Warum die SPÖ an der Neutralität festhält

Es ist schwierig, ja vielleicht sogar aussichtslos. Aber Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz will wieder mehr mit Wladimir Putin reden. Weil „das Kriegsgeschehen zu einem Stellungskrieg zu werden droht“, wie am Montag sein Sprecher erklärte.
Die Position der deutschen Sozialdemokraten entspricht damit ziemlich genau dem, was Scholz’ Parteifreundin Pamela Rendi-Wagner sagt. Erst am Freitag erklärte die SPÖ-Chefin, „Waffen und Sanktionen reichen nicht, um diesen Krieg zu beenden“. Man müsse mit mehr Intensität und Anstrengung an diplomatischen Lösungen arbeiten, um „aus diesem Krieg herauszukommen“.
Heute, Dienstag, ist Rendi-Wagner zu Gast in Berlin. Und bei ihrem Besuch im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale der SPD, will Rendi-Wagner mit dem deutschen Regierungs- und SPD-Chef genau über diese Themen sprechen – den Krieg in der Ukraine und Energiesicherheit in Europa.
Spannend ist: An der sicherheitspolitischen Ausrichtung der SPÖ haben die jüngsten Entscheidungen von Finnland und Schweden nichts geändert.
Sowohl Schweden als auch Finnland wollen unter der Führung sozialdemokratischer Regierungschefinnen in die NATO eintreten.
Auf Nachfrage heißt es in Rendi-Wagners Büro, dass die von Finnland und Schweden geplante Aufgabe von Neutralität und Allianzfreiheit vor allem durch die geostrategisch sensible Lage der Länder zu erklären sei. Allein Finnland habe eine 1.300 Kilometer lange Außengrenze mit Russland. Insofern sei die sicherheitspolitische Ausrichtung der Finnen nicht ganz mit Österreich zu vergleichen.
Kein Rütteln
Keinen Gesprächsbedarf sieht die SPÖ bei der Neutralität. „An ihr soll aus unserer Sicht nicht gerüttelt werden“, sagt Rendi-Wagners Sprecher zum KURIER.
Die Position der österreichischen Sozialdemokratie sei wie folgt: Die Neutralität sei ernst zu nehmen. Das heiße, dass man das Bundesheer ernst nehme; und das heiße, dass man die Armee mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten habe. Konkret fordert die SPÖ, dass ein Prozent des Brutto-Inlandsproduktes investiert wird, um die Armee so aufzustellen, dass sie die Aufgabe der Landesverteidigung ernsthaft wahrnehmen kann.
Den vielfach geäußerten Vorhalt, Österreich sei in sicherheitspolitischen Belangen ein Trittbrettfahrer, weil man weder der NATO beitritt noch für ein ausreichendes Wehrbudget sorgt, lässt die SPÖ insofern nicht gelten,
als Österreich international einen „hohen Beitrag“ bei friedenssichernden Missionen der UNO, der EU und insbesondere am Westbalkan leiste.
Die Neutralität isoliere Österreich nicht, im Gegenteil: Österreich sei ein aktiver Teil der internationalen Friedenspolitik. „Ohne Österreich gäbe es die Friedensmissionen in Bosnien möglicherweise gar nicht mehr.“
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