Was wurde eigentlich aus... Faymann, Mitterlehner und Co.?
Sie haben jahrelang die Politszene beherrscht. Dann wurden sie abgewählt, gingen im Streit, aus gesundheitlichen Gründen oder weil ihnen nach einem Skandal keine andere Wahl blieb.
Seine Erfahrung als Bundeskanzler, Infrastrukturminister und Wiener Wohnbaustadtrat nutzt Werner Faymann seit seinem Ausscheiden aus der Politik, um Unternehmen im Bereich Immobilien zu beraten. Mit seinem früheren Pressesprecher Matthias Euler-Rolle gründete Faymann dazu die „4Pro Projektmanagement- und KommunikationsgmbH“.
Darüber hinaus ist „4Pro“ an Immobilienentwicklungsunternehmen und einem Reisebüro beteiligt, das Touristen vor allem aus den USA und China nach Österreich bringen soll. Mit 1. September 2016 wurde Faymann zudem vom damaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zum Sonderbeauftragten für die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit ernannt.
Zwei Jahre nach seinem Rücktritt als ÖVP-Chef veröffentlichte Reinhold Mitterlehner im April 2019 das Buch „Haltung: Flagge zeigen in Leben und Politik“ – eine harte Abrechnung mit seinem Nachfolger und seiner Partei. Darin beschreibt er, wie Sebastian Kurz seinen Sturz von der Parteispitze betrieben haben soll. Von Mobbing und Intrigen ist die Rede. Seit seinem Ausscheiden aus der Politik im Mai 2017 ist Mitterlehner aber nicht nur als Autor tätig.
Er hat ein Beratungsunternehmen gegründet, wurde Aufsichtsratspräsident der Oberösterreichischen Versicherung und Präsident der Österreichischen Forschungsgemeinschaft. Er war auch als Präsident der Nationalbank im Gespräch gewesen. Daraus wurde aber nichts.
Es war eine steile Politkarriere, die am 18. Mai 2018, einen Tag nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos, ihr abruptes Ende fand. Zumindest vorläufig. Denn mit seinem Rücktritt von allen Ämtern ist es nicht völlig still geworden um Ex-FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Auf Facebook ist er jedenfalls wieder höchst aktiv. Zwar hat er das Vorzugsstimmenmandat, das er bei der EU-Wahl errungen hat, nicht angenommen. Ein politisches Comeback ist aber nicht auszuschließen.
Bis dahin widmet sich Strache ganz der Aufklärung der Ibiza-Affäre, wie er sagt. Darüber hinaus unterstützt er seine Frau bei ihrer Kandidatur für den Nationalrat. Dass er einen Beratervertrag mit der FPÖ hat, wird dementiert.
Es war eine absurde Situation: Mit der Wahl von Alexander Van der Bellen hatten die Grünen das höchste Amt im Staat errungen. Doch anstatt davon zu profitieren, brachen in der Partei massive Turbulenzen aus: Die Parteijugend probte den Aufstand. Bemerkenswerterweise war es dann aber eine Abspaltung der Alten um Peter Pilz, die dazu führte, dass die Grünen 2017 aus dem Parlament flogen.
Fünf Monate zuvor, im Mai 2017, war Eva Glawischnig als Parteichefin zurückgetreten und aus der Politik ausgestiegen – offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Im März 2018 heuerte sie als „Nachhaltigkeitsmanagerin“ beim Glücksspielkonzern Novomatic an – und löste damit bei ihren Parteifreunden Empörung aus, hatten sich die Grünen doch stets gegen Glücksspiel und speziell Novomatic positioniert. In der Folge trat sie aus der Partei aus. Seit Juni 2018 ist Glawischnig auch Aufsichtsratsmitglied der deutschen Novomatic-Tochter Löwen Entertainment.
Spätestens mit seiner Rolle bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise 2015 hatte sich ÖBB-Chef Christian Kern in den Augen vieler Sozialdemokraten für höhere Weihen qualifiziert. Als Werner Faymann unter massivem parteiinternen Druck zurücktrat, übernahm Kern im Mai 2016 den SPÖ-Vorsitz und damit auch die Kanzlerschaft. Letzteres für 580 Tage. Mit der Nationalratswahl 2017 wurde die SPÖ auf die Oppositionsbank verbannt – und dort behagte es Kern überhaupt nicht.
Im Herbst 2018 erklärte er, er werde als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl antreten und dann die Parteiführung abgeben. Dieses eigenmächtige Vorgehen missfiel vielen Genossen derart, dass Kern im Oktober 2018 aus der Politik zurücktrat. In der Folge stieg er in das Technologieunternehmen Blue Minds Group seiner Frau ein. Im Juli 2019 wurde Kern schließlich in den Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RZD berufen.
