Causa Casinos: Postenvergabe im WhatsApp-Chatverlauf

Causa Casinos: Postenvergabe im WhatsApp-Chatverlauf
Eine Sondersitzung zur Causa im Parlament dürfte noch diese Woche Licht ins Dunkel bringen.

Die nächste politische Bombe ist geplatzt: Eine Reihe von Kurznachrichten vom Mobiltelefon des gefallenen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache mit dem damaligen ÖVP-Finanzministers Hartwig Löger zeigen, dass die "Deals" um Postenbesetzungen weiter gehen als nur bis zu den Casinos Austria.

Das zeigen Detailauswertungen von Straches Mobiltelefon, die Sonntagabend in mehreren Medien, darunter die Presse und Falter, aufgetaucht sind.

In den Unterlagen, die offenbar aus den Akten der Korruptionsstaatsanwaltschaft geleakt wurden, finden sich die Auswertungen des Materials, das bei Hausdurchsuchungen am 12. August 2019 bei Strache, dessen Klubchef Johann Gudenus, und dem (noch immer beurlaubten) Casinos-Finanzchef Peter Sidlo sichergestellt wurde.

Sie dürften Grund genug für die Korruptionsjäger gewesen ein, am 12. November auch noch bei dem früheren Finanzminister Hartwig Löger, dessen damaligen Generalsekretär und dem heutigen Chef der ÖBAG (Staatsholding Österreichische Beteiligungs AG, Anm.), Thomas Schmid, und dem Aufsichtsrats-Chef der Casinos, Walther Rothensteiner, und dessen Vize Josef Pröll die Häuser zu durchsuchen und Akten, Computer und Mobiltelefone zu beschlagnahmen.

"Lieber Hartwig", schrieb Strache etwa an Löger,

"Im Anschluss geht es schwer, das wir Verhandlungen mit dem Bundeskanzler haben. Am Nachmittag reden Schiefer und Schmitt (damit hat er wohl Lögers damaligen Kabinettchef Thomas Schmid gemeint), sowieso.

Und die haben für beide Seiten eine Vereinbarung fixiert. Beide haben bereits für ÖBIB/ÖBAG-neu vereinbart, dass wenn Schmitt AR-Vorsitzender (Vorstand der ÖBAG) ist, dann alle AR-Neubesetzungen sofort – nämlich 2019 erfolgen... vor der   Hauptversammlung im April vom Verbund, Post, OMV, BIG, etc. Alles andere wäre eine Provokation."

Und zuletzt schrieb Strache:

"Wir haben bei der ÖBB; Asfinag, Donau, etc alle eure 30 AR (Aufsichtsräte, Anm.) sofort umgesetzt.... in euren Ressorts warten wir bis heute... auch Telekom!

Ausgemacht war 2018/2019. das bitte sicherstellen und einhalten. Lg HC"

"Kurz will nichts wissen"

Die Presse zitiert aus einer weiteren Nachricht:

In einer Nachrichtengruppe, der sein Kabinettschef Heimo Probst, der FPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium Hubert Fuchs, Arnold Schiefer und Barbara Kolm, Vizepräsidentin des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank angehören, fordert er diese  auf:

"Bitte alle Vereinbarungen, welche mit Löger, Schmitt und co getroffen worden sind, sammeln und für mich dokumentieren.

Kurz will davon nichts wissen und das geht nicht....

Unser Entgegenkommen bei OeNB zu FMA-neu gibt es nur, wenn wir den zweiten Vorstand sofort bekommen (oder bis dorthin einen GS mit Zeichnungsberechtigung) und von den 5 AR (Aufsichtsräten) bzw. Direktoren 2 und darunter 2 Abteilungsleiter. Sonst gibt es keine FMA-Neu!
Auch die Vereinbarungen ÖBAG-Neu bitte mir aufbereiten... Wir stimmen nirgend wo mehr zu, wenn das nicht geklärt wird. Das war extra vereinbart und muss halten!!!!!"

Ermittelt wird seitens der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauch, Untreue und Bestechung.

Für alle genannten Akteure gilt die Unschuldsvermutung.

Löger verweist auf Casinos-Aufsichtsrat

Hartwig Löger erklärte Sonntagabend "Im Zentrum", er sei bei den genannten Postenbesetzungen "nicht involviert" gewesen. Löger verwies auf die Verantwortung des Casinos-Aufsichtsrats für die Bestellung des Finanzvorstands Peter Sidlo. Nicht er als Minister, sondern der Aufsichtsrat habe Sidlos Qualifikation zu prüfen gehabt, und habe ihn als Vorstand bestellt, sagte Löger in der Diskussion.

