"Luder" laut Büro von Tiroler VP-Landesvize "nicht zwingend negativ"
Die Aufregung um Tirols Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP), der am Mittwoch am Landhausplatz eine WWF-Aktivistin als "widerwärtiges Luder" bezeichnet hatte, hat die Opposition weiter zu Kritik veranlasst. Die SPÖ-Frauen zeigten sich in einer Aussendung "entsetzt" über den "respektlosen Umgang", die NEOS fordern eine "offizielle und aufrichtige Entschuldigung".
Am Freitag wurden zudem erklärende Worte aus dem Büro Geislers offenbar, die in den sozialen Medien umgehend für Aufruhr sorgten.
"Schlitzohrige, hartnäckige Person"
Die Süddeutsche Zeitung berichtet, von einer Sprecherin auf Nachfrage eine "ausgefallene Erklärung" für die beleidigenden Worte erhalten zu haben. Der Landeshauptmann-Stellvertreter habe den Ausdruck "ohne jedwede Aggression verwendet", erklärte sie demnach. "Luada" werde "in Tirol umgangssprachlich für eine schlitzohrige, hartnäckige Person verwendet, die einen austrickst".
Der Ausdruck sei zudem "nicht zwingend negativ". Dazu erhielt die SZ noch folgenden geradezu sprachwissenschaftlichen Hinweis: "Ursprünglich stammt der Begriff 'Luder' - wie Sie sicher wissen - aus der Jägersprache und bezeichnet einen Köder zum Anlocken von Raubtieren."
Dass das Wort "Luada" auch mit dem eindeutig abwertenden Attribut "widerwärtig" versehen worden ist, wurde offenbar nicht weiter kommentiert.
Dennoch bezeichnete die Sprecherin die Äußerung gegenüber der SZ als "inakzeptabel, wenngleich sie in keiner Weise frauenfeindlich gemeint war". Geisler werde sich noch schriftlich bei der Aktivistin entschuldigen. Via KURIER hatte sich Geisler bereits entschuldigt, es sei "keine absichtliche Beleidigung“ gewesen, sagte der ÖVP-Politiker.
"Eklat bei Petitions-Übergabe"
Ruf nach Konsequenzen
Der Tiroler Neos-Klubobmann Dominik Oberhofer zeigt sich dennoch entsetzt von den aktuellen Erklärungen aus Geislers Büro: "Diese Aussagen lassen tief blicken, man ist sich keiner Schuld bewusst." Oberhofer fordert nun nicht nur eine offizielle Entschuldigung, sondern auch Konsequenzen. "Solche Aussagen und Rechtfertigungen haben in einer Regierung keinen Platz. Das müssen vor allem auch die Grünen, wenn sie nur einen Schimmer von Glaubwürdigkeit behalten wollen, als Koalitionspartner einsehen."
Auch der Koalitionspartner in Tirol meldet sich kritisch zu Wort. "Wer sich in Ausreden windet statt sich klipp und klar zu entschuldigen, der muss sich erst recht hinterfragen“, findet die Grüne Frauenssprecherin Stephanie Jicha.
Dass die Aussage „widerwärtiges Luder“ mit Jägerlatein und anderen Erklärungsversuchen relativiert wurde und in der Tiroler Tageszeitung der Sexismus-Vorwurf zurückgewiesen wurde, mache die Sache für Jicha nur noch schlimmer. "Wenn 'widerwärtiges Luder' nicht sexistisch ist, was dann", so die Grüne.
Wortwahl "bei Mann wohl nicht"
"Derartige Entgleisungen offenbaren wieder einmal ein höchst hinterfragenswertes Frauenbild, das in Tirol immer noch viel zu häufig vorherrscht", sagten Tirols Landesfrauenvorsitzende NAbg. Selma Yildirim und ihre Stellvertreterin LAbg. Elisabeth Fleischanderl (beide SPÖ). "Solche Worte hätte Geisler wohl für einen Mann nicht gewählt", davon zeigten sie sich überzeugt.
Auch Enttäuschung über Felipe
Die Politikerinnen forderten "klare Worte der Distanzierung" und eine Stellungnahme von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und der Bundes-ÖVP. Auch von der bei dem Vorfall anwesenden LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) zeigten sie sich "enttäuscht", da sie bei der "herablassenden Äußerung das Lächeln nicht verliert und auch nicht widerspricht".
Auch Oberhofer von den Neos fand Kritik an Felipe. "Dass der grüne Koalitionspartner nur regungs- und tatenlos daneben steht, ist leider nichts Neues mehr", hieß es. Geisler müsse sich entschuldigen, ansonsten sei er "rücktrittsreif".
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