Denn in der Ländle-Wirtschaftsmetropole Dornbirn setzt sich ein urbaner Negativtrend für die ÖVP fort. Der macht auch vor den anderen zwei schwarzen Kernländern im alpinen Westen – Tirol und Salzburg – nicht Halt, in denen die Volkspartei in der Vergangenheit nicht nur am Land, sondern auch in vielen Städten das Sagen hatte.
Strategisches Problem
„Die Probleme der ÖVP sind viel mehr als ein Tröpflein“, sagt Politikwissenschafter Peter Filzmaier in Anspielung auf die Wermut-Analyse des Vorarlberger Landeshauptmanns. „Man wird in den Städten immer schwächer und hat vor allem ein langfristiges strategisches Problem. Denn es wächst die Stadtbevölkerung und es schrumpft die Landbevölkerung.“
In Vorarlberg stellt die ÖVP nunmehr in nur noch zwei von fünf Städten den Bürgermeister. 2015 verlor sie Hohenems an den Ex-FPÖ-Landeschef Dieter Egger, der nun bereits zum zweiten Mal sein Amt in direkter Wahl verteidigen konnte.
2020 setzte sich Ex-SPÖ-Chef Michael Ritsch in der Landeshauptstadt Bregenz überraschend in einem Duell gegen ÖVP-Langzeit-Bürgermeister Markus Linhart durch. Dieses Mal musste Ritsch nicht einmal mehr in die Stichwahl, obwohl die Volkspartei ihren langjährigen Landtagsklubchef Roland Frühstück ins Rennen geschickt hatte. Der 67-Jährige war chancenlos.
Schwere Niederlage in Innsbruck
Auf ein junges Gesicht hatte ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle in Tirol 2024 bei der Mission „Rückeroberung der Landeshauptstadt Innsbruck“ gesetzt. Aus der Position eines Staatssekretärs gestartet, war aber für den damals 35-jährigen Florian Tursky nichts zu holen.
Trotz Wahlkampfkosten von über einer Million Euro und der Fusion mit der 1994 vom späteren ÖVP-Landeshauptmann Herwig van Staa gegründeten Abspaltung „Für Innsbruck“, die bis zum Sieg des Grünen Georg Willi 2018 die Stadtchefs stellte, kam Tursky in der Bürgermeisterwahl nur auf Platz fünf.
Den Sieg über Willi trug ausgerechnet der von der ÖVP ausgebootete und mit eigener Liste angetretene Johannes Anzengruber davon.
Bürgermeisterwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Der ÖVP gelingt es aber offenkundig immer schwerer, im städtischen Bereich zugkräftige Kandidaten zu präsentieren.
„Solche Personen werden ja nicht vom Osterhasen oder vom Christkind gebracht. Sie sollten das Ergebnis eines langfristigen Rekrutierungsprozesses sein. Da scheitert die ÖVP zunehmend“, sagt Filzmaier.
Stadt um Stadt in Tirol verloren
Abseits von Innsbruck hat die ÖVP etwa in Tirol seit 2010 die städtischen Bürgermeisterämter in Kufstein und den einstigen schwarzen Hochburgen Lienz, Hall und Schwaz verloren. „Es scheint, als ob bei der ÖVP der Umdenkprozess noch nicht stattgefunden hat, dass das keine Erbpachten sind, bei denen es egal ist, wenn man aufstellt“, glaubt der Politikwissenschafter.
Es sei etwa bei der Vorarlberger Volkspartei wohl nicht gesickert, dass sie tatsächlich eines Tages Dornbirn verlieren könnte. Es würden aber wohl auch generell noch zu sehr Kandidaten nach Parteilogik und „nicht nach dem Kriterium Wählbarkeit“ ausgewählt, vermutet der Forscher.
In Salzburgs Landeshauptstadt wurde das etwas mehr als sechsjährige Bürgermeister-Intermezzo der ÖVP 2024 von Bernhard Auinger (SPÖ) wieder beendet. Hallein ist seit 2019 ebenfalls zurück in roter Hand, St. Johann im Pongau wurde vergangenes Jahr durch die SPÖ erobert.
Das urbane Problem der ÖVP ist aber kein reines Westphänomen. In Österreichs beiden größten Städten gibt es zwar keine Bürgermeister-Direktwahl, „aber auch in Wien und Graz ist die ÖVP im Nirgendwo“, attestiert Filzmaier.
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