Wahlkabine.at: Wer dahintersteckt und wie das Tool funktioniert

Wahlkabine.at: Wer dahintersteckt und wie das Tool funktioniert
Die Wahlkabine dient als Entscheidunghilfe zur Wahl. Wie das Ergebnis zustande kommt, welche Parteien Übereinstimmungen haben und wieso Antworten der ÖVP geändert wurden.

Bereits über eine halbe Million Nutzer klickten sich durch den Fragenkatalog, um ihre persönlichen Ansichten mit den Positionen der Parteien zu vergleichen. Dazu müssen Interessierte 26 Fragen zu den Themen Klimaschutz, Arbeitsmarkt, Bildung, Migration, Wirtschaft und Gesundheit beantworten. Träger der Orientierungshilfe ist das Institut für Neue Kulturtechnologien, das gemeinsam mit Politikwissenschaftern und Journalisten die Wahlkabine-Redaktion bildet.

Wie kommen die Fragen zustande?

Die Fragen sollen aktuell und relevant sein, sowie die Breite der Parteienlandschaft abdecken, erklärt Dorian Sauper vom Institut für Neue Kulturtechnologien. „Dazu schauen wir uns die Wahlprogramme an, welche Themen gerade aktuell sind, welche Themen die Menschen beschäftigen und welchen Themen die Parteien ihre Aufmerksamkeit schenken“, erklärt Sauper.

Die anfangs über 100 Fragen werden von der Redaktion auf 40 reduziert. Diese werden dann den Parteien zur Beantwortung geschickt. In einem weiteren Durchgang reduziert die Redaktion die Fragen dann auf etwa 25.

Für die Nationalratswahl müssen Interessierte 26 Fragen mit Ja, Nein oder Keine Angabe beantworten und angeben, für wie wichtig man die Fragen hält. Anschließend kann man seine Antworten mit den Positionen der Parteien vergleichen. Der Vergleich ist dabei fast interessanter, als das eigentliche Ergebnis. Zudem können Parteien Kommentare zu ihren Antworten verfassen. Alle acht Parteien, die Bundesweit bei der Nationalratswahl antreten, sind bei wahlkabine.at vertreten.

Manchmal wirkt es so, als ob Themen fehlen würden?

In diesem Jahr stand das Thema Klima besonders im Fokus, da es auch im Wahlkampf eines der Hauptthemen ist. Zweiter Schwerpunkt sind laut Sauper Fragen die vor allem Jungwähler betreffen, wie Studiengebühren oder eine gemeinsame Schule. Fragen, die alle Parteien gleich beantworten, kommen laut Sauper nicht in den Fragenkatalog, weil sie keine Differenzierung der Parteien zeigen können. „Wir wollen aber auch Themen setzen, die beispielsweise nicht diskutiert werden oder unterrepräsentiert sind“, sagt Sauper und nennt als Beispiele Themen wie Wahlrecht und Schwangerschaftsabbruch.

Alternative zur Wahlkabine

Wie werden die Antworten auf Richtigkeit überprüft?

Bei einer Redaktionssitzung gehe man alle Antworten durch und bespreche, ob die Antworten auch mit den Positionierungen der Parteien übereinstimmen. „Dazu schaut man sich die Parteiprogramme an, das Abstimmungsverhalten im Nationalrat und die politischen Initiativen. Diese sind vor allem für Gewichtungen wichtig“, sagt Sauper.

„Wenn wirklich eine Antwort der Partei geändert werden muss, dann wird darüber abgestimmt. Wenn wir nicht alle hinter der Änderung stehen, dann machen wir sie auch nicht. Aber wenn das ganze Redaktionsteam sagt, wir können belegen, dass man die Antwort der Partei nicht nehmen kann, dann wird die Frage geändert“, sagte Sauper. Das passiere immer wieder - dieses Mal bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.

Warum wurden Antworten der ÖVP geändert?

