus der Redner stand aber nicht der Wiener Bürgermeister. Das Feindbild der ÖVP ist klar "Rot-Grün". Denn eine Fortsetzung dieser Koalition würde für die Schwarzen wieder fünf Jahre in der Opposition bedeuten. Also geißelte, sehr zur Freude der schwarzen Funktionäre, auch Außenminister Sebastian Kurz die rot-grüne Schuldenpolitik.
Und wie man aus einer fast aussichtslosen Situation auf die Siegerstraße kommt, dafür wurde ein Gastredner aus dem Kernland der Schwarzen aufgeboten. Wiener Neustadts Bürgermeister Klaus Schneeberger, der nach 70 Jahren die rote Hochburg umdrehen konnte, gab der ÖVP-Stadtpartei mit auf dem Weg: "Wien muss Wiener Neustadt werden".
Auch der Wiener Spitzenkandidat trat noch einmal auf den rot-grünen "Ampelpärchen" und "singenden Kanaldeckeln" herum: "Das schafft keine Arbeitsplätze", sagte Juraczka. Um dann jene drei Themen zu bringen, mit der die ÖVP punkten möchte: Stärkung des Wirtschaftsstandortes mit der Schaffung von 25.000 neuen Jobs, eine andere Bildungspolitik in der Stadt und keine Bevormundung von Autofahrern.
Auffallend war weiters, die ÖVP bemüht sich, das Image der verstaubten Partei abzulegen. Vornehmlich junge, weibliche Kandidaten standen in der Auslage. Für HC Strache und die Neos blieb hier kaum Platz.
Hier eine pinke Perücke, dort eine pinke Fliege um den Hals und da ein pinker Lippenstift. Den Weg zur Neos-Wahlauftaktparty auf der Simmeringer Hauptstraße konnte man Donnerstagabend auch finden, wenn man die genaue Adresse der Simm City nicht kannte.
"Veränderung! Jetzt." stand dann in weißen Lettern über der Bühne. Und die soll laut Neos-Chef Matthias Strolz so aussehen: "Stellt euch vor, jemand aus unserer Generation zieht ins Rathaus – als Bürgermeisterin!" Denn man müsse die Mauer zwischen Politik und Menschen niederreißen. Und das führte Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger vor den rund 700 Sympathisanten vor: Mit großem Hammer zerschmetterte sie eine rote Kunststoffmauer. "Wenn wir Reformen wollen, müssen wir gegen das politische System kämpfen", sagte Meinl-Reisinger. Denn es existiere ein derart korruptes System, dass sie Häupl nicht verzeihen könne. Unerträglich sei der "machtbesoffene Filz" der Regierenden.
Strolz: "Wir Neos treten an, um das zu beenden." Um die knapp 30 Millionen schwere Parteienfinanzierung zu halbieren und "sinnlose Posten" wie nichtamtsführende Stadträte abzuschaffen. Stattdessen wolle man in Bildung investieren. Und den Menschen das Vertrauen in die Politik zurückgeben. TelefonsprechstundeAm Freitag zwischen 11 und 12 Uhr steht Beate Meinl-Reisinger im KURIER unter 01/52 100-2619 Rede und Antwort.
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