Wie sich Arbeiten im Alter lohnen soll

Derzeit leben 1,75 Millionen Menschen über 65 in Österreich, 2,46 Millionen Pensionen zahlt die Sozialversicherung aus. In den kommenden Jahren wird die Zahl der Pensionistinnen und Pensionisten noch kräftig steigen, denn die Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre, altern aus dem Erwerbsleben hinaus. Das wird einen Effekt von etwa einer Dreiviertelmillion zusätzlicher Pensionistinnen und Pensionisten haben, schätzen Experten.
Durch die Pensionierungswelle werden Arbeitskräfte fehlen. Laut der jüngsten OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER sind 55 Prozent der Bevölkerung dafür, Pensionistinnen und Pensionisten mit Steuer- und Abgabenerleichterungen das längere Arbeiten schmackhaft zu machen. Tatsächlich werden in der Bundesregierung Überlegungen dazu gewälzt. Der KURIER hörte sich um.
„In der ÖVP ist die Entlastung für arbeitende Pensionisten durch“, sagt Seniorenbundobfrau Ingrid Korosec zum KURIER.
Sie habe Arbeitsminister Martin Kocher, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, den Wirtschaftsbund und die Industriellenvereinigung auf ihrer Seite, erzählt Korosec. Darauf gründet sie die Zuversicht, dass es Gesetze noch in dieser Legislaturperiode geben werde, damit sich das Arbeiten im Alter mehr lohnt als derzeit. Die Grünen, so glaubt sie, werden von der ÖVP davon überzeugt werden können.
Alte als Expertenpool
Tatsächlich hat Korosec gute Argumente auf ihrer Seite: der Fachkräftemangel, mit dessen Intensität vor der Pandemie noch nicht gerechnet wurde. „Die Senioren sind ein Expertenpool für den Arbeitsmarkt. Sie verfügen über die Erfahrung eines ganzen Berufslebens. Und sie sind am Arbeitsplatz hoch motiviert, denn es gibt ja keine Pflicht. Es arbeiten nur die, die das auch wollen.“
Und das sind die Forderungen, um die es geht:

Ingrid Korosec
Keine Pensionsbeiträge
Bereits in Pension befindlichen Menschen, die auf Selbstständigenbasis dazu verdienen, soll der Pensionsbeitrag gestrichen werden. Er beträgt immerhin stattliche 22,8 Prozent. Von 1.000 verdienten Euro gehen 228 an die Pensionsversicherung, obwohl die Betroffenen bereits in Pension sind.
Korosec: „Den Pensionsbeitrag abzuschaffen, ist ein Gewinn für die Pensionisten, die Wirtschaft und den Finanzminister.“ Den Pensionisten bliebe fast um ein Viertel mehr vom Zuverdienst, für das sie zwar Steuern zahlen müssten, aber unterm Strich bliebe mehr dennoch deutlich mehr im Börsel. Der Finanzminister hätte mehr Steuereinnahmen, weil die Pensionsbeiträge derzeit ja steuermindern wirken.
Viel Aufwand für wenig Nutzen
Geld entginge zwar der Pensionsversicherung, aber selbst diese hätte eine kleine Entschädigung. Derzeit muss die Pensionsversicherung die Zuverdienstfälle alljährlich neu aufrollen, um dann drei Euro mehr Pension auszuzahlen. „Das ist viel Bürokratie für einen Betrag, den der arbeitende Pensionist kaum merkt“, sagt Korosec.
Die Krankenversicherungsbeiträge sollen arbeitende Pensionisten weiterhin bezahlen müssen.
Auch Arbeiten über das Regelpensionsalter hinaus will Korosec attraktiver machen. Derzeit bekommt man für jedes Jahr, das man vorzeitig in Pension geht, einen Abschlag von 5,1 Prozent. Trotzdem nutzen viele diese „Korridorpension“ zum früheren Ausstieg: Männer gehen mit durchschnittlich 61,8 Jahren in Pension, obwohl ihr Regelpensionsalter 65 beträgt.
Höherer Bonus
Für die ersten drei Jahre, die jemand über das Regelpensionsalter hinaus arbeitet, gibt es derzeit einen Zuschlag von 4,2 Prozent zur Pension pro Jahr. Diesen Bonus will Korosec erhöhen, und zwar auf 5,1 Prozent. „Der Bonus sollte gleich groß sein wie der Malus.“
Die Seniorenbundobfrau rät zu längerem Arbeiten, zumindest ein, zwei Tage in der Woche: „Gebraucht zu werden, hält psychisch gesund und ist ein gutes Mittel gegen Einsamkeit im Alter.“
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