Wahlzuckerl: Finanzminister warnt vor 100 Millionen Euro an Kosten

Finanzminister Eduard Müller, Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Karenz, Pflegegeld & Co: Erster Aufschrei von Minister und Wirtschaft wegen kostspieliger Sozial-Beschlüsse.

Im Parlament ist es am Mittwoch und Donnerstag rund gegangen. Manch Abgeordneter hat ob des ungewohnten „freien Spiels der Kräfte“ den Überblick verloren, welche Initiativen da alle auf Schiene gebracht wurden. Mal mit der Mehrheit von Rot-Blau, mal mit Hilfe der Stimmen von Türkis-Blau.

Jetzt, wo sich die Fachleute einen Überblick verschafft haben, wird klar: die „lebendige Demokratie“ kann auch ganz schön ins Geld gehen.

So warnt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch der neue Finanzminister Eduard Müller vor den möglichen Folgen der Parlamentsanträge, sollten sie im Juli tatsächlich beschlossen werden.

Müller erwartet jetzt schon um die 100 Millionen Euro an Folgekosten. „Die ersten Zahlen „stimmen mich natürlich nachdenklich“, sagte Müller beim EU-Finanzministerrat in Luxemburg.

- Karenz: 400 Millionen

Deutlich kräftiger als der Staat könnten die Betriebe dran kommen, weil die SPÖ die rückwirkende und volle Anrechnung von Kinderkarenzzeiten (24 statt zehn Monaten) will. FPÖ, Neos und Liste Jetzt gingen beim SPÖ-Fristsetzungsantrag mit – die ÖVP lehnte ab.

Für Frauen wäre das toll: In allen Fällen, in denen die Dauer der Karenz eine Rolle spielt (Gehalts-Vorrückungen, 6. Urlaubswoche etc.) könnten sie vom Arbeitgeber die volle Anrechnung verlangen, wenn das noch nicht ausreichend geschehen ist. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf schäumt. Er spricht von einem „schweren Foul des Sozialpartners“ und erwartet Kosten von 400 Millionen Euro für die Betriebe. Kopf zu dem Wahlzuckerl: „Das wird das Teuerste.“

SPÖ-Sozialsprecher und Gewerkschafter Josef Muchitsch kontert, die Wirtschaft habe mit den Fouls wie dem 12-Stundentag und der Kassenreform begonnen. Aber Muchitsch ist nicht sicher, ob die rückwirkende Anrechnung der Karenzzeiten wirklich durchgeht (was die Kosten in die Höhe treibt). Am 27. Juni tagt der Sozialausschuss, im Juli stimmt das Plenum ab.

- Pflege: 50 Millionen

Vergleichsweise günstig ist dagegen die Anpassung des Pflegegeldes an die Inflation mit 50 Millionen Euro. Eingebracht hat diesen Antrag die Liste Jetzt, bis auf die ÖVP sind alle Fraktionen dafür. Hauptargument der Befürworter: Das Pflegegeld wurde seit seiner Einführung 1993 noch nie valorisiert.

- Papa-Monat: 30 Millionen

Für die Wirtschaft gibt es zwei weitere Reizthemen: Den Papa-Monat und die Neuerungen für freiwillige Helfer.

Der Papa-Monat ist für Kopf ein „populistischer Schnellschuss“, die Freiwilligen-Regelung „unausgegoren und unnötig“. Er sagt: „Die Praxis und das Ehrenamt funktionieren gut, es besteht kein Bedarf, das Thema Katastropheneinsätze durch Arbeitsrecht in die Betriebssphäre hineinzutragen.“

Der Papa-Monat kostet 30 Millionen (z.B. für Ersatzkräfte), sagt die Kammer. Die Freiwilligen-Gehälter werden aus dem Katastrophenfonds refundiert. Hier ärgert die Kammer die verpflichtende Dienstfreistellung der Helfer.

Kommentare