Wie die Telekom Politiker schmierte

Wie die Telekom Politiker schmierte
Aktive und frühere Politiker von BZÖ, FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie Vereine aus deren Umfeld langten jahrelang bei der teilstaatlichen Telekom ungeniert zu. Das bestätigen neue eMails und Zeugen im U-Ausschuss.

Die Telekom dürfte lange Zeit gleich für mehrere Parteien wie ein Bankomat funktioniert haben: Man braucht Geld, also geht man hin, nennt eine Summe – und bekommt sie. Das BZÖ etwa befand sich im Wahljahr 2006 in Geldnöten. Die Telekom sprang ein: mit knapp einer Million Euro.

Wie unkompliziert das funktionierte, schilderte am Mittwoch die Werberin Tina Haslinger dem U-Ausschuss. Sie wurde für den Vorzugsstimmenwahlkampf der damaligen BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger engagiert. Deren Pressesprecher habe sie informiert, dass ihr Honorar von der Telekom kommen würde. Die Telekom habe ihr eine vorgefertigte Rechnung mit erfundenen Leistungen geschickt.

"Diese Leistungen gab es nicht", sagte Haslinger. Ihre Leistung war der Wahlkampf für Gastinger. Die sagte dem Ausschuss am Mittwoch, sie habe von nichts gewusst. Von den 240.000 Euro, die die Telekom überwies, flossen nur 16.000 in Gastingers Kampagne. 24.000 erhielt Haslinger als Honorar, 200.000 gingen an den Werber Kurt Schmied, der für das Bundes-BZÖ und Landes-Parteien wahlkämpfte. Schmied beschrieb das System am Dienstag exakt so wie Haslinger: Auch er habe für das BZÖ gearbeitet, sei aber über "erfundene" Rechnungen von der Telekom bezahlt worden. "Eine Leistung für die Telekom hat es nie gegeben." Auch er musste einen Teil der 720.000 Euro, die ihm überwiesen wurden, auf BZÖ-Geheiß weitergeben: an die Partei-Agentur Orange. Die Telekom war nicht nur für das BZÖ eine Geldquelle. Auch andere Parteien dürften das teilstaatliche Unternehmen als Selbstbedienungsladen gesehen haben.

FPÖ-Wahlkampf

So ist aktenkundig, dass der EU-Wahlkampf der FPÖ 2004 von der Telekom mit 500.000 Euro finanziert worden sein dürfte. Das geht laut profil aus einem Dossier der Staatsanwaltschaft hervor. Im Visier der Behörden steht vor allem die Firma des Ex-FPÖ-Werbers Gernot Rumpold. Offiziell soll er für die 500.000 Euro "Studien und Konzepte" für die Telekom erstellt haben.

Die Justiz dagegen meint, dass Rumpold und dessen Ex-Frau der Telekom etwa zur Bewilligung für Funkmasten verholfen haben. Nun laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechung von Amtsträgern. Brisant: FPÖ-Chef Strache war 2004 Vize-Parteiobmann (unter Jörg Haider) – und geschäftlich mit Rumpold verbandelt. Strache weist die Vorwürfe zurück. In den Genuss von Telekom-Unterstützungen dürfte auch die ÖVP bzw. ihr nahestehende Personen gekommen sein. Das berichtet News . Dessen Aufdecker Kurt Kuch hat 200.000 eMails des Telekom-Managements aus den vergangenen zehn Jahren durchforstet.

ÖVP-Gefallen

150.000 Euro flossen demnach über den Kontakt von Ex-VP-General Fritz Kaltenegger an den VP-Verein "Forum Land". Bekannt ist, dass der Fußballklub SV Sierning (Heimatklub des Ex-Finanzministers und damit obersten Telekom-Eigentümer-Vertreters Molterer ) 25.000 Euro von der Telekom bekommen hat.

Ex-ÖVP-Sicherheitssprecher Wendelin Ettmayer ließ sich von der Telekom einen Kitzbühel-Aufenthalt finanzieren. Gedacht waren zwei Tage rund um das Hahnenkamm-Rennen; Ettmayer blieb gleich eine Woche. ÖVP-Staatssekretär Franz Morak bat um einen Tourbus für die Band seines Sohnes (den er nicht bekam). Je 3000 Euro flossen 2006 und 2007 an die Zeitung der Christgewerkschafter.

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch sagte zu den Enthüllungen, in der ÖVP-Buchhaltung fänden sich "keine Zahlungen der Telekom". Als Kontaktmann zwischen der Telekom und der Politik fungierte meist der Lobbyist Peter Hochegger, der am Donnerstag im U-Ausschuss aussagen wird. Er behauptet in einem News -Interview, dass 28 einstige Politiker und Funktionäre für ihn gearbeitet hätten – aus allen Parteien. So war etwa SPÖ-Technologiesprecher Kurt Gartlehner für Hochegger tätig. Er soll ab Mitte 2007 für eineinhalb Jahre monatlich 3000 Euro erhalten haben. Gartlehner sagt, er habe Hochegger über "Windparks in Osteuropa" und nicht in Telekom-Fragen beraten.

Hochegger berichtete der Telekom aber offenbar sehr wohl von einschlägiger Lobbying-Tätigkeit des SPÖ-Politikers in seiner Partei. Dass es bis heute keine Transparenzregelungen für die Parteifinanzen gibt, verwundert angesichts der finanziellen Zuwendungen nicht. Geber und Nehmer haben kein großes Interesse daran. Das belegt ein eMail zwischen zwei einflussreichen Telekom-Mitarbeitern Anfang 2009. Darin hieß es: "Wir kämpfen auf allen Ebenen gegen die Anti-Korruptionsbestimmungen." Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

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