Die ÖVP hatte Kritik geäußert, dass bei drei Fragen nicht die von der Partei übermittelten Antworten übernommen wurden. Geändert wurden die Antworten der Fragen 11, 16 und 18.

Die Vorgehensweise, dass Antworten überprüft und gegebenfalls auch geändert werden, sei laut Sauper seit 17 Jahren so. „Uns hat es eher gewundert, dass das sowohl für Parteien, Journalisten als auch User neu war. Wir akzeptieren, dass sich die ÖVP da anders darstellen will, als es ist. Aber wir betonen auch, die Wahlkabine ist dafür da, die Positionen der Parteien darzustellen. Wir sind kein PR-Kanal der Parteien. Und das ist glaube ich die große Stärke der Wahlkabine“, sagt Sauper zur Kritik der ÖVP.

Gäbe es Änderungen, würden die Parteien auch vorab darüber verständigt werden. „Was diesmal neu war ist, dass eine Partei mit einer Gegendarstellung an die Öffentlichkeit gegangen ist. Es ist in der Vergangenheit so gewesen, dass die Parteien gesagt haben, es erfreut sie zwar nicht, sie aber gewusst haben, dass es nicht wirklich sinnvoll ist, sich zu widersetzen. Weil wir genügend Material und Argumente haben, die unsere Änderung der Positionierung rechtfertigt“ sagt Sauper.

„Es hat mehrere Telefonate gegeben. Sie haben ihren Standpunkt untermauert, unser Redaktionsteam hat sich das auch angeschaut, ist aber zum Entschluss gekommen, dass das nichts an ihrer Einschätzung ändert.“ Die ÖVP hatte laut Sauper die Möglichkeit, ihren Kommentar zu ändern, dies wollte die Partei jedoch nicht.

Wie funktioniert der Algorithmus?

Die Parteien beantworten die Fragen mit Ja oder Nein und haben die Möglichkeit, Gewichtungen zu setzen: eins (weniger wichtig), zwei (wichtig) oder drei (sehr wichtig). Die User beantworten die Fragen ebenso mit Ja oder Nein, haben aber ein größeres Spektrum an Gewichtungen: von eins bis neun.

Bei jeder Frage wird das Ergebnis des Users mit dem der Partei multipliziert. Pro Frage bekommt man Punkte. Wenn beispielsweise Partei und User sagen „Ja und sehr wichtig“, bekommt diese Partei bei der Frage 27 Punkte. Die Gewichtung neun wird mit drei multipliziert. Die Summe ist dann das jeweilige Ergebnis bei jeder Partei. „Die Gewichtungen kommen dann ins Spiel, wenn Parteien relativ ähnlich sind beim Ergebnis“, sagt Sauper.

Wenn eine Partei nur ein paar Punkte vor einer anderen sei, dann hieße das nicht, dass man die erste Partei eher wählen sollte. Wenn beispielsweise die drei ersten Parteien eine sehr hohe Punktezahl aufweisen und nur 10-20 Punkte Unterschied haben, dann stimme ich quasi mit allen drei Parteien relativ überein.

Welche Parteien stimmen am meisten überein?

Die Antworten der Ex-Koalitionspartner ÖVP und FPÖ decken sich zu 81 Prozent, ergab eine Auswertung der Antworten des Laurenz Ennser-Jedenastik (Institut für Staatswissenschaft). Die Übereinstimmung von ÖVP und SPÖ liegt bei 46 Prozent. Mit den Grünen und der Liste Jetzt ist sich die ÖVP jeweils in nur 19 Prozent einig. Am meisten Übereinstimmung gibt es mit je 92 Prozent bei Liste Wandel und den Grünen, als auch bei Liste Wandel und Liste Jetzt.

Soll ich nun wählen, was ich als Ergebnis bekomme?

Wahlkabine.at will keine Wahlempfehlung abgeben. Das Tool soll als Orientierungshilfe dienen, um zu sehen, mit welchen Parteien man übereinstimmt. Zudem soll Interesse an Politik geweckt werden.

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