Der Grund: Die Ermittler wollten sichergehen, dass die Verdächtigen in der Früh auch wirklich zu Hause sind.
„Es kann ja passieren, dass Betroffene frühmorgens laufen gehen oder mit dem Hund unterwegs sind“, erzählt ein Ermittler. „Wenn sie beim Nach-Hause-Kommen dann fremde Autos vor der Tür sehen, kann es passieren, dass sie flüchten oder wichtige Gegenstände wie das Handy verschwinden lassen.“
100 Beschuldigte
Im Justiz-System gilt die WKStA bisweilen als Elite-Behörde, man kümmert sich um die aufwendigen, die extrem komplexen Fälle.
„Wir führen 70 Prozent aller Großverfahren in Österreich“, sagt eine Sprecherin. Manche Verfahren seien allein von der Zahl der Verdächtigen („bis zu 100 Beschuldigte“) und vom Sachverhalt derart mächtig, dass die Bene-Ordner des Papierakts 60 bis 70 Kisten füllen. Wider die landläufige Meinung hat die WKStA zwar besondere Aufgaben, aber rechtlich keine besonderen Befugnisse. Anders gesagt: Sie darf formal nicht mehr oder weniger als Staatsanwälte in Linz, Klagenfurt oder Eisenstadt.
Was die Korruptionsjäger freilich massiv unterscheidet, ist die Art, wie man ermittelt. Da ist zunächst einmal die Tatsache, dass alle Akten digitalisiert werden. Das bedeutet: Wenn man in Zehntausenden Seiten einen Namen oder ein Stichwort finden will, kann man das mit der Suchfunktion am Laptop erledigen – andere Staatsanwälte haben diese Möglichkeit – noch – nicht.
Hinzu kommt: Die Staatsanwälte in der WKStA arbeiten ausnahmslos im Team, Einzelkämpfer gibt es nicht.
Da hilft es, dass man als Strafverfolger in der WKStA einiges an Erfahrung vorweisen muss. In der Regel beginnt man hier erst, wenn man zuvor mindestens fünf Jahre in einer anderen Staatsanwaltschaft gearbeitet hat.
Obwohl WKStA-Staatsanwälte besser bezahlt werden (besoldungsrechtlich sind alle Oberstaatsanwälte), ist die Behörde derzeit unterbesetzt. Warum? Ein Grund ist wohl, dass man als WKStA-Ermittler nicht nur im Apparat, sondern vor allem extern exponiert ist. „Es ist für viele belastend, den eigenen Namen in U-Ausschüssen oder bei Pressekonferenzen zu hören“, erzählt ein früherer WKStA-Staatsanwalt.
Der wesentliche Unterschied zu anderen Staatsanwälten ist, dass sie selbst akribisch, Kritiker meinen: zu detailverliebt, ermitteln.
Viele Staatsanwälte in der WKStA haben Zusatzausbildungen in Betriebswirtschaft oder Unternehmensführung. „Das hilft beim Aktenstudium“, sagt ein Ermittler, „und es ist hilfreich bei den Einvernahmen.“
10 Experten
Und dann gibt es da noch die zehn Experten: Direkt in der WKStA sitzen ehemalige Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und IT-Fachleute, die die Staatsanwälte unterstützen. Die WKStA muss also nicht bei jeder komplizierten Frage um viel Geld und mit entsprechender Wartezeit externe Gutachter beauftragen, sondern kann vieles vor Ort erledigen. Dazu gehört das Auslesen von Handys oder Festplatten.
Die Tatsache, dass zum Beispiel über Hausdurchsuchungen lange vor deren Durchführung spekuliert wird, weil findige Anwälte dies antizipieren, ist für die WKStA übrigens Routine. Ein Ermittler plaudert aus dem Nähkästchen: „Man weiß als Betroffener ja trotzdem nie, wann die Hausdurchsuchung kommt, und ob man nicht beschattet wird, wenn man Unterlagen in ein anderes Versteck bringt.“ Erfahrungsgemäß seien bei großen Korruptionsdelikten die wichtigsten Unterlagen nicht Hunderte Kilometer entfernt, sondern oft in Griffweite. „Weil man sich regelmäßig mit Mittätern absprechen muss.“ Und bisweilen stünden sich die Täter selbst im Weg. „Erfahrene Ermittler sind nicht so leicht zu täuschen. Die wissen, in welchen Zwischendecken oder hinter welchen Fliesen Menschen Unterlagen und USB-Sticks gern verstecken.“
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