Weiter Aufruhr in der ÖVP nach "Kuhhandel" in der Regierung
Ab und an stehen im Kalender von Politikern auch erfreuliche Termine. Mittwochvormittag durfte Reinhold Mitterlehner einen solchen absolvieren. Im Tiergarten Schönbrunn stand die Taufe der Panda-Zwillinge auf dem Programm. Mitterlehner fungierte wie auch der chinesische Botschafter als Pate von "Fu Feng" (Glücklicher Phönix) und "Fu Ban" (Glücklicher Gefährte).
Glückliche Gefährten würde sich Mitterlehner wohl auch in den eigenen Reihen wünschen. Doch in seiner Partei geht es wieder einmal rund. Auslöser sind die jüngsten Beschlüsse im Ministerrat. Der Extra-Hunderter für Pensionisten, der Sozialversicherungsrabatt für Bauern und die Ganztagsschule sorgen für heftige Debatten.
Finanzminister verärgert
Während Finanzminister Hans Jörg Schelling sauer ist, weil die Einmalzahlung von 100 Euro für Pensionisten (für ASVG-Pensionisten sowie für Landwirte und Gewerbetreibende in Pension) das Budget stark belastet, möchte der ÖAAB dass auch Beamte im Ruhestand berücksichtigt werden: "Alle müssen den Hunderter bekommen, auch die Beamten. Sonst trage ich das nicht mit", sagt ÖAAB-Obmann August Wöginger zum KURIER. Es sei ungerecht, wenn etwa ein ehemaliger Angestellter die 100 Euro erhalten würde, "ein Polizist im Ruhestand aber nicht", sagt Wöginger, der den (von der SPÖ geforderten) Pensionisten-Hunderter grundsätzlich nur für "die zweitbeste Lösung hält". Er hätte eine prozentuelle Erhöhung bevorzugt. Auch Schelling plädierte dafür, niedrige Pensionen um 1,2 Prozent (statt 0,8) zu erhöhen, höhere um 0,8 Prozent. Auch ÖVP-Vizeklubchef und Bauernbund-Präsident Jakob Auer meint, das wäre gerechter gewesen: "Ich frage mich, warum ein Sektionschef einen Pensionshunderter bekommen muss. Da wäre mir lieber, Menschen mit kleinen Pensionen bekommen 150 Euro." Mitterlehner entgegnet, langfristig sei eine prozentuelle Erhöhung teurer als eine Einmalzahlung.
Schelling dürfte vor allem aber auch erzürnt sein, weil Mitterlehner der SPÖ seinen Sanktus zum Hunderter gab, ohne den Finanzminister am Ende einzubinden. Den Ressortchef ärgert auch, dass 750 Millionen Euro in den Ausbau der Ganztagsschulen investiert werden und niemand darüber diskutieren will, wie die Folgekosten (Personal) finanziert werden.
Bauernvertreter unzufrieden
Verärgert sind auch Bauernvertreter, weil nicht alle Landwirte in den Genuss des Sozialversicherungsrabatts (Zahlung für das 4. Quartal 2016 wird erlassen) kommen sollen. Das lasten sie primär Agrarminister Andrä Rupprechter an, weil er das akzeptiert hat. Ab einem bestimmten Einheitswert (13.200, wenn eine Person den Betrieb führt; 54.900 bei Paaren) soll es keinen Rabatt geben. Auer findet das "ungerecht", weil teils kleinere Nebenerwerbsbauern nicht entlastet würden. Rupprechter sagt, er sei auch nicht 100 Prozent zufrieden, habe die Regelung aber "im Sinne eines Gesamt-Kompromisses mitgetragen". So sieht das auch Mitterlehner.
Klientel-Befriedigung
Ex-ÖVP-Mann und Gastronom Sepp Schellhorn, der zu den Neos übergelaufen ist, kann an dem Gesamt-Kompromiss nichts Gutes erkennen: "Das ist ein Kuhhandel auf Kosten der Steuerzahler, um die eigene Klientel – die Bauern und die Pensionisten – befriedigen zu können." Im Tourismus gebe es auch Einbußen, trotzdem würde die Branche nicht entlastet. Schellhorn fragt sich: "Wie will diese Regierung jemals ihr Ausgabenproblem in den Griff bekommen?"
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