Wie gut ist mein Arzt, das Spital? Patienten tappen im Dunkeln

Symbolbild
Spitäler und Ärzte geben kaum Infos über ihre Arbeit. Das könnte sich jetzt ändern.

Es ist ein hoch kontroversielles Thema, dass die neue Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) in Angriff nehmen will: "Der Patient muss sich erwarten können, dass er, wenn er in ein Spital geht, weiß, was ihn dort erwartet. Dass er weiß, wie oft dort eine spezielle Behandlung durchgeführt wurde, und wie oft es Komplikationen gab", sagte die Ministerin jüngst im KURIER-Gespräch.

Wie gut ist mein Arzt, das Spital? Patienten tappen im Dunkeln
Am wichtigsten sei natürlich die Datensicherheit, und hier werde alles Menschenmögliche getan, zeigte sich Oberhauser überzeugt.
Oberhauser sorgt damit für ordentlichen Wirbel. Denn: "Derzeit ist es nicht schwierig, an solche Daten zu kommen", sagt der niederösterreichische Patientenanwalt Gerald Bachinger. "Es ist unmöglich."

Dabei bestätigen er und seine Wiener Amtskollegin Sigrid Pilz, dass eine der häufigsten Fragen der Patienten sei: "Können Sie mir einen guten Arzt und ein gutes Krankenhaus empfehlen?" Pilz: "Und genau diese Frage kann ich seriös nicht umfassend beantworten."

In Deutschland, schildern die Experten, sei es längst kein Problem, sich über Ärzte und Kliniken rundum zu informieren (siehe Internethinweise). Wie oft werden welche Eingriffe gemacht, wie oft gab es dabei Komplikationen? Und auch, wie oft sind dabei Patienten verstorben?

In Großbritannien sei man einen Schritt weiter, dort sind sogar "ärztliche Behandlungsfehler" transparent, sagt Bachinger. In Österreich müssen diese nicht einmal gemeldet werden.

Grundsätzlich wären auch in Österreich ein großer Teil der Daten bereits vorhanden, wenn auch nicht öffentlich zugänglich. Bachinger: "Manche Daten wären da, aber auch nur im Krankenhausbereich. Im niedergelassenen Bereich (Private oder Kassenärzte) haben wir nur einen riesigen weißen Fleck."

Bei der Standesvertretung der Ärzte stößt das Vorhaben der Ministerin auf große Skepsis. "Natürlich halte ich sehr viel davon, dass sich der Patient umfassend informieren kann, wie oft welche Eingriffe gemacht werden und wie oft es Komplikationen gab", sagt der Tiroler Primarius Rudolf Knapp, Kurienobmann der Ärztekammer. "Das Problem dabei ist aber, wie etwa Komplikationen wissenschaftlich gemessen werden, und wie so etwas laienhaft vom Patienten verstanden wird. Das kann es zu großen Missverständnissen kommen."

Die Datenlage in anderen Ländern sind für den Ärztevertreter nicht relevant. "Die Systeme sind doch nicht vergleichbar. International werden solche Daten vor allem für Werbezwecke verwendet." In Österreich könne man davon ausgehen, dass wenn eine Klinik einen Eingriff anbietet, dass dies auf einem vergleichbar hohem Niveau sei. Knapp: "Wir haben ohnehin hohe Standards und Qualitätskontrollen."

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Bewertungsportale im Internet, Ärzte-Rankings, Empfehlungen von Bekannten – mögliche Informationsquellen für Arzttipps gibt es einige, verlässlich sind aber lang nicht alle. Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz kennt die Schwierigkeiten, auf die Patienten bei der Suche nach einem guten Arzt stoßen können und setzt sich für unabhängige Information ein. Im Interview mit dem KURIER gibt sie Tipps, worauf Patienten bei der Auswahl eines Arztes achten sollten.

KURIER: Worauf sollte man achten, wenn man auf der Suche nach einem "guten" Arzt ist?
Sigrid Pilz:
Die Frage ist ganz schwer zu beantworten, weil die notwendigen Qualitätsstandards weder erhoben noch publiziert werden. Von Rankings, die manche Boulevard-Medien machen, halte ich zum Beispiel gar nichts. Es können schon gute Ärzte dabei sein, aber das hat mehr einen Promi-Faktor als einen Qualitätsfaktor. Wenn man einen guten Arzt will, sollte man sich informieren, wie gut er oder sie im Fach ausgebildet ist, wie hoch die Fallzahlen in bestimmten Bereichen sind, etwa wie oft eine bestimmte Operation jährlich gemacht wird, wie viele Fortbildungen er oder sie gemacht hat, wie es um die Patientensicherheit und das Fehlermanagement steht.

