Wien: Der Kampf um die Nichtwähler

Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen
Die vielen Wiener, die am Sonntag nicht mitstimmten, als größte Chance für Grünen.

Politisch tief gespalten präsentiert sich die Bundeshauptstadt Wien seit dem vergangenen Sonntag: Auf der einen Seite die großen Flächenbezirke, in denen Norbert Hofer das Rennen machte, auf der anderen Seite immerhin 17 Bezirke, in denen am Wahlabend Alexander Van der Bellen vorne lag.

In Summe reichte das für 32 Prozent und den knappen, aber einzigen Sieg in einem Bundesland über den blauen Kandidaten. Hofer erzielte hingegen in Wien mit 29,2 Prozent sein österreichweit schwächstes Resultat.

Es liegt sogar knapp unter dem FPÖ-Ergebnis bei den vergangenen Wiener Gemeinderatswahlen. Selbst in den großen Flächenbezirken, in denen die FPÖ damals besonders stark war, konnte man jetzt den Wählerzustrom nicht mehr weiter ausbauen – die Ergebnisse sind fast deckungsgleich mit jenen der Wahl 2015. Dies gilt auch für die Bezirke Liesing (33 Prozent) und Floridsdorf (39 Prozent), mit den dortigen Großquartieren für Flüchtlinge, gegen die zuletzt die FPÖ mobilisierte. Fast scheint es, als hätte die FPÖ ihr Potenzial in Wien ausgereizt.

Von Rot zu Grün

Dass Van der Bellen im grünen Kernbezirk Neubau – wo seit 2001 ein grüner Bezirksvorsteher regiert – das Wien-weit beste Ergebnis und mit 53 Prozent sogar eine absolute Mehrheit einfuhr, überrascht weniger als das Abschneiden in den mittelgroßen und großen Bezirken, die allesamt erobert wurden, während die SPÖ auch dort marginalisiert wurde. So zum Beispiel in Michael Häupls Heimatbezirk Ottakring, wo Van der Bellen auf 35,9 Prozent kam. Bei der Gemeinderatswahl im Vorjahr erreichten hier die Grünen gerade einmal 14,2 Prozent. Der Vergleich mit dem SPÖ-Ergebnis macht das Abwandern der roten Stimmen in Ottakring deutlich: 2015 erreichten die Roten 40,9 Prozent, während SPÖ-Kandidat Hundstorfer am Sonntag auf nur 13 Prozent kam. Somit hat sich das rot-grüne Kräfteverhältnis umgedreht.

Dennoch: Dass Van der Bellen den Blauen Hofer in der Stichwahl nur mit Wiener Stimmen noch überholen kann, ist laut Experten sehr schwierig: "Hofer hat in den anderen Bundesländern einen so großen Vorsprung, dass Van der Bellen in Wien schon deutlich mehr Stimmen von Griss und der SPÖ hinter sich vereinen müsste", sagt Politikberater Thomas Hofer. Das noch größte auszuschöpfende Potenzial liegt in Wien bei den Nichtwählern. Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 52,28 Prozent. Damit war sie deutlich unter der bundesweiten Beteiligung (68,1 Prozent).

SPÖ-Unterstützung

Indes geben immer mehr Wiener SPÖ-Funktionäre eine mehr oder weniger direkte Wahlempfehlung für Van der Bellen ab: Etwa Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, die gesamte Mariahilfer Bezirkspartei, aber auch einzelne Bezirksvorsteher wie Georg Papai (Floridsdorf): "Ich würde mir wünschen, wenn die SPÖ eine Empfehlung abgibt", sagt er.

Die Wiener ÖVP hat am Montag eine solche hingegen ausgeschlossen.

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