Wie eine FPÖ-Gemeinderätin die bundesweite Neuwahl lostrat

Isabella Lehner (52) hat den Stein ins Rollen gebracht.
Auslöserin der Wahlanfechtung Isabella Lehner: "Würde mir Hofer wünschen."

"Es ist, als hätte ich einen Schneeball geworfen. Dass daraus so eine Lawine wird, hätte nicht einmal die FPÖ gedacht", sagt die Kärntnerin Isabella Lehner.

Stark vereinfacht gesagt, ist es der Reinigungsfachkraft zu "verdanken", dass die Bundespräsidenten-Stichwahl nun am 2. Oktober wiederholt werden muss.

Die 52-Jährige ist FPÖ-Gemeinderätin in Villach und seit 2013 Wahlbeisitzerin in der Bezirkswahlbehörde. Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen war sie nie dabei – "ich dachte immer, das ist nicht notwendig". Sie habe – wie so viele andere aus den 14 Bezirken, in denen vom Verfassungsgerichtshof Fehler festgestellt wurden – auf die Beamten vertraut.

Sie erfuhr erst aus der Zeitung, was ihre Pflichten als Wahlbeobachterin sind. Dort las sie kurz vor der Stichwahl, dass die Anwesenheit der Beisitzer sehr wohl erforderlich ist – am Tag nach dem Wahlsonntag, um 9 Uhr. Dann hat sie als Fleißaufgabe sogar noch im Gesetz nachgeschlagen. "Also bin ich hingegangen. Aber da waren die Stimmzetteln schon fertig ausgezählt und verpackt."

Aufschrei bis nach oben

Als Montagabend klar war, dass Hofer doch nicht – wie es Sonntagnachmittag lange den Anschein hatte – in die Hofburg einzieht, hatte ihr Aufschrei bei den Blauen bereits die Runde gemacht. Am Vormittag war sie dem Sohn des EU-Abgeordneten Andreas Mölzer, Wendelin, über den Weg gelaufen. Gemeinsam riefen sie den Kärntner FPÖ-Klubchef Christian Leyroutz an. Dieser machte einen Rundruf in anderen Bezirken, wo es ähnliche Vorfälle gegeben hatte. Dann wurde die Bundespartei ins Bild gesetzt. Der Rest ist Geschichte.

Bei der Verhandlung der FPÖ-Wahlanfechtung am Höchstgericht musste Lehner als Zeugin aussagen. "Ich hab’ g’scheppert wie ein Kluppensackl, so nervös war ich. Aber als ich dann da vorne gestanden bin, die 14 Richter vor mir, hab’ ich alles andere ausgeblendet", schildert sie.

"Einfach die Wahrheit"

Die Reinigungsfachkraft hat mit ihrer resoluten Art Eindruck gemacht. Vom Nachrichtenmagazin profil wurde sie sogar zur "besten Zeugin" gewählt. Lehner winkt ab: "Ich hab’ einfach die Wahrheit gesagt. Die Richter haben mir das Gefühl gegeben, dass es ihnen nicht um meine Schuld geht, sondern dass sie wirklich wissen wollen, was passiert ist."

Apropos Schuld: Auch gegen die 52-Jährige wird jetzt wegen falscher Beurkundung ermittelt, denn auch sie hat das Protokoll einer Auszählung unterschrieben, der sie nicht beigewohnt hat.

Ihre Signatur hat sie aber durchaus nicht leichtfertig gegeben. Noch ein Punkt, der sie von den anderen Beisitzern unterscheidet: "Ich hab’ einen Aktenvermerk verlangt, weil die Auszählung so, wie es im Protokoll gestanden ist, nicht stattgefunden hat." Später habe sie aber feststellen müssen, dass im Aktenvermerk wieder falsche Angaben gemacht wurden. "Man hat mir dann gesagt, ich soll Ruhe geben, es ist eh schon alles vorbei", erzählt Lehner, und muss rückblickend lachen.

An der öffentlichen Debatte zur Wahlanfechtung habe sie gestört, dass Beisitzer wie "Trotteln" hingestellt worden seien. Seit den 90er-Jahren sei sie Wahlleiterin in einem Sprengel – dort liege immer ein Leitfaden auf, damit sei alles klar. "In den Bezirken haben wir uns bei den rechtlichen Dingen aber auf die Beamten verlassen müssen. Es wäre eigentlich logisch, dass die sich auskennen", erklärt sie.

"Wissen jetzt,wie’s geht"

Da will Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) jetzt nachschärfen: Er kündigt Schulungen für die Landes- und Bezirkswahlbehörden und einen überarbeiteten Leitfaden an. Reicht das, damit die kommenden Wahlen korrekt ablaufen – vor allem die Wiederholung der Stichwahl am 2. Oktober? "Ich glaube, dass wir durch diese Geschichte alle sehr viel gelernt haben. Wir wissen jetzt zumindest, wie es nicht geht", sagt Lehner.

An Motivation für den zweiten Versuch der Stichwahl mangle es der FPÖ-Gemeinderätin nicht, betont sie, und es sei ihr auch recht, wenn Alexander Van der Bellen Präsident wird. "Ich würde mir aber natürlich Norbert Hofer wünschen."

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