Angesprochen auf ein am Sonntag vom Falter veröffentlichtes SMS HC Straches, in dem sich dieser am 11. Februar 2019 für die Unterstützung Lögers bei den Casinos (CASAG) bedankte, sagte Löger, das habe ihn damals spontan geärgert. Er habe dann nur kurz etwas zurückgeschickt, nach dem Motto, "gib a Ruh". Löger hatte das SMS laut Falter mit dem Zeichen "Daumen hoch" beantwortet.

SPÖ, Grüne und Neos kündigten eine Sondersitzung des Parlaments an.

Was davor geschah

Der Fall rund um die Casinos Austria, die noch zu einem Teil in staatlicher Hand sind, entwickelt sich immer mehr zum Justizkrimi. Wahrscheinlich schon in dieser Woche wird auf Verlangen von SPÖ, Grünen und Neos eine Sondersitzung im Hohen Haus stattfinden.

Es geht um die Bestellung des Wiener FPÖ-Bezirksfunktionärs Peter Sidlo. Der 45-jährige Manager war bei der Finanzmarktaufsicht als auch bei einem Immobilienkonzern tätig, und wurde im März 2019 einer von drei Vorständen der Casinos Austria – auf einem Ticket der FPÖ.

Sidlo soll, wie der KURIER berichtete, seinen Vorstandsposten einer Abmachung zwischen der FPÖ und dem Glücksspielkonzern Novomatic verdanken. Im Gegenzug soll die FPÖ dem Glücksspielkonzern versprochen haben, sich für Online-Gaming-Lizenzen und Casino-Lizenzen sowie die Wiedereinführung des "Kleinen Glückspiels" in Wien einzusetzen. Das wird von allen Beteiligten bestritten.

"Kurz nicht informiert"

ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, der damals Aktionärsvertreter der Republik war, hatte in einem Interview mit der Krone angemerkt: Er habe seinen damaligen Chef, Bundeskanzler Sebastian Kurz, nicht über die Bestellungen bei den Casinos informiert.

"Das war eine Sache dreier Aktionärsvertreter der Casinos AG", sagt Löger zur Kronen Zeitung.

Er schließe auch Postenschacher aus. Die von der Exekutive auch bei ihm durchgeführte Hausdurchsuchung habe er erwartet: "Die hatte ich mir herbeigesehnt, damit ich endlich zur Aufklärung beitragen kann", so Löger. Er schließe aus, dass bei ihm Belastendes gefunden worden sei. Daher habe er auch keine Befürchtungen betreffend einer möglichen Anklage.

Welcher "Deal"?

Offen bleibt ein anders Detail: Es geht um eine Textnachricht von Sidlo an den damaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus (der wegen einer anderen, der Ibiza-Affäre, längst zurückgetreten und aus der FPÖ ausgetreten ist): "Hallo Joschi, ich habe mit meinen Freunden bzgl. Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen. Bitte Meeting für Anfang September koordinieren", schrieb Sidlo noch im August 2018.

Doch dieser Deal, so Sidlo, habe rein gar nichts mit etwaigen Deals für Novomatic zu tun: Es sei vielmehr um eine "Investmentidee" mit einem ihm bekannten institutionellen Investor mit Verbindungen zur tschechischen J&T Bank gegangen.

Das Dementi dieser Bank folgte umgehend am Sonntag: "Wir widersprechen den Angaben von Herrn Peter Sidlo gegenüber der APA. Herr Peter Sidlo ist für die J&T Banka eine völlig unbekannte Person, mit der die Bank noch nie in Kontakt gestanden ist und noch nie verhandelt hat. Darüber hinaus weist die J&T Banka ausdrücklich zurück, mit der Sazka Group oder Herrn Karel Komarek über einen möglichen Verkauf ihrer Anteile an der CASAG zu verhandeln", heißt es vonseiten der Bank.

"Absurd"

Auch die Sazka-Gruppe dementiert eine angebliche Verkaufsabsicht bezüglich ihrer Casinos-Anteile. "Die Erklärung von Herrn Sidlo muss als absurd und rein zweckmäßig mit dem Ziel gesehen werden, seine Handlungen zu rechtfertigen und die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu lenken", so die Sazka-Gruppe am Sonntag in einer Aussendung.

Diese Erklärungen veranlassten wiederum Sidlo zu einer neuen Stellungnahme: Er habe nie mit der Bank gesprochen, vielmehr ging es nur um eine Investmentidee.

IM ZENTRUM: Casino-Politik: Sind Top-Jobs käuflich?

Kommentare