Vorerst keine Freigabe für Rot-Blau

Christian Kern und FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache
Laut Niedermühlbichler können Gremien am 14. Juni den Anti-FPÖ-Parteitagsbeschluss nicht aufheben.

In der SPÖ entladen sich gerade heftige Gewitter, und die innerparteilichen Stürme werden wohl bis zum 14. Juni anhalten – wenn nicht länger. Am 14. Juni sind Sitzungen von SPÖ-Präsidium und Vorstand angesetzt. Dort soll die innerparteiliche Streitfrage entschieden werden, ob die SPÖ die Tür zu einer Koalition mit der FPÖ aufmacht oder nicht. Mit der Festlegung am 14. Juni wird auch geklärt, mit welcher Linie die SPÖ in den Nationalratswahlkampf zieht.

Möglichkeit 1 Die SPÖ hält ihr striktes Nein zu Rot-Blau auf Bundesebene aufrecht. Dann könnte sie sich im Wahlkampf als Angebot für all jene Wähler positionieren, die die FPÖ keinesfalls in einer Bundesregierung haben wollen.

Möglichkeit 2 Am 14. Juni wird die sogenannte "Vranitzky-Doktrin" offiziell aufgehoben. Eine Koalition mit der FPÖ wird für "grundsätzlich möglich" erklärt, sofern die FPÖ jenen "Kriterienkatalog" erfüllt, der unter der Federführung von Landeshauptmann Peter Kaiser gerade ausgearbeitet wird.

Soweit die beiden Denkschulen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler ist mit der Vorbereitung der heiklen Parteisitzungen beschäftigt. Aus seiner Sicht ist die Sache bereits klar: Denkschule II geht nicht. Im Gespräch mit dem KURIER verweist Niedermühlbichler auf den gültigen Beschluss des Bundesparteitags, wonach sich die SPÖ ein Koalitionsverbot mit einer "rechtspopulistischen FPÖ" auferlegt hat. "Ein Bundesparteitagsbeschluss kann von Parteivorstand und Parteipräsidium nicht aufgehoben werden, sondern nur durch einen Bundesparteitag. Wir können den Kriterienkatalog am 14. Juni zwar beschließen, aber mit diesem Beschluss der Parteigremien ersetzt der Kriterienkatalog nicht das Koalitionsverbot."

Niedermühlbichler sagt, dass der Zeitplan der SPÖ durch die vorgezogene Nationalratswahl durcheinandergeriet. "Ursprünglich wollten wir im Juni 2018 einen Bundesparteitag abhalten, auf dem wir das geltende Koalitionsverbot mit der FPÖ durch den Kriterienkatalog hätten ersetzen können. Das wäre dann rechtzeitig vor dem regulären Wahltermin im Herbst 2018 über die Bühne gegangen." Nun aber sei die vorgezogene Nationalratswahl dazwischengekommen. Und im anlaufenden Wahlkampf schnell-schnell noch einen Bundesparteitag abzuhalten, um dort die Frage von Rot-Blau auszustreiten – davon hält der Parteimanager wenig.

Wohl zu Recht. Man stelle sich so einen Parteitag vor: Die SPÖ-Delegierten geraten sich auf offener Bühne wegen der FPÖ in die Haare, und bei der Abstimmung über Rot-Blau kommt womöglich ein knappes Ergebnis heraus, das die Zerrissenheit der SPÖ sichtbar in Zahlen gießt. Von Parteitagen mit schauerlichen Abstimmungsergebnissen hat die SPÖ – siehe Wien – für heuer genug.

Trotz des gültigen Koalitionsverbots ist laut Niedermühlbichler der Weg zu Rot-Blau nicht versperrt. Die SPÖ könnte nach der Wahl am 15. Oktober mit der FPÖ Verhandlungen zur Bildung einer Koalition aufnehmen. Allerdings: Vor dem Abschließen der Koalition müsste der geltende Bundesparteitagsbeschluss aufgehoben werden – und das kann durch einen neuen Parteitagsbeschluss erfolgen oder durch eine Abstimmung unter den SPÖ-Mitgliedern. Eine solche Urabstimmung ist die höchste demokratische Instanz.

Genau eine solche Urabstimmung wollen Kanzler Christian Kern und einige Landesvorsitzende am 14. Juni den Gremien vorschlagen. Niedermühlbichler: "Demnach soll der SPÖ-Vorstand den Beschluss fassen, dass wir nach der Wahl im Herbst das Verhandlungsergebnis von Koalitionsgesprächen den Mitgliedern zur Abstimmung vorlegen. Und zwar unabhängig davon, mit welcher Partei diese Koalitionsverhandlungen geführt wurden."

Das heißt: Sollte dieser Beschluss am 14. Juni im Vorstand durchgehen, würden die SPÖ-Mitglieder nicht nur über Rot-Blau, sondern gegebenenfalls auch über eine Fortführung der Großen Koalition abstimmen.

Im ORF sind die Würfel gefallen: Die Wahlkampfberichterstattung wird in gewohnten Bahnen folgen. Es wird – ab Mitte September – fünfzehn Kandidatenkonfrontationen geben. Auch das Team Stronach, das in allen Umfragen chancenlos bei einem Prozent liegt, darf teilnehmen, weil es eine Parlamentspartei ist. Eine Änderung gibt es: Von den fünf Konfrontationen, in die jede Partei geht, darf sich der jeweilige Spitzenkandidat bei einer durch einen Parteikollegen vertreten lassen.

Zusätzlich gibt es die Elefantenrunde, für jeden Spitzenkandidaten eine Pressestunde und zuvor Sommergespräche mit den Parteichefs. Dabei wird man ein letztes Mal Frank Stronach genießen dürfen.

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