"Wer nicht ins System einzahlt, bekommt weniger Sozialhilfe"

Außenminister Sebastian Kurz will bei Sozialleistungen eine Wartefrist für EU-Ausländer.

Als Sebastian Kurz im Juni des Vorjahres im KURIER laut darüber nachdachte, ob EU-Ausländer hierzulande auch dann Sozialleistungen bekommen sollen, wenn sie wenig oder gar nichts ins heimische Sozialversicherungssystem eingezahlt haben, wurde der ÖVP-Außenminister dafür heftig gescholten.

Die SPÖ warf ihm vor, plumpen Wahlkampf zu betreiben; und die Grünen ärgerten sich, dass der als gesellschaftsliberal geltende ÖVP-Minister plötzlich die Inhalte der FPÖ propagiere – und den "Hetzern" in die Hände spiele.

Notbremse

Seit wenigen Tagen scheint es allerdings, als würde die EU-Spitze die Wünsche des ÖVP-Ministers demnächst erfüllen. Denn der Kompromiss, den EU-Ratspräsident Donald Tusk mit Großbritanniens Premier David Cameron jüngst paktiert hat, um den Briten den Verbleib in der Union schmackhaft zu machen, erlaubt London zwei Maßnahmen, die Kurz auch in Österreich umsetzen will.

Welche sind das? Die erste Maßnahme ist eine sogenannte Notbremse bei den Sozialleistungen.

Diese sieht vor, dass ein Staat bei besonderen Belastungen (z. B. bei einer Flüchtlingskrise) die Sozialleistungen für EU-Ausländer teilweise aussetzen darf, um das System finanzierbar zu halten. Maximale Dauer: vier Jahre.

"Wer nicht ins System eingezahlt hat, der bekommt weniger oder gar keine Sozialhilfe. Zu diesem Prinzip sollten wir uns bekennen, wenn wir wollen, dass unser Sozialstaat finanzierbar und für Leistungsträger attraktiv bleibt", sagt Kurz zum KURIER. Geht es nach dem ÖVP-Minister, soll die von der Union erlaubte Maximal-Dauer von vier Jahren in jedem Fall ausgeschöpft werden, sprich: Erst nach vier Jahren sollen EU-Ausländer vollen Zugang zu Sozialleistungen erhalten.

Die zweite Maßnahme, die London von der EU zugestanden wurde, ist eine Anpassung der "child benefits" für im Ausland lebende Kinder von EU-Staatsbürgern.

Das bedeutet: EU-Gastarbeiter sollen künftig nur genau jenen Betrag an Familienbeihilfe bekommen, der ihren Kindern auch im Heimatland zusteht.

Kürzung

Für Kurz ist die Valorisierung der Familienbeihilfe ein Gebot der Vernunft und Fairness: "Wir überweisen jedes Jahr mehr als 230 Millionen Euro an Kinderbeihilfe ins EU-Ausland. Ein Gutteil davon könnte gespart werden, würden wir die Beiträge valorisieren."

Den Vorhalt, diese Kürzung sei unfair, lässt er so nicht gelten: "Ein rumänisches Kind, dessen Eltern in Rumänien arbeiten, bekommt 15 Euro Kinderbeihilfe im Monat. Ein Kind, dessen Vater in Österreich arbeitet, bekommt das Zehnfache – was ist daran fair?"

Wie geht es weiter? Am 18. Februar sollen die Regierungschefs die von Tusk vorgeschlagenen Maßnahmen beim EU-Gipfel beschließen.

"Wenn das passiert ist, möchte ich mit der SPÖ rasch über eine Umsetzung verhandeln", sagt Kurz. Er gibt sich optimistisch. "Bei der Valorisierung der Familienbeihilfe hat der frühere Sozialminister bereits im Sommer erklärt, er sei grundsätzlich gesprächsbereit."

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