Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?
"Gruselig", "Wie House of Cards" - Wie unabhängige Marketingexperten die Plakate im laufenden EU-Wahlkampf bewerten

Die Parteien haben im laufenden EU-Wahlkampf unterschiedliche Zugänge bei der Gestaltung ihrer Plakate gewählt. Doch welche Botschaften gehen auf, welche nicht? Der KURIER bat zwei unabhängige Marketingexperten um ihre Einschätzung.

"Plakate brauchen klare, stringente Botschaften, man hat nicht viel Platz", sagt Alois Grill. Er ist seit vielen Jahren in der Branche, gründete 2012 gemeinsam mit seiner Frau die Agentur LOYS, sie leiten sie gemeinsam.

Andreas Putz ist Geschäftsführer Kreation im österreichischen Büro der deutschen Marketingagentur Jung von Matt. "Die Kunst besteht bei Plakaten darin, zu verkürzen, ohne dass Inhalt verloren geht", sagt er. Während ÖVP und Neos beide Experten überzeugen, sind sie sich bei den Grünen uneinig.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Alois Grill über die ÖVP-Plakate:

Die Sujets sind handwerklich gut gemacht. Die Kampagne hat eine klare Botschaft, „Europa braucht Profis“ – und Karas ist ein Profi. So vermitteln es zumindest die Plakate. Seine langjährige Erfahrung wurde als Stärke ausgemacht und wird gut verkauft. Nur das Bild, auf dem er von hinten zu sehen ist, finde ich ziemlich schlecht und unvorteilhaft fotografiert.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Andreas Putz über die ÖVP-Plakate:

Mich erinnert das Plakat, auf dem Karas in die Landschaft blickt, stark an unsere Kampagne für Alexander Van der Bellen im Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016. Die Farbe Gelb soll Karas von der ÖVP abheben, er soll über die Parteigrenzen hinaus Wähler erreichen. Das Bekenntnis zu Europa ist klar ersichtlich, Karas’ Erfahrung außerdem gut herausgearbeitet.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Alois Grill über die SPÖ-Plakate:

Die Plakate vermitteln für mich keine klare Botschaft, sind in sich widersprüchlich – die SPÖ schickt die Beobachter auf eine Rätselrallye. Das Sujet mit Schieder und dem kleinen Jungen wirkt auf mich gestellt und unauthentisch, wie Werbung aus den 70er Jahren. Schieder ist kein schlechter Typ, aber eine etwas natürlichere Inszenierung hätte ihm gut getan.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Andreas Putz über die SPÖ-Plakate:

Die Plakatserien unterteilen sich in eine Frage- und eine Antwortphase. Dabei setzt die SPÖ auf eine moderat realistische Darstellung, es gibt keine Photoshop-Orgien. Die einzelnen Botschaften sind allerdings nicht gut herausgearbeitet. Die SPÖ setzt auf komplexe Themen, die mit einem Slogan auf einem Plakat nicht gut genug ausgearbeitet werden können.

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Alois Grill über die FPÖ-Plakate:

Für mich kommen die Slogans der FPÖ ungewohnt holprig und kompliziert daher, der Reim geht überhaupt nicht auf. Von der Bildsprache her sind die Plakate aber gut gemacht, ihre Schlagworte – Österreich, Heimat, Schutz, Liebe –sind alle untergebracht. Daher gehe ich davon aus, dass das bei ihren Wählen funktionieren wird. Aber es gibt Verbesserungspotenzial.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Andreas Putz über die FPÖ-Plakate:

Die Pose erinnert mich stark an Frank Underwood, den Protagonisten der Serie House of Cards. Ich weiß nicht ob das so gewollt ist,  auf jeden Fallist es  eine Pose, die Macht ausdrückt. Vilimsky und Strache stehen symbolisch beschützend vor Österreich. Der Reim geht diesmal aber gar nicht auf, weil auf das Dancing-Stars-Vokabular „voten“ zurückgegriffen wird.

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Alois Grill über die Neos-Plakate:

Die Neos bieten bei ihren Plakaten ein frisches Design und einen guten Fotostil. Gamon wirkt sehr sympathisch, jung, modern. Aber die Kampagne ist etwas zu verspielt, Gamon ist nicht sehr bekannt, dafür sind die Fotos aber zu unterschiedlich. Sie hat auf jedem Bild eine andere Frisur, ist jedesmal anders dargestellt. Gerade am Anfang sollte man aber auf Kontinuität setzen.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Andreas Putz über die Neos-Plakate:

Hier wird stark auf die Person Claudia Gamon gesetzt, ihre Jugend und Dynamik steht im Vordergrund. Das funktioniert auch gut, allerdings setzen auch die Neos auf zu viele komplizierte Botschaften, die sich nicht so einfach in kurzen Slogans erklären lassen. Die Bildsprache ist super, die Wahlsprüche gehen aber meiner Meinung nach nicht ganz auf.

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Alois Grill über die Grünen-Plakate:

Ich finde die Grünen-Plakate ehrlich gesagt gruselig. Der grüne Farbton wirkt unvorteilhaft, dabei sind das eigentlich beides gute Persönlichkeiten. Ich frage mich, warum man sie nicht ins Zentrum der Kampagne stellt. Die anderen Sujets zeigen außerdem nur negative Bilder von Industrie, Panzern, oder Pestiziden. Das kommt unsympathisch und schwer daher.

Wahlplakate im Experten-Test: Welche sind am besten?

Andreas Putz über die Grünen-Plakate:

Die Grünen bilden die unterschiedlichsten Motive ab, trotzdem sind die Plakate einheitlich gestaltet. Durch das grüne Farbschema verstecken sie ihre beiden Spitzenkandidaten. Das zeigt, dass für sie die Themen im Vordergrund stehen, der Fokus bei der Kampagne also auf den Inhalten liegt. Die Botschaft „zurück zu den Grünen“ finde ich außerdem sehr gelungen.

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