Was der Staat preisgeben muss - und was nicht

Symbolbild
UNO und EU stärken in den Grundrechtechartas grundsätzlich die Freiheit der Bürger auf Information. Die Praxis ist aber kompliziert.

„Unter Informationsfreiheit versteht man das international anerkannte Recht der Bürger auf Zugang zu Information von staatlichen Stellen. Informationsfreiheit bedeutet, dass Bürger jegliche Informationen – Aufzeichnungen, egal in welcher Form, die bei einer staatlichen Stelle vorhanden sind – erhalten können, solange durch diese Herausgabe kein Schaden im Sinn von eng definierten Ausschlussgründen entsteht“, erklärt der Verein „Forum Informationsfreiheit“, wie die Informationsfreiheit international geregelt wird.   

„Eng definierte Ausschlussgründe“ zur Geheimhaltung seien dann legitim, „wenn eine Veröffentlichung Dritten einen Schaden zufügen würde (z.B. durch Verletzung der Privatsphäre), eine Gefahr für die nationale Sicherheit entstehen, oder ein behördliches oder gerichtliches Verfahren untergraben werden würde – und wenn es kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der Information gibt“.

 

Österreich sei bei diesem Thema seit langem säumig, erklärt das „Forum Informationsfreiheit“, obwohl sich das Recht auf Information etwa aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Artikel 19) der Vereinten Nationen, welchen Österreich ratifiziert hat, ableiten lasse.

In diesem Artikel 19 der „ Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ heißt es: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“

Mehr noch, auch die Grundrechtecharte der Europäischen Union – die natürlich auch für das EU-Mitglied Österreich gilt, regelt in Artikel 11 („Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit“): „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“

Noch ausführlicher ist der Artikel 10 („Freiheit der Meinungsäußerung“) der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Österreich im Verfassungsrang steht:

 (1) Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.

(2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.

 

Dennoch schwache Regelung in Österreich

Die Republik wird immer wieder vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verweigerung von Behörden, Auskunft zu gewähren, verurteilt.

Grundsätzlich, heißt es von Seiten des Forums Informationsfreiheit, gibt es eine gesetzliche Verpflichtung, Auskunft zu erteilen. Doch steht dieses Verfassungsgesetz dem ebenfalls im Verfassungsrang stehenden Amtsgeheimnis entgegen.

Konkret heißt es im Artikel 20, Absatz 3: „Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.“

Aktivisten wollen Abschaffung des Amtsgeheimnisses

Und genau hier versuchen die Kollegen des Forums Informationsfreiheit einzuhaken, sie fordern eine Abschaffung des „Amtsgeheimnisses“. Eine Verfassungsänderung sowie ein Informationsfreiheitsgesetz werden seit Jahren im Parlament diskutiert – bisher ohne Ergebnis.

„Die Informationsfreiheit in Österreich ist generell sehr eingeschränkt, wir als NGO mussten mehrere Verfahren anstrengen und haben erst durch Höchstgerichtsurteile erwirken können, dass staatliche Stellen und Institutionen überhaupt Auskunft erteilen. Was aber durch die neuen Entwicklungen passiert, ist, dass die Informationsfreiheit noch mehr eingeschränkt werden soll. Das geht gar nicht“, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Vereins „Forum Informationsfreiheit“ zum KURIER.

In dieser Legislaturperiode wird, obwohl sowohl die Chefs von ÖVP und FPÖ das eigentlich zugesagt haben, nicht einmal mehr darüber diskutiert“, sagt Huter.

Anlässlich des Internationalen Tags der Informationsfreiheit – dem „International Right to Know Day”, der von Transparenz-Aktivisten und der UNESCO an diesem Freitag, dem 28. September 2018, gefeiert wird – verleiht der Verein dieses Jahr wieder den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens”.

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