Wie 250 Meter hohe Windkraftwerke mit Schwertransportern entstehen

Wie 250 Meter hohe Windkraftwerke mit Schwertransportern entstehen
Im KURIER-Interview erzählen Kran- und Schwertransportunternehmer Christian Prangl und Stefan Moidl von der IG Windkraft über die Herausforderungen und Chancen der Windkraft in Österreich

Die Revolution der Windkraft in Österreich wird kommen: Bis 2030 soll die Leistung der Windparks verdreifacht werden, dabei dürfte sich die Anzahl der Windräder aber nur von derzeit 1300 auf rund 2000 erhöhen. Möglich macht das "Re-Powering" alter Anlagen, indem die Türme deutlich vergrößert werden. Anlagen mit einer Höhe über 250 Meter sind geplant.

Die Unternehmer Christian Prangl (Schwertransport und Kräne) und Stefan Moidl (IG Windkraft, der Dachverband der Industrie) geben im Gespräch mit dem KURIER Einblick, was die bisherigen Probleme waren, welche Herausforderungen, aber auch Chancen aus ihrer Sicht durch den massiven Windkraft-Ausbau.

Wie 250 Meter hohe Windkraftwerke mit Schwertransportern entstehen

KURIER: Wir hören immer von den Green Jobs als möglicher Konjunkturmotor. Aber gibt es diese Jobs überhaupt aus Ihrer Sicht?
Christian 
Prangl: Also hunderprozentig gibt es die. Ich kann jetzt nur aus eigener Erfahrung sprechen, und schlussendlich sind wir ein Unternehmen, das man per se nicht mit Green Jobs verbinden würde, weil wir sehr große Geräte haben, die leider immer noch Diesel konsumieren müssen, da die Leistungen, die wir auf die Straße bringen müssen, derzeit mit alternativen Antrieben nicht möglich sind. Alleine in unserer Firma werden durch die Windenergie zwischen 80 und 120 Jobs gesichert. Bei der Windenergie sind wir nicht nur in Österreich tätig, sondern auch in Schweden, Polen, Deutschland, Litauen, Kroatien oder auch Bosnien-Herzegowina. Wir hatten aber auch schon Anfragen aus Kanada, Brasilien oder Australien. Viele nationale und internationale Windparks wurden mit unserer Mithilfe installiert.

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Österreich will ein Gesetz beschließen, mit dem die Windkraft bei uns verdreifacht werden soll. Sie führen eine Kranfirma, und haben das Knowhow, aber was braucht es denn noch, um einen Windpark zu bauen?
Prangl: Da ist eine Vielzahl an Unternehmen beteiligt, zuerst einmal Baufirmen, die neue Fundamente installieren oder beim Vergrößern bestehender Anlagen alte Fundamente abtragen müssen, dann braucht man eine Verkehrsanbindung, eine Zuwegung, bevor die Transporte kommen können, die bringen die Windkraft-Technik, die Getriebe, die bis zu 75 Meter langen Rotorblätter und so weiter. So eine Baustelle dauert in der Regel mehrere Monate. Die logistische Vorplanung dauert ebenfalls Monate, manchmal sogar Jahre. Ich möchte auch betonen, dass die Zulieferindustrie aus Österreich im Bereich der Windenergie sehr stark und teilweise weltmarktführend ist.

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Und wie sieht die Auftragslage aus?
Stefan Moidl: Seit 2015 waren über 300 Projekte in der Warteschleife, die jetzt, jedenfalls in den nächsten vier Jahren, gebaut werden. Alleine in den nächsten zwei Jahren werden 180 Anlagen gebaut. Die bringen in etwa zwei Terawattstunden, das Ziel der Regierung nur für die Windkraft sind bis 2030 rund 10 Terawattstunden. Das ist machbar, wenn wir durchschnittlich 120 Anlagen pro Jahr errichten oder erneuern. Unser Problem in der Vergangenheit war diese Stopp-und-Go-Politik, die eine verlässliche Planung sehr schwer gemacht hat.

Wird das jetzt besser, und wie viel wird gebaut werden müssen?
Moidl: Mit dem neuen Gesetz wird ein konstanter Ausbau von etwa 120 Anlagen pro Jahr möglich werden, das sind nicht alles neue Anlagen, sondern zum Teil werden alte modernisiert, vergrößert und effizienter gemacht. Derzeit produzieren 1300 Anlagen sauberen Windstrom, bis 2030 rechne ich mit insgesamt 1900 bis 2000 Anlagen, mit denen wir die Ziele für die Windkraft erfüllen werden.

