"Eigenschaften haben keinen Pass"

Renate Brauner am KURIER-Telefon
Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) versucht, die Angst vor Flüchtlingen zu zerstreuen.

Selbst eingefleischte SPÖ-Sympathisanten sind sich nicht mehr so sicher, ob ihre Partei am Wahlabend die Nase vorn haben wird: "Ich frage mich, wie die SPÖ Platz eins verteidigen wird. Schließlich kümmert sie sich zu wenig um die Bevölkerung", bekommt Vizebürgermeisterin Renate Brauner von einem Anrufer aus Liesing zu hören.

Der Grund für seinen Ärger: Seit die U6 in dichteren Intervallen fährt, sei die Lärmbelästigung rund um die Perfektastraße unerträglich geworden. "Damit wir jetzt telefonieren können, muss ich das Fenster zumachen." Lärmschutzwände gebe es keine, auch eine Lärmmessung sei nicht erfolgt. "Ich habe darum gebeten und wurde einfach abgeschasselt."

Politik im Dilemma

Für Brauner, die auch für die Öffis zuständig ist, ist der Fall ein Paradebeispiel für das Dilemma, vor dem die Stadtpolitik häufig steht: "Spreche ich mit den Menschen in Liesing, fordern neun von zehn einen Ausbau der Öffis, weil die Bevölkerungszahl so stark wächst. Aber natürlich verstehe ich auch Ihre Position", versichert sie dem Anrufer. "Ich werde dafür sorgen, dass eine Lärmmessung durchgeführt wird", verspricht die Vizebürgermeisterin und notiert die Kontaktdaten des Mannes.

Immerhin: Um die Stimme des lärmgeplagten Anrufers muss sie sich keine Sorgen machen. "Ich hab sie schon für die SPÖ abgegeben", sagt er. "Weil den HC brauche ich nicht."

Zu viele Flüchtlinge

Bei der nächsten Anruferin klingt das nicht ganz so: "Ich wohne im 19. Bezirk. Hier gibt es schon viel zu viele Flüchtlinge", schneidet sie das brennendste Thema in diesem Wahlkampf an. Brauner appelliert an das Mitgefühl der Frau: "Ich war selbst am Haupt- und Westbahnhof", erzählt sie. "Einmal hab ich eine Frau gesehen: In der einen Hand hielt sie ein Baby, am Körper trug sie ein fünfjähriges Mädchen mit einer großen Brandwunde am Kopf." Selbstverständlich müsse man Menschen in Not helfen. In den großen Flüchtlingslagern in Nordafrika sei zuletzt das Essen gekürzt worden. "Würden Sie da nicht auch fortgehen?", fragt sie die Anruferin.

Diese klingt nicht sehr überzeugt: "Es gibt auch in Österreich sehr viele arme Menschen. Und schauen Sie einmal, was sich erst in der U-Bahn abspielt." – "Eigenschaften haben keinen Reisepass", entgegnet Brauner. "Es gibt genauso wie unter den Einheimischen höfliche und unhöfliche Zuwanderer. Seit Kurzem haben wir bei den Wiener Linien ein eigenes Serviceteam. Das kümmert sich genau um diese Probleme."

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