„Die beste Bildung für alle“: Diese Forderung an sich selbst erhob die türkis-grüne Koalition im Regierungsprogramm schon auf Seite 6. Ganze 370-mal tauchen das Wort oder die Wortendung „Bildung“ in dem Arbeitsübereinkommen auf. Zweifellos war das also ein großes Anliegen.
Dreieinhalb Jahre später agiert der Bildungsminister nur noch in einem Krisenmodus, fern von Ansätzen für zentrale Bildungsreformen für eine „beste Bildung für alle“. Seit Monaten beschäftigt Martin Polaschek vor allem die Frage, wie man ausreichend Erwachsene finden kann, die vorne im Klassenzimmer stehen, um Kinder und Jugendliche, die der Schulpflicht unterliegen, auch beschäftigen oder im besten Fall unterrichten zu können.
Kaum etwas davon ist die Schuld von Bildungsminister Polaschek, aber alles ist sein Problem. Immerhin gibt er sich zuversichtlich, dass „wir im kommenden Schuljahr alle Unterrichtsstunden halten können“. Dafür musste er aber einige Register ziehen und kreativ werden.
Österreichs Schulsystem kostet fast 12 Milliarden Euro pro Jahr, der Großteil des Steuergeldes fließt logischerweise in die Gage der rund 120.000 Lehrer an rund fünfeinhalbtausend Schulen.
Welche Ausbildung die Pädagogen ab Herbst haben werden, ist höchst unterschiedlich:
- Der Großteil hat die Lehrerausbildung alt absolviert, wo es noch eine Unterscheidung zwischen Bundes- und Landeslehrern gab.
- Ab dem Studienjahr 2015/’16 wurde die Lehrerausbildung umgestellt: Die Grundausbildung an den Pädagogischen Hochschulen (PH) dauert nun vier Jahre, für eine Fixanstellung muss außerdem das 2019/20 erstmals angebotene Masterstudium (ein Jahr ) draufgesetzt werden. Dazu kommt noch ein Jahr Berufseinführung an der Seite eines erfahrenen Lehrers („Induktionsphase“). Die Ausbildungsphase dauert damit doppelt so lange wie die „alte“ Ausbildung.
- Seit einigen Jahren werden zudem auch Lehramtsstudenten, teilweise schon ab dem dritten Semester, normalerweise aber erst ältere Studierende in den Klassen eingestellt und von den Schulen angestellt.
- Forciert wurde zudem die Möglichkeit, dass Quereinsteiger unterrichten. Mit der Plattform klassejob.at hat Polaschek ein niederschwelliges Portal geschaffen, das Interessierte ansprechen soll. Wer ein „fachlich geeignetes oder facheinschlägiges Studium“ an einer Uni oder FH im Umfang von zumindest 180 Studienleistungspunkten (ETCS) absolviert hat, dazu eine „fachlich geeignete Berufspraxis im Ausmaß von drei Jahren (in Mangelsituationen braucht es 1,5 Jahre)“ vorweisen kann und ein „Eignungsfeststellungsverfahren“ positiv abgeschlossen hat (samt Bestätigung der Eignung der Zertifizierungskommission), darf ebenfalls sofort lehren. Berufsbegleitend muss man noch innerhalb der ersten drei Jahre einen Hochschullehrgang „Quereinstieg Lehramt Sekundarstufe“ absolvieren, in dem Fachwissen und Didaktik vermittelt werden. Knapp 1.350 Bewerber sind bereits fix dabei, beworben hatten sich rund 3.000. Zur Stunde sind (noch) 200 Vollzeitstellen unbesetzt.
Fix ist auch, dass die Studiendauer, die erst vor wenigen Jahren im Rahmen der Reform der Ausbildung verlängert wurde, wieder verkürzt wird. Regulär dürfen fertige Lehramts-Bachelor unterrichten, dieses Studium wird von acht auf sechs Semester verkürzt.
Polaschek merkte zudem an, dass es mehr Verwaltungspersonal und weniger Bürokratie an Schulen geben solle, auch versuche man, pensionsreife Pädagogen zum Bleiben und zur Rückkehr zu überreden. Er halte aber nichts davon, das Teamteaching (zwei Lehrer in den „Hauptfächern“ in einer Klasse) temporär auszusetzen oder, wie in Deutschland, die Klassengrößen doch wieder zu erhöhen.
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