Wie kommt man zu diesen Informationen?

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Viele dieser Dinge werden in Selbstevaluation von den Ärzten für die ÖQmed (Anm.: Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin, eine GmbH der Ärztekammer) alle fünf Jahre erhoben. Dazu werden Onlinefragebögen verschickt, wo sich die Ärzte selbst einschätzen. Allerdings werden von der ÖQmed nur ca. sieben Prozent der Praxen auf die Richtigkeit ihrer Angaben hin überprüft. Die Patienten erfahren diese Überprüfungsergebnisse nicht. Somit bleiben die Ergebnisse, die hinter dem ÖQMed-Zertifikat stehen, für den Patienten geheim. Ich fordere seit langem die ÖQMed auf, die Kriterien der Überprüfung und die Ergebnisse transparent zu machen, bislang leider ohne Erfolg.

Was halten Sie von Online-Plattformen, wo Patienten ihre Erfahrungen schildern können?
Ich kann nicht dazu raten, sich auf Online-Plattformen zu verlassen. Ich kann nicht einmal raten, dort etwas zu posten. Wir haben in Wien den Fall einer Patientin, die wegen Kreditschädigung vom behandelnden Arzt erfolgreich geklagt wurde, obwohl sie etwas beschrieben hat, das ihr wirklich passiert ist. Wichtig ist, dem Arzt Fragen zu stellen und sich zu trauen, ihn auch auf Mängel hinzuweisen, z.B. wenn er sich vor einer Untersuchung nicht die Hände wäscht.

Welche Fragen sollte man stellen?
Auf der Website der Patientenanwaltschaft gibt es eine Checkliste mit unterschiedlichen Fragen, aus denen man sich jene heraussuchen kann, die man für den eigenen Fall wissen möchte. Bei einer Operation sollte man beispielsweise nach den Fallzahlen fragen – wenn jemand sagt, er macht diesen Eingriff drei Mal im Jahr, dann würde ich mich von ihm nicht operieren lassen. Bei risiko- und nebenwirkungsreichen Behandlungen ist die Frage nach Behandlungsalternativen und schonenderen Methoden wichtig. Bei der Unabhängigen Patienteninformationsstelle UPI in der Wiener Patientenanwaltschaft (siehe Bildergalerie unten) erhält man telefonisch Informationen zu all diesen Fragen. Dabei geht es nicht um Therapievorschläge, sondern darum Patienten für das Gespräch mit dem Arzt zu unterstützen.

Viele Patienten trauen sich nicht, Ärzten Fragen zu stellen. Was können Sie diesen raten?

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Zwischen Arzt und Patient besteht oft eine hohe Barriere, wir haben in Österreich ein traditionell hierarchisches Verhältnis. Die Gesundheitskompetenz aufseiten der Patienten muss häufig erst entwickelt werden. Dazu gehört auch, dass der Patient eine aktive Rolle gegenüber dem Arzt einnimmt. Es ist keine Majestätsbeleidigung, wenn man widerspricht oder darauf hinweist, dass man bereits zwei ähnliche Medikamente hat und vielleicht ein drittes ähnliches nicht notwendig ist. Es braucht ein neues Rollenverständnis von Arzt und Patient. Ich baue auf die Gesundheitsreform, wo wir multiprofessionelle Gesundheitsteams bekommen werden. Mit Pflegekräften reden sich viele Patienten leichter, da das Hierarchiegefälle geringer ist.

Was kann man in einer Ordination erkennen?
In der Praxis bekommt man zumindest einen Eindruck von der Hygiene, man kann sich das Ambiente anschauen und das Zusammenspiel zwischen den Mitarbeitern, das Klima. Auch die Art und Weise, wie ein Arzt die Anamnese macht, ob er den Patienten anschaut oder den Computer, hat einen Einfluss darauf, wie ernst genommen man sich fühlt.

Was braucht es, damit Patienten sich optimal informieren können?
Aus meiner Sicht sollte es unabhängige Internetseiten geben, die auf Basis standardisierter Qualitätsauswertung Aussagen treffen. Für den Spitalsbereich gibt es schon den Spitalskompass, bei dem man sich einen Überblick über die einzelnen Krankenhäuser, Häufigkeit durchgeführter Operationen usw. verschaffen kann. Dieser Spitalskompass sollte weiter entwickelt werden, um genauere Aussagen z.B. über Infektionsraten und Dauer der Intensivaufenthalte nach Operationen, Wiederaufnahmeraten bei bestimmten Krankheitsbildern usw. treffen zu können. Etwas Vergleichbares, angepasst an die Fragestellungen im niedergelassenen Bereich, sollte es zukünftig auch für diesen geben.

Wo Sie Infos über Ärzte finden können

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