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Noch ist das Gesetz nicht in Kraft. War diese Stopp-und-Go-Politik für die Betriebe wirklich so ein Problem?
Prangl: Wir hatten einfach keine Planungssicherheit. Ein Kran, der so ein Windrad aufstellen kann, kostet zwischen fünf und neun Millionen Euro, weil die hunderte Tonnen Gewicht heben müssen. Diese Kräne werden mit 30, 40 LKWs antransportiert, und es braucht mehrere Tage, um die dann aufzubauen. Das sind alles Investitionen, die man nur verantworten kann, wenn klar ist, dass diese Kräne auch für viele Projekte ausgelastet sind. Das gilt aber nicht nur für mich, sondern für alle Unternehmer der Windkraftbranche. Uns hat diese Stopp-und-Go-Politik dazu gezwungen, in den vergangenen Jahren viel mehr im Ausland zu investieren, in Deutschland, Polen, sogar in Schweden, und eben kaum in Österreich, weil die Gesetzgebung und Förderpolitik das nicht ermöglicht haben.

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Wie baut man solche Windkraftanlagen eigentlich auf Berge?
Prangl: Wir sind sehr aktiv in alpinen Windparks. Das wird nie die Masse werden, aber das sind auch wesentlich Standorte. Allerdings erfordern diese Projekte eine besonders intensive Planung unsererseits, das dauert zumeist mehrere Jahre. Da entwickeln wir ganz spezielles Equipment, mit dem wir sehr schonend die riesigen Teile, v.a. die Rotorblätter und Turmsegmente, auf den Berg bringen können. Man müsste wahnsinnig viele Bäume roden, damit man die riesigen Windflügel über Serpentinenstraßen transportieren kann. Wir haben da ganz spezielles Equipment entwickelt, mit denen man diese Rotorblätter auf den Schwertransportern hochkippen kann, damit wir auch geringe Kurvenradien bewältigen können und so kaum mehr Bäume gefällt werden müssen. Um den Kurvenradius weiter zu reduzieren, verzichten wir zudem auf ziehende LKWs sondern verwenden stattdessen ferngesteuerte Schwerlastmodule. Da versuchen wir mit viel Aufwand, auf die Ökologie zu schauen.

Wenn wir von derzeit 1300 Anlagen auf etwa 2000 Anlagen bis 2030 kommen werden, heißt das auch, dass ein kleiner Teil der zusätzlichen Leistung aus dem Repowering kommt, aus der Vergrößerung bestehender Anlagen. Worum geht es da konkret?
Moidl: Anlagen müssen in der Regel nach 20 Jahren ersetzt werden. Da sieht man aufgrund der erbachten Leistung, welche Anlagen vergrößert werden könnten. Deshalb wird die Anlagenanzahl insgesamt nicht so stark steigen, obwohl mit drei Mal so viel Leistung Windstrom produziert werden wird. Die Windkraftwerke müssen aber beim Repowering einen gewissen Abstand, in die Hauptwindrichtung etwa fünf Rotordurchmesser, in die Nebenwindrichtung etwa drei Rotordurchmesser, haben, damit sie sich nicht gegenseitig abschatten. Das heißt auch, ich muss die bestehenden Anlagen vollständig abbauen, die Fundamente abschremmen und wieder mit Erde zuschütten, man sieht danach nichts mehr und die Fläche kann wieder landwirtschaftlich genutzt werden. Und dann müssen ganz neue Fundamente gebaut werden.

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Prangl: Das Repowering alter Anlagen gewinnt für uns zunehmend an Bedeutung. Weil wir ja nicht nur den Transport und den Aufbau machen, sondern auch den Abbau und den Abtransport alter Anlagen durchführen. Das erfordert ebenfalls sehr viel Planung und braucht viele Beschäftigte. Die alten Anlagen werden ja nicht einfach weggesprengt, sondern es wird alles sorgsam abgebaut und runtergehoben. Übrigens wird das nicht alles verschrottet, sondern es gibt oft eine Nachnutzung dieser Anlagen.

Derzeit gibt es fast nur in Ostösterreich Windkraft. In Kärnten sind nur zwei Windräder, in Salzburg, Tirol, Vorarlberg gar keines. Sehen Sie da auch ein Problem mit den Bundesländern?
Prangl: Die größte Fläche haben wir definitiv im Burgenland und in Niederösterreich, im alpinen Bereich haben wir auch in der Steiermark Projekte. Aber soweit ich weiß gäbe es in allen Bundesländern geeignete Standorte.

