Wie sich die Roten jetzt für Schwarz-Blau rüsten

Im Regen: SPÖ-Geschäftsführerin Brunner, Minister Drozda und Parteichef Kern
Christian Kern bleibt vorerst Parteichef. Bei NÖ-Wahl im Jänner will die SPÖ mit sozialer Sicherheit punkten.

Über den Heldenplatz pfiff ein nasskalter Wind, es nieselte unentwegt, und das war irgendwie passend, zumindest für die Sozialdemokratie. Der SPÖ, deren Führungsriege an diesem Montag in einem Parlamentspavillon am Heldenplatz tagte, wird in Bälde eine steife Brise entgegenblasen. "Wir bereiten uns auf die Opposition vor", sagte Parteichef Christian Kern nachdem er im Vorstand einstimmig als Klubchef gewählt worden war. Opposition also. Geht’s nach Kern, wird und muss sich die SPÖ neu aufstellen: "Es geht darum, sozialdemokratische Politik wieder klarer zu konturieren. Wir werden ein Gegengewicht zum Rechtspopulismus und zum schwarz-blauen Spektakel sein." Wider das Spektakel? Das klang beinahe so wie vor 16 Monaten als Kern die SPÖ übernommen hatte. Auch damals hatte er seine Ansage in einem Presse-Raum des SPÖ-Parlamentsklubs gemacht; und auch damals hatte er der leeren Polit-Rhetorik, "der Machtversessen- und Zukunftsvergessenheit", eine Absage erteilt.

Im Herbst 2017 und einen holprigen Nationalratswahlkampf später, gibt sich Kern sichtbar desillusionierter und auffallend medien-kritisch: Nicht nur einmal beklagt sich der neue Oppositionsführer an diesem verregneten Montag darüber, dass die Vorzüge des neu gewählten SPÖ-Parlamentsklubs weitgehend unbeachtet blieben. "Wir erreichen eine Frauenquote von über 44 Prozent, jedes zweite Mitglied der SPÖ-Fraktion ist neu", sagt Kern; zudem sei die jüngste Parlamentarierin der Roten erst 24 Jahre alt.

Zugegeben, das Durchschnittsalter der SPÖ-Abgeordneten war in den vergangenen Tagen nicht das zentrale innenpolitische Thema, aber: Ist das nicht normal in einer Phase, in der eine Regierung entlassen und eine neue gesucht wird?

Sei’s drum. Den SPÖ-Chef ärgerte ohnehin ein anderer Umstand noch mehr, den auch der Wiener SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Häupl nach der Vorstandssitzung thematisiert wissen wollte, und das ist dieser: Die SPÖ lässt sich ihren Vorsitzenden weder von der ÖVP noch von einzelnen Medien – gemeint sind insbesondere zwei Boulevard-Zeitungen – "vorschreiben" . "Den sucht die SPÖ immer noch selber aus!", sagten Kern und Häupl unisono. Partei-Präsidiums und -Vorstand sehen das genauso – manchmal hilft ein Außenfeind, wenn’s im Inneren rumort.

Christian Kern wird nach derzeitigem Stand die SPÖ tatsächlich in die Opposition führen. Er wird SPÖ-Klubobmann, als geschäftsführenden Klubchef wählten die SPÖ-Vorstände Andreas Schieder, Zweite Nationalratspräsidentin soll Doris Bures werden.

Kern bleibt der SPÖ also noch erhalten – auch weil, wie Sitzungsteilnehmer dem KURIER bestätigt haben, vorerst kein Alternativ-Kandidat in Sicht ist, der eine breite Mehrheit hinter sich hätte.

Neue Kampagnen

Wie geht es weiter? Welche Kampagnen wird die SPÖ in den nächsten Monaten lancieren, um griffige Oppositionspolitik zu machen?

"Für Details ist es noch zu früh", sagt Kern zum KURIER, und vielleicht stimmt das sogar. Ein wenig Zeit haben Kern und die SPÖ ja noch. Noch wurde Schwarz-Blau nicht angelobt, man kann warten.

Für Franz Schnabl gilt das nur bedingt. Der neue Chef der SPÖ-Niederösterreich muss Ende Jänner seine erste Landtagswahl schlagen, und die Frage an ihn lautet jetzt: Wie will er reüssieren bzw. was bedeutet Schwarz-Blau im Bund für den roten Landtagswahlkampf? "Schwerpunkt der SPÖ muss das sichere Leben sein", sagt Schnabl zum KURIER. Das klingt verdammt nach dem, was ÖVP und FPÖ im Bund ventilieren, aber Schnabl sieht den Begriff anders, "vollumfänglich": "Zur Sicherheit gehören soziale Sicherheit, Pensionen, Gesundheit, und hier haben wir als SPÖ eine andere Haltung." Soll heißen: Die Pensionen sind mit der SPÖ sicher, weil es mit ihr keine Pensionsautomatik gibt. Und auch die Deckelung der Mindestsicherung , die in Oberösterreich realisiert wurde und möglicherweise auch im Bund kommt, will Schnabl mit der SPÖ thematisieren: "Das trifft allein in Niederösterreich Tausende Unschuldige hart – zum Beispiel allein erziehende Mütter."

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