Zur Nationalratswahl 2013 trat Michael Spindelegger mit dem erklärten Ziel an, Bundeskanzler zu werden. Daraus wurde nichts. In der Folge stieg der innerparteiliche Druck. Im August 2014 trat Spindelegger schließlich von allen Ämtern zurück. Auslöser war ein Streit um die Steuerreform. 2015 gründete er das Beratungsunternehmen Spindelegger Consulting GmbH. Im selben Jahr wurde er Direktor der vom ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch finanzierten „Agentur zur Modernisierung der Ukraine“.
2016 wurde er für fünf Jahre zum Generalsekretär des ICMPD (International Centre for Migration Policy Development) bestellt, einer Expertenorganisation, die Regierungen in Migrationsfragen berät.
Sechs Jahre lang widmete er sich voll und ganz der Gründung und dem Aufbau seiner Partei. Mit Erfolg. Als Matthias Strolz am 7. Mai 2018 überraschend seinen Rückzug aus der Politik verkündete, hatte er die Neos in den Nationalrat, ins Europaparlament und in fünf Landtage geführt. Dann wollte er wieder „Pilot meines Lebens“ sein. Doch auch sein Rückzug war wohldurchdacht: Im Juni übergab er die Parteiführung an Beate Meinl-Reisinger, im September verließ er den Nationalrat.
Seit November berät er als „Portfolio-Entrepreneur“ Unternehmen und NGOs. Seit Mai hat der 46-jährige Vorarlberger mit „Strolz trifft ...“ zudem eine eigene TV-Sendung auf Puls4. Zuletzt stieg er bei der Geschichten-Plattform story.one ein.
„Nicht unfroh“ war Wolfgang Brandstetter, als seine Politikerkarriere 2017 nach vier Jahren endete. So konnte er noch einmal in seinen angestammten Beruf als Professor für Wirtschaftsstrafrecht an die WU Wien zurückkehren. Gerade der Kontakt mit den Studenten sei ihm sehr wichtig, sagt er. 2013 kam er auf einem ÖVP-Ticket als parteiloser Justizminister in die Regierung. Im Mai 2017 wurde er sogar für ein halbes Jahr Vizekanzler.
Neben seiner Lehrtätigkeit ist er seit 2018 auch Richter am Verfassungsgerichtshof. Bis zum Frühjahr 2019 beriet er zudem die EU-Kommission in Justizfragen. „Viel Freude“ macht ihm sein Ehrenamt als Präsident des Österreichischen Filmarchivs, das er seit 2018 bekleidet.
Als Eva Glawischnig fünf Monate vor der Nationalratswahl 2017 hinschmiss, sprang EU-Mandatarin Ulrike Lunacek ein und ging als Spitzenkandidatin für die Grünen ins Rennen. Doch auch sie konnte nicht verhindern, dass die Grünen nach 31 Jahren aus dem Nationalrat flogen. Sie zog die Konsequenzen und trat von allen politischen Ämtern zurück -– bis dahin war sie Vizepräsidentin des EU-Parlaments. Seither ist sie freiberuflich tätig, hält Vorträge und hat ein Buch zum Kosovo veröffentlicht.
Aktuell arbeitet sie an einer Berufs- und Familienbiografie ihrer Eltern: ihres Vaters, des 2013 verstorbenen Raiffeisen-Managers Heinrich Lunacek, und seiner Frau Elisabeth (2018 verstorben). Außerdem ist sie OSZE-Wahlbeobachterin.
Das Ende der Ära Faymann bedeutete auch für Gerald Klug das Aus in der Spitzenpolitik. 2013 als Verteidigungsminister in sein Kabinett gekommen, wurde Klug im Jänner 2016 Verkehrsminister. Allerdings nur für 113 Tage: Mit der Ablöse Werner Faymanns musste auch Klug seinen Platz räumen. Er ging in den Nationalrat, hatte jedoch bei der Wahl im Herbst 2017 keine Chance auf ein Mandat.
Nun sollte sich die Zeit als Verkehrsminister bezahlt machen: Seit Dezember 2017 ist Klug Manager bei der Graz-Köflacher Bahn und für den Bereich Infrastruktur & Projekte zuständig. Eine doppelte Heimkehr für den Weststeirer, hatte er doch vor seinem Jusstudium Dreher bei einer Waggonfabrik gelernt.
Möbel, Wein und Gesundheitspolitik – was Hans Jörg Schelling vor seiner Zeit als Finanzminister (2014–’17) beschäftigte, damit hat er auch nach seinem Ausscheiden aus der Politik wieder zu tun. Waren es vorher XXXLutz und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger, sind es jetzt der digitale Möbelentwickler Roomle, an dem er Anteile hält, und das Gesundheitsforum Praevenire, in dessen Vorstand er sitzt. Auch um sein Weingut kümmert er sich wieder.
Darüber hinaus ist Schelling Berater, etwa beim Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Er war auch im Gespräch für den OMV-Aufsichtsrat. Für Regierungsmitglieder gilt bei (teil-)staatlichen Unternehmen jedoch eine Abkühlphase von zwei Jahren. Die endet am 17. Dezember 2019.
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