„Was wir im Ibiza-Video gesehen haben, wäre weiter möglich“
Faire Bedingungen für alle politischen Parteien bei der Finanzierung und Verhinderung der Einflussnahme durch Großspenden auf politische Parteien – dafür soll die von SPÖ, FPÖ und Jetzt paktierte und am Montag im Verfassungsausschuss beschlossene Reform der Parteienfinanzierung sorgen, wie es in der Begründung heißt.
Nur: Außer SPÖ, FPÖ und Jetzt sieht diesen Zweck niemand erfüllt.
Von einer „Scheinreform im eigenen Interesse“ spricht etwa Transparenzexperte Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit. Denn: „Was wir im Ibiza-Video gesehen haben, wäre auch nach dieser Reform eins zu eins möglich: Nämlich, dass Parteien am Rechnungshof vorbei über Vereine Geld in den Wahlkampf schleusen.“ SPÖ und FPÖ hätten hauptsächlich jene Punkte geregelt, die ihren eigenen Geldquellen nicht weh tun, meint Huter.
Mangelnde Kontrolle
Huter ortet, wie auch der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger, mehrere problematische Punkte in dem Reformpapier. Allen voran, dass der Rechnungshof (RH) auch weiterhin nicht von sich aus umfassend die Parteibücher prüfen darf, sondern lediglich die von den Parteien übermittelten Rechenschaftsberichte.
Ein Beispiel: Ein parteinaher Verein erhält Spenden, mit denen er Wahlkampfrechnungen bezahlt. Nimmt die Partei das nicht in den Rechenschaftsbericht auf, hat das höchstwahrscheinlich keine Konsequenzen, denn hier laufe das „Kontrollsystem weitgehend ins Leere“, sagt Sickinger.
Ungleichbehandlung
Nächster Kritikpunkt der Experten ist, dass die Spendenobergrenze „klar auf Parteien abzielt, die mehr Spenden bekommen – insbesondere ÖVP und Neos“, sagt Huter. Dazu komme eine Ungleichbehandlung zwischen den ÖVP-Teilorganisationen und SPÖ-nahen Organisationen wie dem Pensionistenverband. Nur aufgrund der „formaljuristischen Zwischenschaltung“ eines Vereins wäre dieser kein Teil der SPÖ – und daher von der Obergrenze nicht umfasst.
Sickinger stellt zusätzlich infrage, wofür es eine Begrenzung der gesamten Spendeneinnahmen einer Partei braucht – insbesondere, weil dadurch auch Kleinspenden begrenzt werden. Das könne „doch nicht sinnvoll sein“.
Positiv bewerten die Experten lediglich die Aufnahme von Personenkomitees in die Wahlkampfkostenobergrenze – kritisieren aber gleichzeitig, dass diese keine Auskünfte über ihre Ein- und Ausgaben geben müssen.
Einig sind sich Sickinger und Huter abschließend darin, dass diese neuen Regeln in erster Linie „weitere Umgehungsversuche fördern“ würden.
Erwartungsgemäß können ÖVP und Neos der Reform nichts abgewinnen. ÖVP-Chef Sebastian Kurz kritisierte, das Gesetz sehe weiter Intransparenz vor, Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach wegen der Spendendeckelung von einer „reinen Verstaatlichung des Systems“. Ohne diese Zuwendungen „würde es Neos nicht geben, würde es keine neuen Parteien geben“.
Enttäuscht ist auch Ex-Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), und zwar vom dreiprozentigen Bonus auf die Klubförderung, wenn eine 40-Prozent-Frauenquote erfüllt wird. Aus Sicht von Bogner-Strauß ist dieser Vorschlag „zahnlos“ und werde mangels Sanktionen keine frauenfördernde Wirkung haben.
Parteiengesetz: Was sich ändert
- Limit pro Person
Künftig dürfen maximal 7.500 Euro pro Person und Kalenderjahr gespendet werden.
- Limit pro Jahr
Jede politische Partei darf künftig maximal 750.000 Euro pro Jahr an Spenden annehmen.
- Personenkomitees
Ihre Ausgaben müssen künftig in die Wahlkampfkostenobergrenze eingerechnet werden.
- Spenden-Veröffentlichung
Jede Spende über 2.500 Euro muss unverzüglich vom Rechnungshof veröffentlicht werden.
- Barspenden-Limit
Anonyme und Geldspenden sind in Zukunft nur mehr bis zu einer Höhe von 500 Euro erlaubt.
- Strafverschärfungen
Wer die Wahlkampfkostenobergrenze überschreitet, dem drohen künftig höhere Strafen – von 15 bis 150 Prozent des Überziehungsbetrages.
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