Wie Twitter-süchtig sind Strache & Co?

Kanzler Kern ist Instagram-Führender, Strache dominiert Facebook.
Wie sich Strache, Kurz & Kern im Internet inszenieren – und wer wirklich dahintersteckt.

Donald Trump tut es. Ohne Unterlass, mehrmals am Tag und eigenhändig. Alexander Van der Bellen lässt es tun. Dosiert und mehrmals die Woche. Wolfgang Sobotka tut es nicht und sorgt dennoch für Schlagzeilen. Der Innenminister ist einer der wenigen Politiker, der auf die 140 Zeichen-Breitenwirkung des Nachrichtendienstes Twitter verzichtet. Denn wer regiert, der reagiert auch im World Wide Web.

Ob Gratulationen oder Kondolenzen, politische Inhalte oder persönliche Interessen: Via Facebook, Twitter oder der Fotoplattform Instagram lässt sich rund um die Uhr und den Globus kommunizieren und Aufmerksamkeit erregen. Wer von den heimischen Politikern ebendort reüssiert, zeigen Rankingplattformen wie politometer.at.

Ähnlich wie bei Popularitätsumfragen stehen dort ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz, FPÖ-Chef Heinz Christian Strache und Bundeskanzler Christian Kern – gemessen an Facebook-Freunden, Twitter- und Google+-Aktivitäten – auf dem Social-Media-Podest. Weniger die Rankings als die Reichweite an potenziellen Wählern, die sie mit ihren Tweets, Posts und Fotos erreichen können, bedeuten den Politikern viel.

Hinter den Kanzler-Kulissen

Nicht anders ist es zu erklären, dass beispielsweise Christian Kern bereits bei der Angelobung zum Kanzler über einen Instagram-Account verfügt. Unter bundeskanzleramt.at werden seither er, Staatssekretärin Muna Duzdar und Kanzleramtsminister Thomas Drozda in Szene gesetzt. Serviciert wird der Account von drei Fotografen, die dem Bundespressedienst angehören. "Instagram dient uns als Plattform Menschen, Situationen, Dinge zu zeigen, die man sonst kaum sieht", heißt es auf KURIER-Nachfrage. Für die Social-Media-Agenden der SPÖ und damit auch des Kanzlers seien vier Vollzeitkräfte und zwei Praktikanten zuständig. Reine Chefsache ist hingegen Twitter. Was Kern "ausschließlich persönlich" twittert, interessiert derzeit 31.006 Menschen.

Anders die Gepflogenheit bei ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz. Er koordiniert seine Social-Media-Inhalte "mit einer Person aus seinem Team" – und das überaus erfolgreich. Wenn es Inhalt oder Anlass gebieten, werden die Tweets mit originären Fotos versehen und in Fremdsprachen verfasst. "73 Prozent der Follower von Sebastian Kurz benutzen Twitter in englischer Sprache. Auf Facebook gehen wir auf Zielgruppen gesondert ein und posten englische Beiträge, wenn es eine Relevanz für User gibt", heißt es aus Kurz’ Büro. Mit 186.638 Followern erreicht der Minister mit einer Twitter-Nachricht sechs Mal so viele Menschen wie der Kanzler und elf Mal mehr als FP-Chef Strache. Auf Facebook sind es über 450.000 Menschen, die wissen wollen, was der 30-Jährige postet.

Unangefochtener Facebook-Führender ist indes Heinz-Christian Strache. Der FPÖ-Chef kann derzeit über 530.000 "Freunde" sein eigenen nennen, die kommentieren, was der Freiheitliche in Posts postuliert. Vier bis sieben Mitarbeiter kümmern sich laut FPÖ um die Social-Media-Auftritte der gesamten Partei wie des Chefs. Die Macht der Bilder nutzen die Freiheitlichen weniger via Instagram denn mittels eigenem Fernsehen. Essenzieller Polit-PR-Bestandteil der "sozialen Heimatpartei" ist seit 2012 FPÖ-TV. Tausend Mal und öfter werden die beinah täglichen Kurz-Videos, u. a. moderiert von Straches Frau Philippa oder FP-Sport- und Jugendsprecherin Petra Steger, auf der eigenen Homepage und YouTube (knapp 17.000 Abonnenten) aufgerufen.

Unverzichtbar für Parteien sind mittlerweile Live-Streams. Waren Pressekonferenzen und Veranstaltungen früher Journalisten und Parteigängern vorbehalten, ist dies heute allen Interessierten mit Internetzugang möglich. Unabhängig von "Mainstream-Medien" wie Sendezeiten offerieren die politischen Protagonisten, live beim Geschehen dabei zu sein: Egal, ob das Debriefing nach dem Ministerrat, spontane Pressekonferenzen wie jene von Wolfgang Sobotka nach der Festnahme des Terrorverdächtigen Lorenz K., oder Kanzler Kerns "Plan A – Rede zur Zukunft Österreichs".

Facebook vor den Kadi

Die schier unerschöpflichen digitalen Möglichkeiten werden 24/7 genutzt – und schamlos ausgenutzt. Gehackte oder gefakte Profile zu melden, hetzerische Postings zu löschen oder Morddrohungen zur Anzeige zu bringen gehört zum Alltag der Social Media-Teams jeder Partei. Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die auf Twitter und Instagram verzichtet, ist seit vielen Jahren auf Facebook aktiv. Wegen der Hass-Postings auf ihrer Seite hat Glawischnig bisher 40 Gerichtsverfahren angestrengt; davon 20 straf- und 20 zivilrechtliche Verfahren. 19 Verfahren konnten mittels Vergleich, 10 Verfahren durch gerichtliche Urteile rechtskräftig beendet werden. Alle Verfahren wurden gewonnen.

Im November gelang der Grünen-Chefin ein Erfolg gegen den Internetkonzern selbst. Sie hatte Facebook auf Unterlassung geklagt, weil ein Posting eines Fake-Profils, in dem sie als "Volksverräterin" beschimpft wurde, trotz Aufforderung nicht entfernt wurde.

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