Wer jetzt bis zu zwölf Stunden arbeiten muss

Neues Modell für den Wohnbau könnte auch neuen Schwung auf dem Arbeitsmarkt bringen.
Was ändert sich für wen im Vergleich zur jetzigen Situation, wenn die Reform kommt?

Die neue Regierung will die Möglichkeit, den Zwölf-Stunden-Arbeitstag generell zu erlauben, rasch umsetzen. Das Thema ist ein Dauerbrenner der Sozialpartner, weil die Wirtschaft dringend mehr Flexibilität fordert, die Arbeitnehmervertreter jedoch befürchten, dass viele Beschäftigte zu Mehrarbeit gedrängt würden.

Die Arbeiterkammer hatte kürzlich eine Umfrage unter Arbeitnehmern zu dem Thema veröffentlicht. Das Ergebnis: 83 Prozent befürchten, von der Neuregelung betroffen zu sein; Für 90 Prozent wäre die Änderung "sehr oder eher schwierig". 83 Prozent sagen, es wäre für sie "sehr oder eher schwierig", wenn an mehreren Tagen hintereinander zwölf Stunden lang gearbeitet würde. Und 23 Prozent der Befragten haben bisher noch nie zwölf Stunden lang gearbeitet.

Wer ist betroffen?

Aus Sicht der Wirtschaft ist jedoch Bedarf für die Zwölf-Stunden-Regelung da, und zwar quer durch alle Branchen. "Wir sehen, dass es immer mehr Schwankungen in fast allen Branchen gibt und der Bedarf über zehn Stunden Arbeitszeit hinausgeht", sagt Rolf Gleißner, Arbeitsrechtsexperte der Wirtschaftskammer Österreich. Sei es bei einer Hochzeit in der Gastronomie, ein Installateur der noch einen Ersatzteil besorgen muss, ein Buchhalter vor dem Bilanzstichtag oder generell in der Industrie. Und diese Schwankungen werden immer größer, so Gleißner. Und jene Branchen, die es nicht betreffe, würden die Möglichkeit eben nicht anwenden. Die Idee sei nicht neu, im Öffentlichen Dienst oder in Spitälern gebe es heute schon 13-Stunden-Tage.

"Keine Ausbeutung"

Gleißner glaubt nicht, dass die Regelung überbordend ausgenutzt wird, da die Leute durch längere Arbeitszeiten weniger produktiv werden und Überstunden ab der neunten, spätestens ab der zehnten Stunde anfallen und das Modell damit für Unternehmen teurer wird. Der Überstundenzuschlag liegt bei mindestens 50 Prozent, durch Kollektivvertragsregelungen können es auch 100 oder 150 Prozent sein.

"60 Stunden sind nur in Spitzenzeiten sinnvoll", sagt Gleißner. Für die Wirtschaft sei die Möglichkeit dennoch wichtig, da es die Wettbewerbsfähigkeit erhöhe und Unternehmen dadurch manche Aufträge überhaupt erst angenommen könnten.

Eine Branche, die zu den beschäftigungsintensivsten des Landes zählt, ist der Handel. Für diese ist der Zwölf-Stunden-Tag nur "bedingt ein Thema", sagt Paul Pöttschacher, Sprecher der Rewe-Group. "Wir merken, dass Mitarbeiter nicht zwölf Stunden die volle Leistungsfähigkeit haben." Sinnvoll sei das nur zu Stoßzeiten, wie in der Weihnachtszeit. Es gebe aber einige Mitarbeiter, die gerne drei Tage am Stück länger arbeiten würden, um sich den Rest der Woche freinehmen zu können.

Kritik von AK & ÖGB

Bei AK-Präsident Kaske schrillen die Alarmglocken, sollte die Arbeitszeit-Ausweitung bei Fehlen eines Betriebsrates zum Gegenstand direkter Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer werden. Und beim ÖGB wird befürchtet, dass nun "dem Lohnraub Tür und Tor geöffnet" werden.

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