Moidl: Das hat zwei wesentliche Gründe. Es kommt darauf an, wie die Landespolitik agiert, ob die Rahmenbedingungen für alle erforderlichen Bewilligungen gegeben sind. Da sieht man gut, Oberösterreich war ein Pionierland bei der Windkraft, dann haben sich die politischen Mehrheiten geändert, und seither war nur sehr wenig möglich. In Kärnten haben sie absurde Abstandsregeln verlangt. Der andere Faktor ist die Förderhöhe, die über lange Zeit für alle gleich war, obwohl die Situation der Standorte sehr unterschiedlich ist. Das ist ein Weg, den andere Staaten nicht gegangen sind, dort gibt es Förderungen, die vom Standort abhängig sind, das macht auch Sinn und ist viel effizienter. Jetzt wird das auch bei uns möglich sein. Insofern bin ich optimistisch, dass wir auch in den anderen Bundesländern wieder Anlagen errichten können.

Nach Niederösterreich und dem Burgenland wird auch in der Steiermark viel Windkraft erzeugt, wie waren da die Bedingungen?
Moidl: In der Steiermark war der Start etwas später, weil die technische Umsetzung viel schwieriger ist. Erst durch die moderne Technik wie von Herrn Prangl beschrieben, wurde der Aufbau und das Betreiben leichter möglich.

Prangl: Gerade in der Steiermark hat man lange Zeit den höchsten Windpark der Welt gebaut, das war echte Pionierarbeit. Damals mussten die Flügel mit Hubschraubern hinaufgelogen werden. Jetzt haben aber Rotorblätter die Eigenschaft, dem Wind möglichst viel Angriffsfläche zu bieten, das war also ein höchst gefährliches Prozedere. Es ist dann auch nur teilweise gelungen, und es mussten erst recht wieder LKWs übernehmen. Genau das Projekt haben wir uns zum Anlass genommen zu schauen, wie man das besser und möglichst sicher machen kann, und ohne schwere Eingriffe in die Natur, und ganz neues Equipment gemeinsam mit einem namhaften deutschen Auflieger-Hersteller entwickelt.

Moidl: Und genau solche Innovation mit den Transportern mit den hochgestellten Flügeln war enorm wichtig, weil ich jetzt auch durch kleine Ortschaften fahren kann, wo ich mit langen Flügeln gar nicht durchgekommen wäre. Und so müssen wir auch keine Ersatzstraßen bauen.

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Und wie sehen Sie die Zukunft für die Windkraft-Branche?
Prangl: Der Weg hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung wird gelingen, davon bin ich überzeugt, auch weil die Förderkosten der Windenergie im Verhältnis nur gering sind. Und ich will da auch betonen, abgesehen von meiner Firma, wird dieses Gesetz ein Konjunkturtreiber sein, der Arbeitsplätze sichert für eine gute Sache. Wir bauen ja keine Kernkraftwerke sondern Erneuerbare Energien, und das ist zum Wohl der Gesellschaft und der kommenden Generationen.

Moidl: Wir werden in den nächsten zwei Jahren Jahr rund 1 Milliarde Euro investieren in neue Windkraftanlagen, in elektrischen Bodenleitungen, in die Fundamente, in die Zuwegung. Das sind ja enorme Summen, die da bewegt werden, die uns auch eine dauerhafte Energieversorgung sichern und Arbeitsplätze schaffen. Wir haben jetzt ungefähr 4.000 Personen, die in Österreich insgesamt in der Windbranche arbeiten, bei den Betreibern, bei den Zulieferern, Dienstleistungsfirmen, auch natürlich bei der technischen Industrie. Da haben wir ja einige tolle Firmen in Österreich mit großen Knowhow und einer hohen Qualität, die in ganz Europa gefragt sein wird. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz könnte allein auf den Windrad-Baustellen 30.000 Arbeiter beschäftigen.

Prangl: Wenn ich jetzt eine Planungssicherheit für die nächsten neun bis zehn Jahre habe, kann ich weit beruhigter in Equipment investieren, ich kann weit beruhigter Mitarbeiter schulen und trainieren und auch neue Mitarbeiter aufnehmen, wenn ich weiß, dass ich die auch in den kommenden Jahren beschäftigen kann. Ich gehe davon aus, dass das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz ein massiver Treiber für neue Jobs sein wird, in allen Bereichen, eine echte Win-Win-Situation.

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