Wahlkampffinale in Graz: Schützenhilfe von Kern
Die letzten Meter im Grazer Gemeinderatswahlkampf haben der vom Pech verfolgten Grazer SPÖ doch noch eine kleine Glückssträhne beschert: Im Finale tauchte am Samstag Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern in der steirischen Landeshauptstadt auf, um mit Spitzenkandidat Michael Ehmann einen Selfie-Marathon zu absolvieren - und sogar das Wetter spielte letztlich mit.
Die SPÖ, die in Graz derzeit ohnehin keinen guten Stand hat, musste im Wahlkampf zunächst schon eine Absage des steirischen Ministers Jörg Leichtfried wegen der Regierungsverhandlungen im Bund verkraften, bevor auch noch der für vergangenen Donnerstag geplante Auftritt des Kanzlers wegen einer Grippe ins Wasser fiel. Kurzfristig schaffte es der Bundesparteichef dann Samstagmittag doch noch auf den Grazer Hauptplatz vorm Rathaus, wo die Roten im Endspurt noch einmal das mobile "Ehmann-Cafe" und einen Haufen Give-Aways auffahren ließen.
Auf 15,31 Prozent abgestürzt
Spitzenkandidat Ehmann durfte sich denn auch im Trubel um den Kanzler sonnen und sich bei den zahlreichen Selfies dazu stellen. Der 41-Jährige hatte erst vergangenen April die von Flügelkämpfen und Personalproblemen zerrüttete Partei übernommen. Bei der Gemeinderatswahl 2012 war die SPÖ auf 15,31 Prozent abgestürzt. "Ich hoffe, wir schaffen es, uns zu stabilisieren", gibt er denn auch als bescheidenes Ziel aus. Eine Latte zum Rückzug hat er nicht: "Ich bin nicht gekommen, um zu gehen." Dass der Parteichef zum Wahlkämpfen kommt, freute Ehmann als "Zeichen der Wertschätzung".
"Hallo, servus, hi!" - der Star an diesem Wahlkampftag ist dann auch durchwegs eindeutig der Kanzler selbst. "Mein Schwager sagt immer: In Graz sind die feschesten Frauen zuhaus", schmeichelt der Medienprofi einer Damenrunde vor laufenden Kameras. Als letztere verschwunden ist, bleiben Kern und Ehmann bei einem Spaziergang durch die Innenstadt zunächst eher unerkannt. Kern findet allerdings schnell wieder einen Anknüpfungspunkt, als er in der Sporgasse ein Paar mit dem von der SPÖ verteilten Blumentöpfchen "Narcissus Tete a Tete" erblickt. Nach einem Tratsch spaziert er passend dazu schnurstracks in den Unterwäsche-Laden nebenan - aber nur, weil die Damen dort so freundlich gelächelt hätten und er "gute Geschäfte" wünschen wollte, versicherte er bestens gelaunt.
Beim "Frankowitsch", wo die Grazer gerne samstags bei Brötchen und Sprudel gesehen werden, wirbt Kern ebenso für den roten Spitzenkandidaten wie am Wahlkampf-Stand der Grünen in der Herrengasse. Auch mit den NEOS wird gescherzt, den freundlich entgegengenommenen Flyer lässt er dann aber doch schnell wieder in der Manteltasche verschwinden. "Jetzt hab ich gedacht, das ist eine Halluzination", staunt eine Passantin über den Einsatz des Kanzlers, der ihr den verlorenen Handschuh hinterher getragen hat.
Ob es was genutzt hat, wird sich am Sonntag zeigen. Dass er mit seinem Besuch für ein besseres Ergebnis sorgt, wollte Kern nicht unterschreiben: "Da darf man keine falschen Vorstellungen haben." Aber, immerhin: "Meine Grazer Verwandten werden alle den Michi wählen, dafür hab' ich gesorgt."
Er erwarte sich, dass seine SPÖ-Freunde "belohnt werden" für den Wahlkampf, blieb Kern jedenfalls recht unkonkret. "Allerdings ist Graz natürlich ein Projekt, das wir langfristig sehen." Die SPÖ habe viel Potenzial in Graz, aber es herrsche auch eine "Riesenkonkurrenz wie in kaum einer anderen Stadt". Die Genossen hätten jedenfalls einen "sensationellen Wahlkampf" geliefert, findet Kern. Er sei überzeugt davon, dass Ehmann das Potenzial habe, "die Stadt weiterzubringen". Man habe aber auf jeden Fall viel Geduld: "Die Politik ist kein 100-Meter-Lauf, sondern das ist ein Marathon."
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